Friday 31 July 2009

Zur Verteidigung von Mark Bittman

von Gary L. Francione Blog

Liebe KollegInnen,

im Frühjahr 2009 verkündete der in der New York Times zum Thema Essen schreibende Publizist Mark Bittmann, dass
[e]r.. den ganzen Tag lang vegan (isst). Aber nach etwa 6 Uhr abends ist alles drin.
Und dann, im Juli 2009, gab Bittmann bekannt, dass er, im Training für den New York Marathon, dahingehend beraten worden sei, er brauche mehr tierisches Protein, und so
begann ich, ''konzentriertes Protein'' zu essen, gewöhnlich Tofu, eine Büchse Sardinen, ein Ei auf was immer ich sonst esse, oder etwas gleichermaßen Einfaches, direkt nach Touren von sechs Meilen oder mehr.
Und heute informiert Bittmann uns, dass er noch einen Schritt weiter von Veganismus weg gemacht hat (von dem, was ohnehin kein Veganismus war), indem er, ein ''fast veganes'' Getreidegericht zum Frühstück zubereitend,
Fischsauce [hinzufügte] (nicht vegan, aber ein Teelöffel, und ich schwöre, das gab den Geschmack – obwohl es ohne OK gewesen wäre).
Nun gibt es Tierrechtsleute, die darüber ziemlich außer Fassung sind. Wie kann Bittman behaupten, ein Veganer zu sein, wenn es so aussieht, dass er es zu keiner Tageszeit ist – vor oder nach 6 Uhr abends?

Es tut mir Leid, aber ich muss hier zur Verteidigung Bittmans sprechen.

Warum kann Bittman sich nicht ''Veganer'' nennen? Immerhin gibt es eine Menge nicht-veganer Tierrechtsleute, die das auch tun.

Nehmen Sie Peter Singer, der von vielen als ''Vater der Tierrechtsbewegung'' betrachtet wird.

In seinem IInterview vom Mai 2006 in Mother Jones stellt Singer fest:
[E]s gibt ein klein wenig Spielraum für Schwächen in unser aller Leben. Ich kenne einige Menschen, die zuhause vegan sind, aber wenn sie ausgehen, in ein schickes Restaurant gehen, erlauben sie sich den Luxus, an diesem Abend nicht vegan zu essen. Ich finde daran nichts wirklich Verkehrtes.
Ich esse kein Fleisch; ich bin seit 1971 Vegetarier. Ich bin schrittweise zunehmend vegan geworden. Ich bin weitgehend vegan, aber ich bin ein flexibler Veganer. Ich gehe nicht in einen Supermarkt und kaufe für mich selbst nichtvegane Sachen. Aber wenn ich auf Reisen bin oder Leute zuhause besuche, bin ich es durchaus zufrieden, vegetarisch statt vegan zu essen.
Er bezeichnet es, konsequent vegan zu leben, als ''fanatisch'' und stellt fest:
Wenn ich für mich selbst einkaufe, ist das, was ich kaufe, vegan. Aber wenn ich reise und es schwer ist, an einigen Orten veganes Essen zu bekommen oder was auch immer, bin ich Vegetarier. Ich esse keine Eier, wenn sie nicht aus Freilandhaltung sind, aber ich esse Freilandeier. Ich bestelle kein Gericht mit viel Käse drauf, aber es macht mir nichts aus, wenn sagen wir ein indisches Gemüsecurry mit Ghee gekocht wurde.
Tatsächlich argumentiert Singer, dass es Gelegenheiten gibt, bei denen wir die moralische Pflicht haben, keine Veganer zu sein:
Also wenn Sie mit jemandem in einem Restaurant essen und etwas Veganes bestellen, aber es wird mit etwas geriebenem Käse oder dergleichen serviert, dann machen Veganer manchmal einen Riesenaufstand und schicken es zurück, und das dürfte bedeuten, dass das Essen weggeworfen wird. Und ich denke, wenn Sie in Gesellschaft von Leuten sind, die nicht Veganer oder nicht einmal Vegetarier sind, dann ist es wahrscheinlich falsch, sich so zu verhalten. Es wäre besser, das Gericht zu essen, weil die Leute sonst denken: Oh mein Gott, diese Veganer...
Singer bemerkt:
Es ist ziemlich schwierig, ein Allesesser mit gutem Gewissen zu sein und alle moralischen Probleme zu vermeiden, aber wenn Sie wirklich sorgfältig darauf achteten, nur Tiere zu essen, die ein gutes Leben hatten, dann könnte das eine vertretbare ethische Haltung sein.
Er denkt, dass es moralisch akzeptabel ist,
im Luxus von Freilandeiern, oder möglicherweise sogar Fleisch von Tieren [zu schwelgen], die ein gutes Leben unter artgerechten Bedingungen hatten und die dann human auf dem Hof getötet werden. (The Vegan, August 2006).
Fazit ist, dass Veganismus nur eine Art und Weise, Leiden zu vermindern, ist. Wenn Sie so essen, dass dadurch Leiden vermindert wird, dann brauchen Sie sich über die Inhaltsstoffe oder Zutaten dessen, was Sie essen, wirklich nicht groß Gedanken zu machen. Vegan Outreach stellt fest, dass die Ethik des Essens
kein Selbstzweck (ist). Sie ist kein Dogma, keine Religion, keine Liste verbotener Inhaltsstoffe oder unveränderlicher Gesetze – sie ist nur ein Instrument zur Bekämpfung von Tierquälerei und der Verminderung von Leiden.
Dies spiegelt Singers Ansicht wider, dass es lediglich um Leiden geht. Er erklärt, dass die Leute unterstellen,
dass ich in Animal Liberation gesagt hätte, das Töten von Tieren sei stets falsch, und dies sei irgendwie das Argument dafür, vegetarisch oder vegan zu leben, gewesen. Aber wenn sie in Animal Liberation nachschauen, werden sie dieses Argument nicht finden.
Laut einer nicht geringeren Autorität als Singer persönlich ist Veganismus nicht irgendeine Art Verpflichtung, keine Tierprodukte zu essen oder zu gebrauchen, vegan zu leben ist einfach eine Art und Weise, Leiden zu vermindern, ebenso wie käfig-freie Eier [Eier aus Bodenhaltung], größere Käfige und Boxen.

Wenn Bittman also seinen Konsum an Tierprodukten reduziert und dadurch Leiden vermindert, warum kann er nicht den ''Luxus'', ein paar Tierprodukte zu essen, genießen und es vermeiden, ''fanatisch'' zu sein, wie Singer rät, und sich dabei immer noch Veganer nennen?

Die Antwort ist ziemlich klar: er kann.

Was ist der Unterschied zwischen dem, was Bittman tut, und der Position, die Singer beschreibt als ''vegan zuhause, aber wenn sie in ein schickes Restaurant ausgehen, erlauben sie sich den Luxus, an diesem Abend nicht vegan zu sein.''

Es gibt keinen Unterschied.

Was ist der Unterschied zwischen Bittman und Singer, der käfig-freie Eier, Ghee etc. isst?

Es gibt keinen Unterschied.

Es ist also schlicht nicht vernünftig, Bittman zu kritisieren. Er folgt nur einfach den Fußstapfen derer, die ''Tierrechte'' vertreten.

Lassen Sie mich bitte festhalten, dass ich in keiner Weise die Aufrichtigkeit von Peter Singer, Vegan Outreach etc. in Frage stelle. Ich denke allerdings, dass ihre Ansichten furchtbar verdreht sind und ich widerspreche ihnen auf grundlegender Ebene.

Gary L. Francione
© 2009 Gary L. Francione

ANMERKUNG: Einige Leute haben mir geschrieben und mich gefragt, warum ich Mark Bittman verteidige, weil Fischsauce nicht vegan ist. Ich dachte zuerst, diese Leute machen Witze, aber es mag doch einige wirkliche Verwirrung bestehen.

Lassen Sie mich also klarstellen:Ich sage nicht, es sei OK, dass Mark Bittman Fisch oder irgendein anderes Tierprodukt isst Mir ging es darum dass Peter Singer, den viele Anwälte der Tiere als die Quelle aller Weisheit zur Tierethik ansehen, ein ''flexibler'' Veganer ist, der Tierprodukte isst, der von dem ''Luxus'', Fleisch und Eier zu essen, spricht und erklärt, das Essen von Tierprodukten sei eine statthafte ''Schwäche'' Mir ging es darum, dass wenn wir nicht beanstanden, wenn Singer das sagt, wir nicht anders reagieren sollten, wenn Bittman es sagt. Ich beanstande allerdings, was Singer sagt (und werde dafür als ''spaltend'' gebrandmarkt, weil Widerspruch nicht erlaubt ist). Ich habe hier Ironie gebraucht. Ich bitte um Verzeihung, wenn dies Verwirrung gestiftet hat.

Kreative, gewaltlose Aufklärung über Veganismus — einfach und effektiv

von Gary L. Francione Blog

Liebe KollegInnen,

kürzlich habe ich mehrere Essays (z. B. 1, 2, 3) zu verschiedenen Wegen, in kreativer, gewaltloser Weise über Veganismus aufzuklären, gepostet. Ich bin daran interessiert, für die Bandbreite des Aktivismus Werbung zu machen. Also habe ich eine Notiz auf Facebook gepostet und die Leute gebeten, mir über ihre Bemühungen, kreativ und gewaltlos über Veganismus aufzuklären, zu berichten. An einem Tag erhielt ich Dutzende vorzüglicher Antworten.
Hier sind einige:

* Eine Anzahl von Leuten berichtete über eine Menge Erfolg mit Aufklärungsarbeit auf Facebook oder anderen sozialen Vernetzungswebsites wie auch auf eigenen Websites und durch Blogs und Videos. Kommentar: All diese Medien sind von unschätzbarem Wert. Ich habe in der Vergangenheit über die beachtlichen Leistungen und den erstaunlichen Erfolg des Vegan-Freak-Podcasts und der VF-Foren wie auch über die Bemühungen anderer Aktivisten geschrieben, die das Internet wirksam nutzen. Es gibt jetzt eine Anzahl ausgezeichneter Blogs und Websites, die auf den abolitionistischen Ansatz ausgerichtet sind. Bevor wir das Internet hatten, kontrollierten die großen Tieranwaltschaftsgruppen, die alle Tierschutz machen, die Kommunikation, indem sie entschieden, was in Mitteilungsblättern oder Magazinen erschien oder wer auf Konferenzen interviewt wurde. Es gab keinen praktischen, kostengünstigen Weg für jene, die mit dem Tierschutzansatz nicht übereinstimmten, einander zu finden und miteinander zu kommunizieren. Das Internet hat das geändert. Die großen Organisationen werden zunehmend irrelevant, da sich alternative Gemeinschaften formieren. Darüber hinaus erlauben uns Medien wie Skype und andere Instrumente, mit geringen Kosten audiovisuellen Kontakt zu haben. Letzte Woche hielt ich über Skype eine Vortrag in Dublin, Irland – von meinem Büro zuhause!

* Viele Leute machen, was ich ''Essensaktivismus'' nenne – sie laden Familie, Freunde und Mitglieder der Gemeinde dazu ein, veganes Essen zu probieren, zu dem Zweck, das Gerücht zu zerstreuen, dass veganes Essen langweilig, geschmacklos, reizlos, nicht befriedigend usw. sei. Menschen tun dies in einer Vielzahl von Kontexten: einige veranstalten vegane Partys bei sich zuhause; andere geben Geburtstagspartys in veganen Restaurants oder bestehen darauf, wenn sie mit anderem essen gehen, dass der Treffpunkt ein veganes Restaurant ist; einige bieten auf Tischen vegane Kostproben bei Veranstaltungen der lokalen Gemeinde an oder bringen veganes Essen mit an ihren Arbeitsplatz, um es mit anderen zu teilen. Mehrere Leute erwähnten, dass sie das Essen von verschiedenen Formen von Information begleitet sein lassen (einschließlich unseres Flugblatts und unserer Videos zum abolitionistischen Ansatz), auf dass sie nicht nur den Magen, sondern auch den Kopf (und hoffentlich das Herz) erreichen. Kommentar: ''Essensaktivismus'' ist äußerst wichtig.

Wir leben in einer Welt, in der essen nicht nur etwas ist, das wir tun, um zu leben, essen hat auf mehreren komplexen Ebenen symbolischen Stellenwert. Eine dieser Ebenen betrifft unser Zelebrieren unserer vermeintlichen ''Überlegenheit''. Drei Mal am Tag (oder häufiger) zelebrieren wir unsere Macht und das Konzept von Hierarchie durch das Essen von Tierfleisch und Tierprodukten, von denen wir wissen, dass sie das Ergebnis von Leiden und Tod sind. In einem gewissen Sinn ist Essen für die meisten von uns ein spiritueller Akt einer düsteren Art – es ist das Abendmahl der Gewalt. Wenn es uns gelingt, den Akt des Essens vom Gewaltkonzept zu entkoppeln, können wir die Welt ändern. Essensaktivismus ist wesentlich.

* Ein Aktivist berichtete, dass er mit anderen zusammen daran arbeitet, eine Weltfrieden-Yoga-Konferenz vom 23. bis 25. Oktober auf die Beine zu stellen mit Menschen, die aus der ganzen Welt zusammenkommen, um von Veganismus, Tiersklaverei, Gesundheit, einer friedlichen Welt, Ahimsa und mehr zu hören und darüber zu reden. Kommentar: Obgleich es jede Menge ''Konferenzen für Tiere'' zu besuchen gibt (in der Tat könnte das Besuchen dieser Konferenzen ein Vollzeitjob sein), fördern sehr wenige eine klare und unzweideutige, Gewaltlosigkeit und Veganismus verknüpfende Botschaft.

* Ein Musiker erwähnt Veganismus in den Deckblattnotizen seines in Kürze erscheinenden Albums; ein Künstler bietet eines seiner Werke einem Nichtveganer an, der sich verpflichtet, einen Monat lang vegan zu leben (und mit vegan ist gemeint, dass der Empfänger Tiere weder konsumiert noch als Kleidung oder sonst in irgendeiner Weise gebraucht und keine Zoos etc. besucht); eine Aktivistin berichtete, dass sie zusammen mit ihrem Partner für drei Tage an einem öffentlichen Ort in einem kleinen Käfig saß, Informationsliteratur darüber, warum alle Eier Leiden einschließen, verteilte und die Menschen dazu ermunterte, vegan zu leben. Kommentar: Kunst, einschließlich gewaltlosen, nicht sexistischen Straßentheaters, ist wichtig, weil so viel von unserer Kultur über Kunst vermittelt wird. Die Bedeutung von Künstlern, die ihre vielfältigen Medien nutzen, um die vegane/ abolitionistische Botschaft zu vermitteln, kann nicht überschätzt werden.

* Ein Aktivist berichtete, dass er ein Netzwerk von Leuten entwickelt, welche die gebührenfreie Nummer einer Supermarktkette anrufen und darum ersuchen, dass die Läden Tofu führen. Er sagte, dass wann immer er in einen Laden gehe, er nach veganen Produkten frage, selbst wenn er wisse, dass sie keine haben. Er möchte, dass die Geschäftsinhaber wissen, dass es einen Bedarf gibt, den sie nicht erfüllen. Kommentar: Eine tolle Idee. Wir müssen den Geschäftsinhabern zur Kenntnis bringen, dass sie keine veganen Produkte führen und dass es Nachfrage nach solchen Produkten gibt. Wenn es einen Laden am Ort gibt, der nur vegane Artikel verkauft, sollten wir diesen Laden unterstützen (ebenso wie wir vegane Restaurants unterstützen sollten). Aber viele Menschen haben kein solches Geschäft am Ort, und große Ketten über vegane Nachfrage aufzuklären ist in jedem Fall eine sehr gute Sache.

* Verschiedene Aktivisten berichteten, dass sie lokale, unabhängige vegane/abolitionistische Gruppen gegründet haben, die Infomaterial produzieren und verbreiten, Essensstände betreiben etc. Einige Aktivisten haben keine formale Organisation, aber Infotische und verbreiten anderweitig Literatur über Veganismus. Kommentar: Die ''Bewegung für Tiere'', wie sie gegenwärtig existiert, ist zum größten Teil eine Oligarchie wohlhabender Tierschutzorgaisationen, die Aktivismus auf das Ausstellen eines Schecks – ausgestellt an sie – reduziert haben. Wir brauchen Anwälte der Tiere, die sich selbst zuerst und vor allem als Unterstützung und Aufklärung bietend sehen, so dass jeder führend aktiv werden kann. Wenn wir jemals das Paradigma von Gewalt und Ausbeutung wegbewegen sollen, müssen die Menschen erkennen, dass jeder einzelne Verantwortung übernehmen muss. Lokale, unabhängige Organisationen und unabhängige Aktivisten, die Infotische machen oder anderweitig Literatur oder veganes Essen verteilen, können sehr viel dazu beitragen.

* Eine Aktivistin sagte, dass sie auf ihrem Nummernschild ''VEGANMOM'' [VEGANE MUTTI] stehen hat. Kommentar: Derlei vermag mehr Diskussion anzustoßen, als Sie denken. Jedes Mal, wenn diese Aktivisten Auto fährt, sagen Leute: 'Hey, schau mal das Nummernschild', und in einer guten Zahl von Fällen heben Diskussionen an mit Leuten, die so etwas sagen wie: 'Schau mal das Nummernschild – weißt Du, ich fühle mich immer so komisch, wenn ich Fleisch esse' oder 'Weißt Du, was mit Milchkühen passiert?'

* Eine Reihe von Anwälten der Tiere berichteten, dass sie einfach nur mit jedem – Familie, Freunden, Mitschülern, völlig Fremden, denen sie in einem Laden begegnen – über Veganismus und Tierausbeutung reden, mit jedem, mit dem sie reden können, dass sie sich bemühen, Menschen für die Substanz der Argumente einzunehmen. Kommentar: Dies ist in mehrfacher Hinsicht die schwierigste Form der Anwaltschaft für Tiere. Die meisten von uns fühlen sich ohnehin entfremdet; viele von uns sind schüchtern und die Entfremdung verschlimmert das Unbehagen, mit Fremden zu reden – oder selbst mit Freunden und der Familie, die denken, dass unser Verpflichtung zu ethischem Veganismus absonderlich ist. Aber diese Form von Aktiviamus ist wesentlich, so schwierig sie auch sein mag. Ich möchte, dass Sie drei Dinge bedenken:

Erstens, seien Sie dankbar dafür, sich entfremdet zu fühlen. Schließlich ist die Alternative, sich wohl zu fühlen in einer Welt totalen Irrsinns und erbarmungsloser Gewalt. Bejahen Sie Ihr Gefühl der Entfremdung, es ist ein Anzeichen mentaler und spiritueller Gesundheit. Zweitens, wie unbehaglich immer Sie sich fühlen, denken Sie an das Leiden, das wir Tieren (und wehrlosen Menschen) auferlegen. Wie unwohl auch immer wir uns jederzeit fühlen, es gibt Milliarden von Wesen, die mit uns tauschen würden, wenn sie könnten. Sehen Sie es im richtigen Verhältnis.

Drittens, für jene von Ihnen, die sich bezüglich der stichhaltigen Argumente nicht sicher sind – diese zu liefern war und ist der vorrangige Beweggrund dieser Website. Wir bemühen uns, Sie mit dem Rüstzeug auszustatten, das Sie brauchen, um andere aufzuklären. Wir haben unser Flugblatt zum abolitionistischen Ansatz (verfügbar in 12 Sprachen), wir haben Videopräsentationen, die sich auf wesentliche Fragen konzentrieren wie Die Theorie der Tierrechte und Tierrechte vs. Tierschutz; wir haben eine FAQ-Abteilung [frequently asked questions: häufig gestellte Fragen], wir haben diese Essays (jetzt mehr als 100); all dies ist dazu gedacht, Ihnen zu helfen, das zu lernen, was Sie brauchen, um sich jeder aufkommenden Frage zuzuwenden.

Es gibt eine Art von Aktivismus, die in den Posts auf Facebook nicht erwähnt, mir aber privat berichtet wurde. Jemand schrieb mir und fragte:
Ist das Sorgen für ein einzelnes Tier eine abolitionistische Handlung?
Meine Antwort: Absolut! Die abolitionistische Position ist, dass wir aufhören, domestizierte Tiere in die Welt zu setzen. Aber was ist mit denen, die jetzt existieren? Haben wir keine Verpflichtung ihnen gegenüber angesichts dessen, dass sie wegen unserer Selbstsucht und moralischen Blindheit existieren? Meiner Ansicht nach ist die Antwort klar.

Deshalb unterstütze ich Organisationen wie Peaceful Prairie Sanctuary, Gruppen, die TNR-(''trap, neuter, return'') [einfangen, kastrieren, zurückbringen] machen, wie The Animal Spirit / Homeless Animal Lifeline [Seele der Tiere / Rettungsleine für heimatlose Tiere] und Tierheime, die keine Tiere töten. Deshalb haben wir vier gerettete Hunde, die mit uns leben (und wir hatten zeitweilig bis zu sieben). Alle diese Tiere sind Flüchtlinge in einer Welt, in die sie nicht hineinpassen und in der sie dank uns nicht für sich selber sorgen können. Also, ja, das Sorgen für einzelne Tiere ist nicht nur in Übereinstimmung mit der abolitionistischen Tierrechtsposition, es ist, soweit es nach mir geht, ein integraler Bestandteil davon.

Dies sind, in wenigen Worten, die Antritten, die ich an einem Tag bekommen habe. Bedenken Sie, wie viel getan wird ohne große Organisationen mit einem Millionen-Dollar-Budget, die für die ''Bio-Fleisch/Milch/Eier''-Bewegung verantwortlich sind und die die Öffentlichkeit sich beim fortgesetzten Konsum von Tierprodukten wohler fühlen lassen.

Es wird deutlich, dass es ein in Erscheinung tretendes Netzwerk vegan/abolitionistischer Anwälte der Tiere gibt, die mit wenig anderen Mitteln als ihrem Mitfühlen und ihrer Kreativität die Welt in gewaltloser Weise verändern wollen und dies tun. Wenn ich daran denke, wie viele Menschen schon allein durch die in diesem Essay Erwähnten beeinflusst worden sind, wird mir klar, dass wenn alle ''Tierschutzleute'' mit einer gewaltlosen veganen Stimme sprächen, wir eine höchst dramatische Wirkung auf das Leiden und Sterben von Tieren haben könnten, sowohl kurzfristig als auch in der Herausbildung einer neuen Friedensbewegung, die alle Gewalt zurückweist – einschließlich der Gewalt, die damit beginnt, was wir essen, anziehen und auf unseren Körpern anwenden.

Gary L. Francione
© 2009 Gary L. Francione

Wednesday 29 July 2009

Ein Kommentar zum Aktivismus mit blutigen Bildern

von Gary L. Francione Blog

Liebe KollegInnen,

Anwälte der Tiere diskutieren oft, ob sie in ihren Bemühungen, über Tierausbeutung aufzuklären, Informationsmaterial verwenden sollen, das zeigt, wie Tiere getötet werden. Sollten sie zum Beispiel Schlachthaus-Videos oder andere brutale Szenen zeigen?

Ich bin nicht sicher, dass es hier eine richtige oder falsche Antwort gibt, aber ich möchte Ihnen doch einige Gedenken zur Erwägung anbieten:

Erstens: Manche Menschen wollen blutige Bilder einfach nicht sehen und verlassen Ihren Infotisch oder Vortrag. Damit verlieren Sie eine Gelegenheit zur Interaktion und Aufklärung.

Zweitens: Wir leben in einer Gesellschaft, in der die Menschen daran gewöhnt sind, die ganze Zeit extreme Gewalt und Blut zu sehen – in Filmen, Computerspielen und in den Spätnachrichten. In einem gewissen Sinn sind wir eine Gesellschaft, die taub für schreckliche Gewalt geworden ist. Wir sollten nicht die Wirkung von Videos und anderem Material überschätzen, das wir für schockierend halten.

Drittens: Blutige Bilder tendieren fast immer dazu, den Blick des Betrachters sich auf die Behandlung von Tieren und nicht auf ihre Nutzung richten zu lassen. Das heißt, zeigen Sie jemandem etwas, das die schreckliche Behandlung von Tieren darstellt, und die fast automatische Reaktion ist, dass die Behandlung verbessert werden, und nicht, dass die Nutzung gänzlich eingestellt werden sollte. Die übliche Reaktion ist so etwas wie: ''Ja, das ist fürchterlich, und so etwas sollte nicht vorkommen, aber es könnte doch bestimmt 'humaner' gemacht werden?''

Dies ist genau der Grund, weshalb große Tierschutzorganisationen fast immer mit ''bluttriefendem'' Anschauungsmaterial arbeiten. Ihr Ziel ist es, Unterstützung für eine Veränderung zu bekommen, die, wie sie behaupten, Tierausbeutung ''humaner'' machen wird. Sie zeigen den Horror eines Hühnerschlachthofs, um Unterstützung für das Vergasen von Hühnern zu bekommen; sie zeigen eine konventionelle Legebatterie, um Unterstützung für käfig-freie Eier [Eier aus Bodenhaltung] zu bekommen. Die Botschaft ist klar und ausdrücklich: Lassen Sie uns Ihnen zeigen, wie furchtbar das alles ist, aber mit Ihrer Unterstürzung können wir die ''schlimmsten Missstände'' beseitigen und es besser machen. In der Tat zeigen die verschiedenen Human-Label-Programme, die von diesen Gruppen gefördert oder gesponsert werden, dass die Behandlung von Tieren im Mittelpunkt steht, nicht ihre Nutzung.

Einige Anwälte der Tiere sagen, dass sie diese Videos verwenden, ihnen aber eine Botschaft von der Abschaffung der Tiernutzung folgen zu lassen. Obwohl das besser ist, als nichts folgen zu lassen, ist das Problem natürlich, dass wenn Sie einen Film zeigen oder anderes Material vorführen, das Teil der allgemeinen Tierschutz-Botschaft von Reform und Regulierung ist, es schwierig sein kann, dieser Botschaft entgegenzuwirken, die in solchem Material gewöhnlich deutlich wird. Sie scheinen mit dem Material, das Sie zeigen, zu vertreten, und das ist irreführend.

Viertens: Meiner Ansicht nach ist es unbedingt erforderlich, dass wir die Menschen dazu bewegen, über die grundlegende Ungerechtigkeit der Tiernutzung nachzudenken. Das ist der Grund, warum ich fast jede meiner Präsentationen über Tierethik mit einer Diskussion des von uns allgemein akzeptierten moralischen Prinzips beginne, dass es moralisch falsch ist, Tieren ''unnötiges''Leiden zuzufügen und sie ''unnötigerweise'' zu töten, und dass jedes schlüssige Verständnis des Konzepts von Notwendigkeit das Zufügen von Leiden und Tod aus Gründen des Genusses, zum Vergnügen oder aus Bequemlichkeit ausschließen muss. Ich erkläre dann, inwiefern 99,99% unserer Nutzung von Tieren nur unter Berücksichtigung von Genuss, Vergnügen oder Bequemlichkeit gerechtfertigt werden können. Die meisten Menschen haben sich niemals wirklich den Widersprüchen in der Art und Weise, wie sie über Tiere denken, gestellt. Die meisten haben niemals darüber nachgedacht, dass jene, die Tierprodukte konsumieren, kein Recht haben, moralische Überlegenheit zu reklamieren und zum Beispiel Michael Vick zu kritisieren.

Ich erkläre dann, die fundamentale moralische Frage der Tiernutzung beiseite lassend, dass die Behandlung von Tieren, nicht bedeutend verbessert werden kann, weil Tiere Eigentum sind und wirtschaftliche Erwägungen immer dazu dienen werden, Tierschutzstandards sehr niedrig zu halten. Und Tierschutzreformen können tatsächlich kontraproduktiv sein, weil sie die Öffentlichkeit sich beim Konsum von Tierprodukten wohler fühlen lassen. Die blühende ''Bio-Fleisch''-Bewegung ist ein zwingender Beweis für das Problem.

In dem Maß, in dem ich Videos verwende (und ich tue es selten), verwende ich Material, das sich deutlich gegen Tiernutzung ausspricht. Zum Beispiel hat Peaceful Prairie Sanctuary einiges an ausgezeichnetem Material, welches das Scheitern von Tierschutzreformen herausstellt und klarstellt, dass die Lösung des Problems darin besteht, Tiere überhaupt nicht zu nutzen.

Fünftens: Eines der wirkungsvollsten Videos, die ich je gesehen habe, ist der Clip, in dem zwei Kühe auf den Einlass ins Schlachthaus warten. Es gibt kein Blut in dem Video – nur die sehr klare und machtvolle Botschaft, dass diese Kühe nichtmenschliche Personen sind, und dass keine Laune des Gaumens ihre Nutzung durch uns – wie ''human'' auch immer die Behandlung sein mag – in irgendeiner Weise rechtfertigen kann. Das Video ist drei Minuten lang. Ich kann Ihnen nicht sagen, wie viele Menschen mir schon gesagt haben, dass es zu dem Überwältigendsten gehört, was sie je gesehen haben.

Schießlicht: Ich verstehe, dass es wichtig ist, die Öffentlichkeit über die Realität heutiger Tierausbeutung aufzuklären. Aber es ist ebenfalls wichtig, klarzustellen, dass selbst wenn wir Massentierhaltung vollständig abschaffen könnten und nur noch familienbetriebene Bauernhöfe hätten, die einige Tierschützer als ideal bezeichnen, oder selbst wenn jedes Tierversuchsslabor sich peinlich genau an jedes Gesetz und an jede Bestimmung, die Tierversuche betreffen, hielte, Tiere immer noch gequält und allen möglichen Entbehrungen unterworfen würden. Wenn wir den Standpunkt vertreten, dass Tiernutzung, wie ''human'' immer, moralisch nicht zu rechtfertigen ist, mögen wir die Menschen zunächst aufschrecken, weil sie gewohnt sind, die Tierschutz-Botschaft zu hören. Aber wenn wir bereit sind, Argumente folgen zu lassen, welche die Abschaffung der Tierausbeutung durch Veganismus stützen, kann das Ergebnis im Sinne einer Verhaltensänderung sehr leicht produktiver und bedeutsamer sein.

Die Realität ist, dass wir niemals eine Veränderung sehen werden, bis wir das Paradigma weg von Gewalt hin zu Gewaltlosigkeit, weg von ''humaner'' Behandlung von Tieren hin zur Abschaffung ihrer Nutzung verschieben.

Gary L. Francione
© 2009 Gary L. Francione

Thursday 23 July 2009

Zu Tierversuchen und Gewalt

von Gary L. Francione Blog

Liebe KollegInnen,

In der heutigen Mail Online, der Internetausgabe der Daily Mail, einer britischen Zeitung, gibt es einen faszinierenden Artikel über Tierversuche von Dr. Danny Penman, einem ehemaligen Biochemiker in der Forschung, der heute Wissenschaftsjournalismus für den New Scientist und die Daily Mail macht.

Penman stellt klar, dass er Tierversuche unterstützt:
Wie die meisten Menschen würde ich das Leben zahlloser Labortiere opfern, um meine Verlobte oder andere Mitglieder meiner Familie zu retten.
Lassen wir einmal beiseite, dass die meisten Menschen in einer Situation, in der sie zu wählen gezwungen wären, das Leben zahlloser anderer Menschen opfern würden, um ihnen Nahestehende zu retten (womit die Frage der Tiere am Thema vorbeigeht). Penman führt seine Ausführungen damit fort, Besorgnis darüber zu äußern, dass es im letzten Jahr eine Zunahme der in Labors in Großbritannien verwendeten Tiere von einer halben Million gegeben hat und dass die Zahl der in Großbritannien für Forschungszwecke verwendeten Tiere jetzt bei 3,7 Millionen liegt.

Penman vertritt die Ansicht, dass manche Verwendungen von Tieren notwendig sind, aber er legt dar, dass Tierversuche tatsächlich das Leben von Menschen gefährden können. Er zitiert New Scientist mit dem Bericht, dass die Ergebnisse von Tierversuchen nicht informativer sind, als eine Münze zu werfen, und obwohl er, Penman, nicht so weit gehen würde, stimmt er doch damit überein, dass ''Tierversuche im besten Fall unverlässlich und im schlimmsten Fall tödlich sind.'' Er zitiert verschiedene Beispiele von Medikamenten, die an Tieren getestet waren und, ohne irgendeine widrige Reaktion hervorgerufen zu haben, bei Menschen zu kritischer Erkrankung und zum Tod führten. Er spricht sich für neue Technologien aus, die keine Tiere einschließen und sehr viel verlässlicher sind.

Penmans Kritik an Tierversuchen ist ziemlich bemerkenswert in Anbetracht dessen, dass er Tierversuche unterstützt. Ich kann mich nicht entsinnen, wann ich zum letzten Mal einen solchen Artikel gesehen habe.

Vielleicht ist mangelnde Kritik an Tierversuchen mit einer anderen von Penman gemachten Beobachtung erklärlich:
Warum gibt es so viele Tierversuche, wenn es Alternativen gibt?

Ein Grund ist ironischerweise, dass Gewalt und Einschüchterung durch eine Handvoll Tierrechtsfanatiker die Debatte getrübt hat. Denn wenn Sie heute die Arbeit von Wissenschaftlern in Frage stellen, riskieren Sie, mit Extremisten in einen Topf geworfen zu werden.

Damit sind Wissenschaftler in der Lage, ihre Forschung an Tieren auszuweiten, ohne dass irgendeine Autorität untersucht, ob ihre Tests wahrhaft notwendig sind. Dies scheint mir sowohl ungerecht als auch gegen den Geist akademischer Forschung zu sein.
Penman hat völlig Recht. Wegen einer relativ kleinen Gruppe von Menschen, die Gewalt gegen Tierexperimentatoren befürworten, lädt das Infragestellen oder Debattieren von Tierversuchen selbst im akademischen Kontext dazu ein, über die Ansichten von Tierversuchsgegnern als Teil einer extremistischen oder Gewalt fördernden Agenda hinwegzugehen.

Diese Beobachtung ist nicht nur für Tierversuche, sondern für tierethische Streifragen allgemein gültig. Die Handlungen einer kleinen Zahl von Menschen haben es einer reaktionären Presse, zusammen mit institutionellen Ausbeutern, die lieber keine Diskussion über diese Dinge wünschen, erlaubt, den Eindruck zu erwecken, dass jene, die Tierausbeutung allgemein ablehnen, gewalttätige Misanthropen sind, die tierliches Leben wertschätzen, denen menschliches Leben aber nichts bedeutet.

Wir dürfen nicht zulassen, dass diese Charakterisierung die Oberhand gewinnt.

Wie Sie wissen, lehne ich jegliche Gewalt aus moralischen Gründen ab.(Siehe z.B. Ein Kommentar zur Gewaltrage und Mehr zur Frage von Gewalt und Tierrechten)Ich bejahe das Konzept Ahimsa.

Gewalt gegen institutionelle Tierausbeuter ist nicht nur unmoralisch, sie ist auch zusammenhanglos – sie macht keinen Sinn. Die institutionellen Ausbeuter sind nicht ''der Feind''. Wir sind diejenigen, die Tierprodukte verlangen. Würden wir aufhörten, Tierprodukte zu konsumieren, würden institutionelle Tiernutzer ihr Kapital anderswohin verlagern. Wir sind diejenigen, die fortfahren, an das Märchen zu glauben, dass Tierversuche uns länger und besser leben lassen, und infolgedessen fahren wir fort, sie zu unterstützen, sei es auch nur dadurch, nicht von Politikern zu verlangen, dafür zu sorgen, dass die Alternativen, von denen Penman spricht, angewendet und neue entwickelt werden.

Viele ''Tierschutzleute'' sind nicht einmal vegan und sind bereit, das Quälen von Tieren zu tolerieren, einfach weil sie den Geschmack von Tierprodukten mögen und den Käse, das Eis oder welches Tierprodukt es ist, das sie essen, nicht aufgeben können. Wodurch unterscheiden sich diese Leute von Tierexperimentatoren? Zumindest einige der letzteren denken, dass sie etwas sozial Gutes tun. Wie ich in meinen Schriften habe deutlich werden lassen, stimme ich nicht damit überein, dass der Gebrauch von Tieren empirisch notwendig ist, und gleich Penman und anderen behaupte ich, dass Tierversuche oft eindeutig kontraproduktiv sind. In der Tat argumentiere ich ungleich Penman mit der Aussage, die er New Scientist zuschreibt: die Ergebnisse von Tierversuchen sind ''nicht informativer, als eine Münze zu werfen''. Selbst wenn das nicht der Fall wäre, und selbst wenn Tierversuche in irgendeinem Sinn nützlich wären, könnten sie immer noch nicht moralisch gerechtfertigt werden. Aber Nichtveganer unterstützen Ausbeutung lediglich wegen der Launen des Geschmackssinns. Sie haben keine Entschuldigung.

Ich hoffe natürlich, dass niemand Gewalt gegen alle Nichtveganer befürwortet, zumal dies einen großen Teil dessen, was als ''Bewegung für Tiere'' bezeichnet wird, einschießen würde! Insofern und unabhängig davon, ob Sie meine generelle Ablehnung von Gewalt teilen, macht es, einzelne institutionelle Ausbeuter, ob Tierexperimentatoren oder Landwirte, herauszugreifen, keinen wie auch immer gearteten Sinn.

Ich rufe alle Anwälte der Tiere dazu auf, unzweideutig und ohne Vorbehalt Gewalt zurückzuweisen. Die Tierrechtsbewegung macht nur Sinn als eine Bewegung des Friedens und der Gewaltlosigkeit. Gandhi sagte:
Wir müssen der Wandel werden, den wir in der Welt sehen wollen.
Wenn wir eine Welt sehen wollen, in der es keine Gewalt gegen die Schutzlosesten gibt, müssen wir selbst gewaltlos werden und unsere Ansichten in gewaltloser Weise vorbringen. Gewaltlosigkeit beginnt damit, dass wir selbst vegan leben und andere auf kreative, gewaltlose Arten und Weisen über Veganismus aufklären.

Gary L. Francione
© 2009 Gary L. Francione

''Wahrheit, Liebe und Freiheit''

von Gary L. Francione Blog

Liebe KollegInnen,

Lassen Sie mich den folgenden Bemerkungen voranstellen, dass ich in keiner Weise die Redlichkeit der Einzelnen in Frage stelle, die an dem Ereignis, dass ich erörtern möchte, beteiligt waren. Der Zweck dieses Essays ist es, den Blick auf das zu richten, was ich als die sehr verdrehte und moralisch problematische Botschaft, die ein solches Ereignis einschließt, erachte.

Am Dienstag, den 21. Juli 2009, hielt The Humane Society of the United States eine Veranstaltung ab mit dem Zweck, prominente Küchenchefs und Restaurants dazu zu ermuntern, HSUS' Boykott kanadischer Meeresfrüchte als Druckmittel gegen die kanadische Regierung zur Beendigung des kommerziellen Robbenschlachtens zu unterstützen.

Einige Einzelheiten:

Die Veranstaltung wurde (laut HSUS) in dem als ''heißer Tipp'' gehandelten ''Glamour-Lokal Policy''abgehalten. Werfen Sie einen Blick auf Policys Speisekarte. Gibt es irgendein Tierprodukt, das nicht serviert wird? Ironischerweise enthält die Speisekarte Muscheln von der Prinz-Edward-Insel, von denen ich gedacht hätte, dass sie zu ''kanadischen Meeresfrüchten'' zählen.

Warum konnte HSUS die Veranstaltung nicht in einem veganen Restaurant abhalten, um die Botschaft zu bekräftigen, dass, obwohl der besondere Schwerpunkt dieser Veranstaltung das Robbenschlachten war, wir niemals eine Gelegenheit versäumen sollten, die Öffentlichkeit über ethischen Veganismus aufzuklären? Dies war eine verpasste Gelegenheit.

Ich sollte anmerken, dass laut HSUS
der Leitgedanke von Policy, ''Wahrheit, Liebe und Freiheit'', elegant auf ihre Wände gekritzelt ist und unsere Sache hinausschreit.
Ich frage mich, ob es die Kühe, Kälber, Lämmer, Enten, Hühner, Fische etc. tröstet, dass ihre Körper an einem Ort serviert wurden, an dem ''Wahrheit, Liebe und Freiheit'' an der Wand steht.
Es gibt einige Verwirrung darüber, ob bei dieser Veranstaltung Essen serviert wurde und ob dieses Essen vegan war. Laut HSUS auf Twitter ''gab (es) nichts zu essen und der Eintritt war frei'' Aber laut Pamela's Punch
war das Essen toll und bot Häppchen wie gebratene grüne Tomaten mit Mais-Salza und Rosmarin-Crème fraiche mit Tapioca.
Ich rief HSUS an und sprach mit der Person, die als Medienkontakt für die Veranstaltung auf der Liste stand. Ich fragte, ob es Essen gab und ob es vegan war. Mir wurde gesagt, dass Essen serviert wurde, aber die Kontaktperson konnte nicht sagen, ob es vegan war. Mir wurde ebenfalls mitgeteilt, dass das Essen von den teilnehmenden Küchenchefs bestimmt worden war und nicht von HSUS.

Die Veranstaltung wurde auch mit diversen Küchenchefs gesponsert, die, obwohl sie Fleisch, Fisch und praktisch jedes andere Tierprodukt servieren,
seit langem unter den entschiedensten Befürwortern von lokalen Landwirtschaftsbetrieben, human behandelten Tieren und des Gemeinwesens in der Region gehören.
Tatsächlich wirbt einer der Sponsoren auf der Speisekarte:
Für Gerichte, die mit einem Sternchen markiert sind, wurden zertifiziert humane Tierprodukte verwendet. Sie entsprechen dem Anforderungen des Humane-Farm-Animal-Care-Program [Humanes Nutztier-Schutzprogramm], die nahrhaftes Futter ohne Antibiotika oder Hormone einschließen; Tiere werden mit Unterständen, Ruhezonen, ausreichend Platz und der Möglichkeit, ihren natürlichen Verhaltensweisen nachzugehen, aufgezogen.
Zu mehr Informationen über den von HSUS und anderen Gruppen gemeinsam gesponserten Stempel der Billigung des Humane-Farm-Animal-Care-Program siehe meinen Essay über ''humane'' Labels.

Bei der Veranstaltung paradierten langbeinige Models vor dem samtenen Seil [entlang des roten Teppichs, um die Menge von den Stars fernzuhalten] im gleißenden Sonnenlicht.

Aber der verstörendste Aspekt dieser Veranstaltung betrifft das Konzept eines Boykotts, in dem ein empfindungsfähiger Nichtmensch als eine Trumpfkarte instrumentell gebraucht wird, um einen anderen zu retten. Es sollte angemerkt werden, dass der HSUS-Boykott keine einfache Sache ist:
Anmerkung: Von dem Verbot ausgenommen sind Produkte der von Innuit und anderen indigenen Völkern ausgeübten traditionellen Jagd. Es gibt drei getrennte Ebenen des Boykotts. Restaurants haben sich auf verschiedenen Ebenen verpflichtet: Alle kanadischen Meeresfrüchte; Meeresfrüchte von Robbenjagd treibenden Provinzen (Neufundland, Prinz-Edward-Insel, Neuschottland und Quebec); Schneekrabben von Kanada. Seitdem der Schützt-die-Robben-Meeresfrüchte-Boykott eingeleitet wurde, haben mehr als 600.000 Einzelpersonen und mehr als 5.000 Lebensmittelgeschäfte und Restaurants sich verpflichtet, einige oder alle kanadischen Meeresfrüchte zu meiden, bis die kommerzielle Robbenjagd für immer beendet ist.
(Angesichts dessen, dass die Muscheln, die bei Policy serviert wurden, von der Prinz-Edward-Insel stammten und dass hier die Innuit-Ausnahme keine Anwendung findet, nehme ich an, dass Policy den drittklassigen ''Schneekrabben-Boykott'' unterschreibt.)

Die Ausnahmeregelungen auf mehreren Ebenen etc. einmal beiseite lassend, bin ich zutiefst enttäuscht darüber, dass Anwälte der Tiere es als legitim erachten, ein Tier als politisches Druckmittel einsetzen, um ein anderes zu retten. Der HSUS-Boykott unterstellt stillschweigend, dass (1) Fische und andere aquatische Tiere keinen ihnen innewohnenden Wert haben und lediglich etwas sind, das instrumentell dazu benutzt werden kann, solchen Tieren zu helfen, denen wir einen Wert beimessen; (2) dass es zulässig ist, weiterhin nicht-kanadische Meeresfrüchte zu essen; (3) dass es zulässig wäre, kanadische Meeresfrüchte zu essen, wenn es kein Robbenschlachten gäbe, und (4) wenn das nicht von Innuit veranstaltete Robbenschlachten beendet ist (oder reguliert in einer Weise, die es Anwälten der Tiere erlaubt, einen Sieg zu verkünden), der Boykott eingestellt und es wieder zulässig sein wird, kanadische Seetiere zu essen. Fische mögen nicht so ''süß'' wie Robben sein, aber sie wertschätzen ihr Leben genauso sehr wie Robben das ihre.

Darüber hinaus servieren die Küchenchefs, die zusammen mit HSUS die Veranstaltung organisiert haben, Fleisch und andere Tierprodukte in ihren Restaurants. Was ist der Unterschied zwischen der Kuh oder dem Lamm oder dem Huhn, das dort auf dem Teller liegt, und den Robben, gegen deren Abschlachtung sie eintreten? Es gibt natürlich keinen Unterschied. Nicht den geringsten.

HSUS hat ein Video [siehe den Link auf ''video'' im Originaltext] über diese Veranstaltung herausgebracht, und das ist ein wahres Meisterstück moralischer Konfusion. Mehrere Küchenchefs werden interviewt, die das ''barbarische Abschlachten eines schutzlosen Tieres'' und das ''inhumane Töten jeglicher Tiere'' verurteilen. Das bezieht sich natürlich auf die Robben, nicht auf die von diesen Köchen gekochten und servierten Tiere. Wäre es nicht so unendlich tragisch, das Ausmaß moralischer Gespaltenheit wäre komisch. Es ist meine aufrichtige Hoffnung, dass diese Küchenchefs, die so besorgt um die Robben in Kanada sind, dahin gelangen, die moralische Bedeutung der Tiere erkennen, deren Körper und Produkte sie in ihren D.C.-Restaurants anbieten.

Ich finde diese Art des Zugangs zu Tierethik in höchstem Maß bestürzend. Zusätzlich zu dem, was ich als das offenkundige moralische Problem ansehe, denke ich, dass die Botschaft, die damit gesendet wird, rein praktisch gesehen eine sehr verdrehte und verwirrende ist. Wir sollen den Verzehr bestimmter Fische einstellen, um das nicht von Innuit verübte Robbenschlachten zu beenden, während wir uns gleichzeitig alle an dem Schlachten anderer Tiere beteiligen, die sich in nichts von den Robben unterscheiden, die wir zu retten suchen – außer dass ihre Ausbeutung uns einen wirtschaftlichen Nutzen bringt, während das Robbenschlachten denen einen wirtschaftlichen Nutzen bringt, die nichts mit amerikanischen Tierschutzgruppen zu tun haben.

Gary L. Francione
© 2009 Gary L. Francione

Tuesday 14 July 2009

Eine Revolution des Herzens

von Gary L. Francione Blog

Liebe KollegInnen,

Viele Anwälte der Tiere gehen davon aus, dass wir eine Organisation brauchen – irgendeine Organisation –, um für Tiere einzutreten; dass wir einen Führer brauchen – irgendeinen Führer – , der uns den Weg zeigt.

Ich meine, dass diese Art, die Dinge zu sehen, falsch ist.

Bedauerlicherweise ist in einer Welt, in der alles zur Handelsware gemacht wird, soziale Gerechtigkeit selbst eine Ware geworden und wird in mehreren Varianten von Unternehmen verkauft, die um Marktanteile des Mitleids konkurrieren. Diese Unternehmen haben Hervorragendes darin geleistet, uns davon zu überzeugen, dass die Beteiligung an einem moralischen Kampf, einschließlich und insbesondere an dem Kampf für Tiere, bedeutet, einen Scheck auszustellen – für sie.

In einer Welt, in der wir tausend verschiedene Hierarchien akzeptieren, ohne dies überhaupt zu bemerken und ohne das ganze Konzept von Hierarchie in Frage zu stellen, setzen wir voraus, dass wir Führer brauchen, die uns den Weg zeigen. Diese Führer sind üblicherweise die Geschäftsführer der Mitleidsunternehmen. Und allein die mangelnde Übereinstimmung mit ihren Erklärungen bedeutet, als ''puristisch'', ''elitär'', ''spaltend'' gebrandmarkt zu werden, als jemand, der auf andere ''einschlägt'' oder sie ''verunglimpft'' oder den ''das Leiden der Tiere nicht kümmert'' etc., etc., etc.

Ich meine, dass diese Art zu denken dem Erreichen des Zieles im Weg steht, das wir anstreben.

Damit, an Symptomen herumzustümpern, werden wir nichts erreichen. Damit, Werbung für käfig-freie Eier und ''Bio-Fleisch'' oder ''Bio-Milch'' zu machen, werden wir nichts erreichen. Damit, nackt in Käfigen zu sitzen und ''für die Tiere'' dem Sexismus Vorschub zu leisten, der unsere Kultur schleichend zersetzt, werden wir nichts erreichen. Dieser ganze Ansatz verstärkt lediglich die Vorstellung, dass wir uns aus dem Unrecht herauskonsumieren können; dass wir eine Form der Ausbeutung gegen eine andere, bessere, eintauschen können; dass wir Mitleid kaufen können. Wir können es nicht.

In einer Welt, in der Frauen, farbige Menschen, Kinder, Alte, geistig Behinderte, Arme und andere Menschen von dem auserwählten Patriarchat, das an den Schalthebeln der Macht sitzt, wie Bürger zweiter Klasse behandelt werden (bestenfalls), sind Tiere in vielerlei Weise die Wehrlosesten unter uns. Wir können sie nicht nur völlig straflos quälen und töten, dies zu tun wird von uns erwartet. Während Gewalt gegen einen Menschen soziale Kritik in irgendeiner Form oder sogar eine Strafsanktion nach sich ziehen kann, gilt Gewalt gegen Tiere allgemein als eine Tugend, vornehmlich dann, wenn sie als ''human'' deklariert wird.

Jene, die sich weigern, sich an diesem Gemetzel zu beteiligen, werden als abnormal und asozial betrachtet – sogar und insbesondere von den großen Tierschutzorganisationen, welche verkünden, dass sich aller Tierprodukte zu enthalten und Veganismus zu fördern ''extrem'' ist.

Es ist verfehlt, Landwirte oder Tierexperimentatoren oder Pelzhändler als unsere ''Feinde'' zu bezeichnen. Sie decken schlicht eine Nachfrage – die von uns geschaffene. Sie tun lediglich das, von dem wir wollen, dass sie es tun. Sie sind nicht das Problem – wir sind es.

Die Abschaffung der Tierausbeutung erfordert einen Paradigmenwechsel. Sie erfordert, dass wir Gewalt auf fundamentaler Ebene verwerfen. Sie erfordert eine Anerkennung dessen, dass Gewalt an sich verkehrt ist.

Die Abschaffung der Tierausbeutung erfordert eine gewaltlose Revolution – eine Revolution des Herzens.

Diese Revolution wird nicht als der Erfolg irgendeines Führers eintreten. Sie kann nur innerhalb jedes einzelnen von uns eintreten. Und dies kann geschehen, wenn wir es wollen. Wir brauchen keine Führer. Wir müssen erkennen, dass jeder von uns ein Führer werden kann – und muss, wenn es eine Hoffnung gibt, diesen Schlamassel, den wir unsere Welt nennen, ins Reine zu bringen. Das fängt mit unserem eigenen Veganismus an, nicht als eine Art ''flexitarischer'' Lebensweise, sondern als grundlegende, nicht verhandelbare Verpflichtung zur Gewaltlosigkeit. Ethischer Veganismus stellt unsere Bindung an die Idee dar, dass wir keine moralische Rechtfertigung dafür haben, Tiere für unsere Zwecke – wie human auch immer – zu nutzen. Er geht weiter mit unseren täglichen Bemühungen, andere auf kreativen, positiven und gewaltlosen Wegen über Veganismus aufzuklären – etwas, das jeder von uns tun kann, der es will. Jeden Tag haben wir Gelegenheiten, Familie, Freunde, Arbeitskollegen und Menschen, denen wir in einem Geschäft oder Bus begegnen, aufzuklären. Ist es leichter, einen Scheck für jemand anders auszustellen, als selber die Arbeit zu machen? Natürlich ist es das. Aber es funktioniert nicht.

Um Gerechtigkeit zu erreichen, brauchen wir keine Körperschaften. In der Tat werden wir, je mehr wir uns auf solche verlassen, von unserem Ziel abkommen. Wir brauchen eine Graswurzel-Bewegung, die Frieden in friedlicher Weise einfordert.

Bedauerlicherweise sind Tierschutzorganisationen zu modernen Ablassverkäufern gleich der mittelalterlichen Kirche geworden. Viele – vielleicht die meisten – Menschen sind über die Tierausbeutung beunruhigt. Viele haben nagende Schuldgefühle wegen ihres fortgesetzten Konsums von Tierprodukten. Viele lieben ihre nichtmenschlichen Gefährten und behandeln sie als Familienmitglieder, stechen aber eine Gabel in andere Tiere und und erkennen auf irgendeiner Ebene die moralische Gespaltenheit. Aber dies ist kein Grund zur Beunruhigung. Machen Sie eine Spende und jene Tierschutzgruppen werden dafür sorgen, dass alles besser wird. Sie werden Tierleid ''minimieren''; sie werden die schlimmsten Missbräuche ''abschaffen''.

Ich meine, dass gerade so, wie der Erwerb von Ablassbriefen der Kirche Ihnen nicht ersparen würde, in die Hölle zu kommen, wenn es sie gibt, wird es, einigen Organisationen ein paar Anteilscheine vom Mitleid aus Bodenhaltung abzukaufen, Tieren die Hölle nicht ersparen, die für sie mit größter Gewissheit existiert und in der sie Tag für Tag leiden und sterben. Wir müssen die Art und Weise ändern, wie Menschen über Tiere denken; wir müssen die Art und Weise ändern, wie Menschen über Gewalt denken. Ob es Kriege sind, die geführt werden, um Frieden zu schaffen, oder Sexismus, praktiziert zu dem Zweck, die Geschlechtergleichheit herzustellen, oder die Unterstützung ''humaneren'' Quälens von Tieren, um ein größeres Bewusstsein für Tiere zu erreichen, wir müssen die Vorstellung in Frage stellen, dass Gewalt als Mittel zur einem lobenswerten Zweck gebraucht werden kann.

Bitte verstehen Sie mich recht darin, dass ich nicht sage, dass jene, die sich in altem oder neuem Tierschutz engagieren, unredlich sind. Uns allen ist so lange Zeit erzählt worden, dass dies der einzige Weg ist. Dass es darum geht, Tierschutzreformen oder nichts zu machen. Ich urteile moralisch nicht über sie als Einzelne und hoffe, dass sie nicht über mich moralisch urteilen, auch wenn sie mit dem abolitionistischen Tierrechtsansatz, den ich entwickelt habe und verteidige, stark in Widerspruch stehen. Ich stimme einfach nicht mit ihnen überein, und ich weise auf den gegenwärtigen Stand der Dinge als zwingenden Beweis hin, dass ihr Problemlösungsansatz schlicht nicht funktioniert.

Falls jemand diese Bemerkungen als auf andere ''einschlagend'' oder sie ''verunglimpfend'' betrachtet, seinen Sie gewiss, dass dies sicherlich nicht meine Absicht war.

Gary L. Francione
© 2009 Gary L. Francione

P. S. Dies erschien heute in der Huffington Post. Jeder, der meint, dass dies Tieren hilft, gibt sich, bei allem Respekt, einer Illusion hin. Wir werden die Tierausbeutung niemals beenden, indem wir die Ausbeutung von Frauen unterstützen.

Tuesday 7 July 2009

Die Religion der Gewaltlosigkeit

von Gary L. Francione Blog

Liebe KollegInnen,

am vergangenen Wochenende hielt JAINA, die Föderation jainistischer Vereine in Nordamerika, ihre 15., alle zwei Jahre stattfindende Tagung ab. Diese fand in Los Angeles im Jain Center of Southern California [Jain-Zentrum in Südkalifornien] statt, das eines der schänsten Gebäude ist, die ich je in Amerika gesehen habe.

Das Thema der Tagung war ''Ökologie. Der jainistische Weg''. Die Wahl dieses Themas reflektiert einen zentralen Schwerpunkt jainistischer Tradition: dass alles Leben verbunden ist in gegenseitiger Unterstützung und Abhängigkeit.

Jainismus ist eine den meisten Nordamerikanern wenig bekannte spirituelle Tradition, die im Allgemeinen sehr missverstanden wird. Zu versuchen, Jainismus in einem Blogessay vorzustellen, würde in einer trivialen Darstellung resultieren, die unmöglich einer unglaublich reichen spirituellen Tradition gerecht werden könnte, die Buddhismus und Hinduismus vorausgeht und fraglos eine der ältesten spirituellen Traditionen der Welt ist. Ich werde dennoch den Text einer kurzen Erklärung wiedergeben, vorbereitet und verbreitet von Yogendra Jain der, zusätzlich dazu, ein JAINA-Vizepräsident zu sein, eine Website mit dem Namen Jain Link betreibt:
Jainismus ist eine Religion und eine Lebensweise. Seit Tausenden von Jahren praktizieren Jains Vegetarismus, Yoga, Meditation und Umweltschutz. Jains haben drei Kernpraktiken:

Gewaltlosigkeit ist Mitgefühl und Vergeben in Gedanken, Worten und Taten gegenüber allen lebenden Wesen. Aus diesem Grund sind Jains Vegetarier.

Nicht-Absolutheit ist das Respektieren der Anschauungen anderer. Jains ermutigen Dialog und Harmonie mit anderen Glaubensbekenntnissen.

Nicht-Besitzergreifen ist das Ausbalancieren von Bedürfnissen und Wünschen im Losgelöstsein von Besitztümern.

Jains glauben an die Existenz einer Seele – in jedem lebenden Wesen –, die ewig und göttlich ist. Die JAINISTISCHE LEBENSWEISE (JAIN WAY OF LIFE (JWOL)) respektiert und ehrt alle lebenden Wesen durch das Praktizieren von Gewaltlosigkeit, Nicht-Absolutheit und Nicht-Besitzergreifen. Wir sind alle voneinander abhängig und durch eine jainistische Lebensweise können wir Frieden und Spiritualität in unser Leben und denen um uns bringen.
Diese Erklärung, die Yogendra auf Karten von der Größe einer Visitenkarte verbreitet, soll sicherlich keine erschöpfende oder vollständige sein, sondern lediglich eine sehr kurze Beschreibung der drei zentralen Prinzipien, die Jainismus kennzeichnen.

Jains sind nicht-absolutistisch, aber sie sie sind mit Sicherheit keine Relativisten; das heißt, sie erkennen an, dass es eine Wahrheit gibt, dass diese aber oft komplex ist. Etwas, das Jains als absolute Wahrheit akzeptieren, ist das Prinzip Ahimsa oder Gewaltlosigkeit, welche tatsächlich die bedeutendste Idee des Jainismus ist. Viele Jains sprechen von ihrer Religion als der ''Religion der Gewaltlosigkeit.''

Da sie Ahimsa befolgen, essen Jains kein Fleisch, keinen Fisch, keine Eier, keinen Honig. Es gibt eine zunehmend stärkere Bewegung innerhalb des Jaimismus hin zu striktem Vegetarismus und der Ablehnung des Gebrauchs von Tierprodukten für Bekleidung oder andere Zwecke. Einer der prominentesten lebenden spirituellen Führer im Jainismus ist Gurudev Chitrabhanu, ein sehr strikter Veganer. Es gibt keine andere spirituelle Tradition, die so sehr auf Tiere gerichtet ist wie Jainismus. Nicht nur befürworten Jains Vegetarismus (und zunehmend Veganismus), sie sind auch die Kraft hinter den meisten in Indien geleisteten praktischen Arbeit, um Tieren zu helfen, insbesondere in Tierheimen.

Mir wurde die große Ehre zuteil, die Eröffnungsrede des diesjährigen Kongresses zu halten. Wie Sie wohl erwartet haben mögen, sprach ich über Veganismus und die Notwendigkeit anzuerkennen, dass das Prinzip Ahimsa erfordert, dass wir uns der Verwendung aller Tierprodukte enthalten.

Es waren mehr als 2000 Teilnehmer auf dem Kongress und sie nahmen meine Rede [1]und meine Ansichten zum Vegansimus mit beträchtlicher Begeisterung auf. Über die vier Tage, die ich dort war, sprach ich mit Hunderten von Menschen, die erkennen ließen, dass sie mit mir darin übereinstimmten, dass Veganismus der rechte Weg der Anerkennung von Ahimsa ist. Mindestens ein Dutzend Menschen sagten mir, dass sie an Ort und Stelle Veganer werden würden!

Obwohl das während der Veranstaltung servierte Essen nicht vollständig vegan war, war es doch überwiegend vegan, und allen Vegnaern wurde weitreichend und respektvoll entgegengekommen.

Ich habe es ausgiebig genossen, auf dem Kongress zu sein, und ich akzeptiere die jainistische Lebenssweise – die vegane Variante natürlich. Ich ermutige Sie alle, diese spirituelle Tradition zu erkunden. Es gibt eine großartige Website, die (kostenlos) den vollständigen Inhalt einer großen Zahl Bücher in Englisch (und anderen Sprachen) bietet.

Jene von Ihnen, deren Auffassung von Tierrechten und die Abschaffung der Tierausbeutung wie meine letztlich auf Gewaltlosigkeit basieren, sind wahrscheinlich schon Jains, ohne es zu wissen.

Gary L. Francione
© 2009 Gary L. Francione

P:S. Ich bekomme fortgesetzt Emails von Konferenzteilnehmern, die Veganer werden. Ein Kommentar:
Ich war skeptisch, als Sie sagten, Chai schmecke ebenso gut mit Sojamilch wie mit Kuhmilch. Ich bin 63 Jahre alt und habe niemals Tee ohne Milch getrunken. Ich habe probiert, was Sie empfohlen haben (Seidentofu im roten Karton). Es war köstlich. Ich kann jetzt vegan leben, ohne etwas zu entbehren (obwohl ich das sowieso getan hätte, nachdem ich Ihren Vortrag gehört habe).
P.P. S. Mich erreichen immer noch die positiven Reaktionen von denen, die am Kongress teilgenommen haben. Die Menschen waren eindeutig empfänglich für die vegane Botschaft. Wenn Sie ein Video der Präsentation sehen wollen, es wurde gerade dem Text hinzugefügt, und Sie können es sehen, indem Sie auf ''Rede'' klicken.

[1] Anm. d. Übers.: Die Rede ist im Originaltext unter ''talk'' verlinkt.

Sunday 5 July 2009

The ''Happy Meat''* Movement and the Animal Welfare / Animal Industry Partnership

by Karin Hilpisch and James Crump

* meat here represents all animal products

Animal welfare legitimises animal use

In his books, articles, and blog essays, Gary L. Francione has analysed comprehensively and in detail the status of animals as property which is embedded in laws that regulate animal use and is reinforced by welfare reform.

Jeff Perz puts it this way on an Internet forum: ''One of the reasons why abolitionism inevitably involves a critique of animal welfare is that, every time a new animal welfare law gets passed, the property status of other animals is that much more codified and entrenched'' (1)

And Dan Cudahy notes on his blog: ''More and more regulations add a regulating structure to animal exploitation supported eventually by more bureaucracy, more inspector jobs, and more ‘legitimacy’ to the entire enterprise, entrenching animals ever deeper into property and commodity status.'' (2)

This is inevitably so because animal welfare reform aims at improving the treatment of nonhumans but does not challenge their being used by humans. In fact, ''[c]ampaigns for welfare reform make sense only if the use of animals is morally acceptable and the issue is only how we treat the animals we use.'' Francione, Context Makes All the Difference.

It is self-evident that the legitimization of animal use and, thereby, the reinforcement of the property status is diametrically at odds with the abolition of animal exploitation.

On his blog, Francione writes: ''In much of my writing, I have argued that the promotion of the ‘happy meat’ approach has led not only to making the public more comfortable about consuming animal products but it has resulted in the creation of a disturbing partnership between animal advocates and institutionalized exploiters.''

The regressive and counter-productive ''happy meat'' movement is also the subject matter of Francione's blog essay, ''Happy Meat'': Making Humans Feel Better About Eating Animals which refers to other entries dealing with this issue.

Animal welfare and animal industry: good business and mutual interests

An example, as illustrative as it is disturbing, of the partnership between animal advocates and animal industry is the agreement between People for the Ethical Treatment of Animals (PETA) and Kentucky Fried Chicken (KFC) about the gassing of chickens, the so-called controlled atmosphere killing, an agreement in which there were ''no differences of opinion about how animals should be treated,''and in which a welfare organization performed as an ''unpaid public relations firm'' of a company that sells death and as a free advisor to animal industry about how they can increase their profits. But PETA got its money's worth as well: proclaiming an “enormous victory,” a “historic victory,'' the organization ('‘half of our members are vegetarian and half think it’s a good idea’') can be sure of an constant stream of donations.

But it would be unfair to single out PETA in this regard without mentioning that the Humane Society of the United States – the largest and most powerful welfare corporation in America – also acts as a marketing division of, and as an economic advisor to, industry, the former by promoting “humane” animal products, and the latter by producing economic analyses detailing the higher profitability of, for example, group housing for sows as compared to the gestation crate. See A ''Triumph'' of Animal Welfare? Moreover, PETA and HSUS also make millions of dollars in donations by systematically misrepresenting the nature of welfarist campaigns. Even though welfarist reforms are invariably based on increased exploitative efficiency and would be implemented by industry on economic grounds anyway, they are nevertheless portrayed by PETA and HSUS as great “victories” and “successes” for the animals.

But the collaboration between welfare and industry thrives not only on the other side of the pond.

The ''happy meat'' movement in Austria: a case study

In 2008, a programmatic essay, entitled, ''Abolitionism versus Reformism or which type of campaign will lead to abolition eventually?''(3) in English and German (4), authored by the president of the Austrian Association Against Animal Factories [Verein gegen Tierfabriken] Martin Balluch, was spread on the Internet (and critically commented on by Francione: A ''Very New Approach'' Or Just More New Welfarism?). Therein, the author sets out his view that while there is a philosophical gulf between animal welfare and animal rights, there also is a political and psychological continuum, i.e., a continual development of society and the individual from regulated animal exploitation to abolition, i.e., from animal welfare to animal rights.

Balluch conceives this development as one in which welfare has a psychologically and politically indispensable role to play and, therefore, cannot be 'skipped'. Consistently, he thinks that vegan education, thought as the only way to abolition, ''cannot but fail''. This view becomes manifest in the association's policy of a massive promotion at all levels of ''humane'' exploitative practices and products:

Campaigning

— ''Straw makes happy'': a campaign which conveys to consumers of pig flesh the advantages of keeping pigs on straw rather than on slatted floors. (5)

— advertising of barn and free-range husbandry of chickens and rabbits (6)

— advertising of ''cage-free'' eggs which are being contrasted with battery eggs as an ethical alternative to a ''product for which sentient living beings are being relentlessly exploited as egg-laying machines.'' (7)(They 'forgot' to mention here that sentient living beings are also being relentlessly exploited for ''cage-free'' eggs.)

— an initiative recommending that Austrian ''companies which have rendered outstanding services in changing from battery eggs to cage-free eggs'' were given a ''Good Egg Award'' (8)
In the USA, PETA and other welfare groups are publicly praising a retailer for selling the corpses of ‘‘humanely’’ raised and slaughtered animals. (9) See '''Happy'' Meat / Animal Products: A Step in the Right Direction or ''An Easier Access Point Back' to Eating Animals''

The VGT's demand for ''incentive systems'' rewarding the use of abattoirs which are closest to the farm (9) matches perfectly PETA's giving its ''Proggy Award'' to a ''visionary'' slaughterhouse-designer. See '''Happy'' Meat.

Marketing

The VGT markets animal products which have been produced in compliance with guidelines for ''animal- appropriateness'' by means of an auditing agency which was founded in 1995 by three welfare associations in Austria, ''as a neutral and independent organization for inspection''. The job of this institution is the ''control, certification and monitoring of producers and suppliers with regard to compliance with the guidelines'' according to ''criteria concerning species-appropriate chicken husbandry that have been developed by experts''. Products gained from such husbandry are certified ''animal welfare tested,'' a registered trade mark. (10)

Trademarks which certify the ''humane'' treatment of animals and are being promoted by welfare groups encourage the public to consume animal products which results in increased demand and, thereby, increased profits for suppliers.

When last year Balluch, along with nine other animal activists, was arrested and spent three months in prison, a number of open letters were written in support of the detainees. In one of them, Toni Hubmann, an ''organic'' egg farmer, lauds the teamwork between him, Balluch and two other welfarists that has been practised at the institution mentioned above since 2002. Hubmann writes: ''Any improvement or change in husbandry has been accepted by said gentlemen and implemented in agreement with the concerned farmers and merchants. This has led to said gentlemen's having had a significant role in the high acceptance of cage-free and fee-range systems in Austria. (…) Not only could the animal welfare organizations gain successes for the further development of national and international animal welfare but, with their commitment, they have helped sustain numerous small farming businesses.'' (11)[emphasis added]

After having been certified ''animal welfare tested,'' animal products are being promoted in a ''shopping guide for products from species-appropriate animal husbandry'': ''The VGT which for more than five years now has been engaged resolutely against cruel factory farming and the negative excesses of modern agribusiness, has, on the other hand, always been the first privately organized contact address in the search for alternative animal products.'' ''More and more people are striving towards a cultural progress in dealing with farm animal and wish to provide them, as reward for their ''services'', at least with a bearable life before death.'' (12) Occasionally, products ''from species-appropriate animal husbandry'' are not only advertised but also distributed to passers-by. (13)

Changing the system but not people's minds?

Balluch argues, among other things, against spreading veganism in society on the grounds that ''[m]any people, who did turn vegan, fall back to consuming animal products.'' For this there is, indeed, more than one example. And that this is so has mainly to do with the societal impact of those who, like Balluch, publicly declare that being vegan is extremely difficult and requires great energy expenditure. But as long as organizations and individuals who are perceived as animal advocates send a message to the public that consuming products from ''species-appropriate'' or ''animal-appropriate'' farming is morally acceptable, and that we can discharge our moral obligations towards animals by making exploitation more ''humane,'' most will not even consider going vegan.

According to Balluch, the animal rights movement's job is not to change the way people think about animals but to change ''the system'': ''The opinion of the majority or single people in society is of secondary importance.'' With this view, the VGT's policy is completely in line. It does not change people's minds but reinforces the notion that we can effectively protect animals and use them at the same time. But without changing people's attitude towards nonhuman animals, the ''system,'' which consists of people, will never change.

Struggling for animal rights or battling for market shares? The ''enemy'' is a partner

In his programmatic essay, Balluch claims that

— the struggle for animal rights is carried out between the animal rights movement and the animal industries, ''the only enemy in the political conflict to achieve animal rights,'' in which each tries to pull the public, which ''stands indifferent at the start,'' on its side;
— it must be the primary aim of the animal rights movement to produce political pressure to achieve incremental reforms which weaken and damage the animal industries.

In the light of what has been said above, it is difficult to see, however, in what way the VGT's activities are possibly suited to weakening and damaging animal industry. When two parties are inextricably entangled, as is evident with the animal welfare movement and animal industry, this relationship can hardly be characterised as a "conflict" but rather as symbiotic, representing two sides of one exploitative system, with the result that to the animals, it does not matter much whose side the public takes. Temple Grandin, the ''visionary'' slaughterhouse designer, put it best when she said that ''proper handling of animals that are to be slaughtered 'keep[s] the meat industry running safely, efficiently and profitably.''' (14)

Obviously, the organic sector of animal agriculture is not referred to as the ''only enemy in the political conflict to achieve animal rights.'' But it is, more than anything else, the partnership between animal welfare and animal industry that is the stumbling block to abolition because in it, both sides figure as animal exploiters. There is no morally relevant difference between a battery egg and a ''cage-free'' egg, or between the flesh of a pig that has been kept on slatted floor and the flesh of a pig that has been kept on straw. The one who furthers the demand for animal products is no less an exploiter than the one who supplies it. Producing and consuming animal products are rights violations; so is promoting animal products:it treats nonhuman rights holders as much like commodities as producers and consumers do. It is just as immoral. An immoral institution – animal industry – cannot be fought by another immoral institution – animal welfare.

Organizations like the VGT are the most powerful societal force against veganism and, depending on this, abolition.


Sources: [The URLs of the sources regarding the activities of the VGT have been changed after this essay was published.]

(1) quote Jeff Perz,
http://www.animalrightscommunity.com/abolitionists/viewtopic.php?f=7&t=287&st=0&sk=t&sd=a&start=20
(This subforum is available only to registered members of the board.)

(2) Dan Cudahy, ''Abolitionism versus New Welfarism: A Contrast in Theory and Practice''
http://unpopularveganessays.blogspot.com/2009_06_01_archive.html

(3) Abolitionism versus Reformism
http://www.vgt.at/publikationen/texte/artikel/20080325Abolitionism/index_en.php

(4) Abschaffung versus Reform
http://www.vegan.at/warumvegan/tierrechte/abschaffung_vs_reform.html

(5) ''Straw makes happy''
http://www.vgt.at/presse/news/2008/news20080314.php

(6) free-range chickens
http://www.vgt.at/presse/news/2004/news20040409.php

free-range rabbits
http://www.vgt.at/publikationen/infomaterial/Kaninchen/071112_FB_kaninchen.pdf

(7) ethical alternative
http://www.vgt.at/presse/news/2004/news20040413.php

( 8) Good Egg Award
http://www.vgt.at/presse/news/2007/news20070321.php

(9) "Dear John,*

The undersigned animal welfare, animal protection and animal rights organizations would like to express their appreciation and support for the pioneering initiative being taken by Whole Foods Market in setting Farm Animal Compassionate Standards. We hope and expect that these standards will improve the lives of millions of animals."
* John Mackey, CEO of Whole Foods Market
http://www.abolitionistapproach.com/media/pdf/pr_01-24-05.pdf

(10) incentive systems
http://www.vgt.at/presse/news/2008/news20080828.php

(11) auditing agency
http://www.vgt.at/presse/news/2004/news20040401.php

(12) open letter
http://www.vgt.at/actionalert/repression/prominente/offener%20Brief%20Toni%20Hubmann%20Juni%202008.pdf

(13) shopping guide
http://www.vgt.at/presse/news/1997/news026.php

(14) ''In addition, leaflets and 'Toni's free-range Easter eggs' ['Toni's Freiland-Ostereier'] in a 4-pack are distributed to passers-by.''
http://www.vgt.at/presse/news/1998/news046.php

(15) ''According to Grandin, proper handling of animals that are to be slaughtered 'keep[s] the meat industry running safely, efficiently and profitably.'''
Gary L. Francione, Abolition of Animal Exploitation: The Journey Will Not Begin While We Are Walking Backwards

Postscript:
Critics of new welfarism are often confronted with the objection that they deny dissenting activists their honest convictions and good intentions. That is not the point. The point is to make an assessment as to whether or not someone's actions are logically and credibly coherent with the goal they claim to be pursuing. This requires critically reflecting on the structural conditions of those actions which may contradict the declared goal.

As a general matter, an organization whose activities involve running costs which are paid by membership fees and donations cannot act independently of the interests and goals of its members and donors. In order to continue to exist, such an organization inevitably has to act in accordance with the interests of those whose money forms its economic base.

In the context of animal advocacy, this means that in a society in which 99% of the population use animals, mainly by consuming animal products, and consider this just as necessary or at least as normal and natural as breathing air and drinking water, the majority of the members and donors of an organization which appears to act on behalf of animals is formed by animal users, unless the organization exclusively and unequivocally promoted veganism, or accepted only vegan members, donors, and sponsors. Where this is not the case, the organization will, in order to continue to exist, inevitably act on behalf of those who use animals and who, not being educated why it is morally wrong to use animals, wish to continue to do so.

In other words, for reasons of self-preservation, the goal to abolish animal exploitation cannot seriously be pursued by such an organization. The possibility of its existence is in principle incompatible with that goal. And an institution which sustains functionaries, managers and other employees economically, cannot be conceived of as one which is intended to become ''superfluous'' by eliminating what makes it allegedly necessary. (People who work for these institutions have financial obligations which make them utterly dependent on the income they receive from them.) That's why the institution's policy will be designed to accommodate the public to the greatest extent possible in order to ensure a steady flow of financial support mainly in the form of donations and membership fees. This is achieved through runming campaigns which make animal exploitation appear morally acceptable in order to make people feel (more) comfortable about it.

Animal advocacy aiming at the abolition of animal exploitation must be independent of the financial support of those who are interested in continuing to exploit animals. An individual or group that is not independent of the support of those whose interests are opposed to the avowed goal of its policy stands in a manifest conflict of interest which the person or group attempts to circumvent by identifying their interests with animals' interests. This is, of course, a self-serving rationalization.

Just as it would be self-delusion to credit a politician with having something serious to say about a political issue from which he benefits economically, a conflict of interest deprives animal advocates' defence of their policy of the authority needed for it to be deemed worthy of serious consideration.

Die ''Bio-Fleisch''*-Bewegung und die Partnerschaft von Tierschutz und Tierindustrie

von Karin Hilpisch und James Crump

[Von diesem Essay gibt es auch eine englische Fassung.]

* Fleisch steht hier stellvertretend für alle Produkte tierlicher Herkunft.

Tierschutz legitimiert Tiernutzung

In seinen Büchern, Artikeln und Essays hat Gary L. Francione umfassend und eingehend den rechtlichen Status von Tieren als Eigentum analysiert, der in Gesetzen, welche die Tiernutzung regulieren, verankert ist, und durch jede Reform des Tierschutzes bestätigt und verstärkt wird.

Jeff Perz drückt es in einem Internetforum so aus: ''Einer der Gründe, warum Abolitionismus eine Kritik des Tierschutzes einschließt, ist, dass jedes Mal, wenn ein neues Tierschutzgesetz verabschiedet wird, der Eigentumsstatus anderer Tiere um so mehr kodifiziert und um so tiefer verwurzelt wird.'' (1) Und Dan Cudahy notiert in seinem Blog:''Mehr und mehr Regulierungen erweitern die regulative Struktur der Tierausbeutung, letztlich gestützt durch mehr Bürokratie, mehr Inspekorenstellen und mehr 'Legitimität' des gesamten Unternehmens Tierausbeutung, die Tiere immer tiefer im Status als Eigentum und Ware verwurzelnd.'' (2)

Dies ist unweigerlich so, weil Tierschutzreformen darauf abzielen, die Behandlung von Tieren zu verbessern, ihre Nutzung durch den Menschen aber nicht in Frage stellen. Tatsächlich ''(machen) Kampagnen für Tierschutzreformen .. nur Sinn, wenn die Nutzung von Tieren moralisch zulässig und das einzige Problem ist, wie wir die Tiere behandeln, die wir nutzen.'' Francione, Der Kontext macht den Unterschied.

Es versteht sich von selbst, dass die Legitimierung der Nutzung von Tieren und damit die Verstärkung ihres Eigentumsstatus der Abschaffung der Tierausbeutung diametral entgegenwirkt.

In seinem Blog schreibt Francione: ''In einem großen Teil meiner Schriften habe ich argumentiert, dass die Unterstützung des 'Bio-Fleisch'-'Ansatzes ['happy meat' approach] nicht nur dazu geführt hat, dass sich die Öffentlichkeit beim Konsum von Tierprodukten wohler fühlt [i. e. ein weniger schlechtes oder gutes Gewissen hat], sondern ebenso zu einer verstörenden Partnerschaft zwischen Anwälten der Tiere und institutionellen Tierausbeutern.''

Die rückschrittliche und kontraproduktive ''Bio-Fleisch''-Bewegung ist auch Gegenstand von Franciones Blogessay ''Bio-Fleisch'': Menschen sich beim Essen von Tieren besser fühlen lassen, in dem auf weitere Bloeeinträge zu diesem Thema verwiesen wird.

Tierschutz und Tierindustrie: gute Geschäfte und gemeinsame Interessen

Ein ebenso anschauliches wie bestürzendes Beispiel der Partnerschaft zwischen Tierschutz und Tierindustrie bildet das Abkommen zwischen People for the Ethical Treatment of Animals (PETA) und Kentucky Fried Chicken (KFC) über das Vergasen von Hühnern, das sogenannte Töten in kontrollierter Atmosphäre [controlled atmosphere killing / CAK], ein Abkommen, in dem es ''keine Meinungsverschiedenheiten darüber, wie Tiere behandelt werden sollten'', gab und in dem eine Tierschutzorganisation als unbezahlte Werbeagentur eines Tod verkaufenden Unternehmens, als unentgeltlicher Berater der Tierindustrie darüber, wie sie ihre Profite steigern kann, figurierte. Aber auch PETA kam bei diesem Deal mit KFC auf seine Kosten: einen ''gewaltigen Sieg'' für den Tierschutz verkündend, kann sich die Organisation (''die Hälfte unserer Mitglieder ist vegetarisch und die andere Hälfte hält es für eine gute Idee'' ) eines stetigen Spendenflusses sicher sein.

Aber es wäre unfair, PETA in dieser Hinsicht herauszustellen, ohne zu erwähnen, dass The Humane Society of the United States (HSUS) – die größte und mächtigste Tierschutzorgaisation in Amerika – sich ebenfalls als Vertriebsabteilung und als Wirtschaftsberater der Tierindustrie betätigt, jenes durch das Bewerben ''humaner'' Tierprodukte, dieses durch das Erstellen von Wirtschaftlichkeitsberechnungen, welche im Detail die höhere Rentabilität zum Beispiel der Gruppenhaltung von Sauen gegenüber dem Kastenstand aufführen. Siehe hierzu Ein ''Triumph'' des Tierschutzes? Darüber hinaus fahren PETA und HSUS Millionen Spendengelder ein mit der systematischen Falschdarstellung der Natur von Tierschutzkampagnen. Obwohl Tierschutzreformen ausnahmslos auf erhöhte Ausbeutungseffizienz gegründet sind und von der Industrie aus wirtschaftlichen Gründen ohnehin eingeführt würden, werden sie von PETA und HSUS nichtsdestoweniger als große ''Siege'' und ''Erfolge'' für die Tiere porträtiert.

Aber das Zusammenspiel zwischen Tierschutz und Tierindustrie gedeiht nicht nur auf der anderen Seite des großen Teichs.

Die ''Bio-Fleisch''-Bewegung in Österreich: eine Fallstudie

2008 wurde eine programmatische Schrift in deutscher und englischer Fassung mit dem Titel ''Abschaffung versus Reform oder: Welche Kampagnen führen letztendlich zu Tierrechten?'' (3) / ''Abolitionism versus Reformism or which type of campaign will lead to abolition everntually?'' (4) in Internet verbreitet (und von Francione kritisch kommentiert, siehe: Ein ''sehr neuer Ansatz''oder einfach mehr Neuer Tierschutz?), verfasst vom Obmann des in Österreich ansässigen Vereins gegen Tierfabriken (VGT), Martin Balluch. In dieser Schrift legt der Autor die Auffassung dar, dass zwischen Tierschutz und Tierrechten eine philosophische Kluft, zugleich aber ein politisches und psychologisches Kontinuum besteht, das heißt eine kontinuierliche Entwicklung der Gesellschaft und des einzelnen Menschen von der regulierten Tierausbeutung zur Abschaffung der Tierausbeutung, das heißt vom Tierschutz zu Tierrechten.

Diese Entwicklung begreift Balluch als eine, in welcher der Tierschutz eine psychologisch und politisch unabdingliche Rolle speilt und daher nicht 'übersprungen' werden kann. Folgerichtig sieht er die Förderung des Veganismus als einzigen Weg zur Abschaffung der Tierausbeutung als ''zum Scheitern verurteilt''. Diese Sichtweise manifestiert sich in einer Vereinspolitik der massiven Förderung ''humaner'' Ausbeutungspraktiken und -produkte auf allen Ebenen:

Kampagnen

— ''Stroh macht froh'': Eine Kampagne, die den Konsumenten von Schweinefleisch die Vorzüge der Schweinehaltung auf Stroh anstatt auf Spaltenböden vermittelt; (5)

— Werbung für Boden- und Freilandhaltung von Hühnern und Kaninchen (6)

– Werbung für ''Bio-Eier'', die ''Käfig-Eiern'' als ethische Alternative zu einem ''Produkt, für welches leidensfähige Lebewesen wie Eiermaschinen gnadenlos ausgebeutet werden'', gegenübergestellt werden. (7) (Man 'vergisst' zu erwahnen, dass auch für ''Bio-Eier'' leidensfähige Lebewesen gnadenlos ausgebutet werden.)

— eine Initiative zur Verleihung des ''Good Egg Award'' an österreichische ''Firmen, die sich beim Umstieg weg von Käfigeiern [hin zu Eiern aus Boden- oder Freilandhaltung] besonders verdient gemacht haben.'' (8)

In den USA loben PETA und andere Tierschutzgruppen öffentlich eine Einzelhandelskette für den Verkauf der Leichen ''human'' gezüchteter und geschlachteter Tiere. (9) Siehe hierzu: ''Bio-Fleisch'': ein Schritt in die richtige Richtung oder ''ein leichterer Einstig zurück'' zum Essen von Tieren?

— Mit der Forderung von '' Anreizsysteme(n)' zur Nutzung nächstmöglicher Schlachthöfe'' (10) steht der VGT PETAs Verleihung seines ''Proggy Award'' an eine '''visionäre'' Schlachthus-Designerin in nichts nach. Siehe hierzu: ''Bio-Fleisch''

Marketing

Der VGT vermarktet Tierprodukte, die nach den Richtlinien von ''Tiergerechtigkeit'' produziert werden, mittels einer ''Kontrollstelle für artgemäße Nutztierhaltung'', die 1995 von drei Tierschutzvereinen in Österreich ''als neutrale und unabhängige Überwachungsorganisation ins Leben gerufen (wurde)'''. Aufgabe dieser Einrichtung ist die ''Kontrolle, Zertifizierung und Überwachung von Produktionsbetrieben sowie Groß- und Zwischenhändlern im Hinblick auf die Übereinstimmung mit den Richtlinien'' gemäß ''von Fachleuten entwickelten Kriterien rund um artgerechte Hühnerhaltung''. Produkte aus solcher Haltung werden mit dem geschützen Markenzeichen ''tierschutzgeprüft'' zertifiziert. (11)

Gütesiegel, welche die ''humane'' Behandlung von Tieren zertifizieren und von Tierschutzgruppen beworben werden, ermuntern die Bevölkerung zum Konsum von Tierprodukten, was zu einer Steigerung der Nachfrage nach diesen und zu erhöhten Profiten der Anbieter führt.

Als Balluch zusammen mit neun anderen Aktivisten im letzten Jahr verhaftet wurde und drei Monate im Gefängnis saß, wurde eine Reihe von offenen Briefen zur Unterstützung der Inhaftierten geschrieben. In einem davon lobt Toni Hubmann, ein ''Bio-Ei''-Landwirt, die Zusammenarbeit zwischen ihm, Balluch und zwei anderen Tierschützern, die seit 2002 in der oben erwähnten Kontrollstelle praktiziert wird. Hubmann schreibt: ''Jedwede Verbesserung oder Änderung im Nutztierbereich wurde von diesen Herren akzeptiert und im Einvernehmen mit den betroffenen Bauern und Vermarktern umgesetzt. Dies hat dazu geführt, dass die genannten Herren einen nicht unwesentlichen Anteil an der hohen Akzeptanz der Boden- und Freilandhaltung in Österreich haben.(...) Die Tierschutzorganisationen konnten mit ihren Mitarbeitern nicht nur Erfolge für die Weiterentwicklung des nationalen und internationalen Tierschutzes erzielen, sondern haben durch ihr Engagement mitgeholfen, zahlreichen kleinen bäuerlichen Betrieben ein ewirtschaftliche Existenz zu geben.'' (12) [Hervorhebung von uns]

Nachdem Produkte als ''tierschutzgeprüft'' zertifiziert wurden, werden sie in einem ''Einkaufsführer für Produkte aus artgemäßer Tierhaltung'' angepriesen: ''Der 'Verein gegen Tierfabriken' (VGT), der sich nunmehr seit mehr als fünf Jahren konsequent gegen die tierquälerische Massentierhaltung und die negativen Auswüchse der modernen Agrarindustrie für Tier und Mensch einsetzt, war andererseits auch immer die erste privat organisierte Ansprechadresse bei der Suche nach alternativen tierischen Produkten.'' ''Immer mehr Menschen bemühen sich daher um einen kulturellen Fortschritt im Umgang mit den Nutztieren und wollen ihnen als Gegenleistung für ihre 'Dienste' wenigstens ein erträgliches Leben vor dem Tod schenken.'' (13) Produkte ''aus artgemäßer Tierhaltung'' werden nicht nur angepriesen, sondern gelegentlich sogar an die Bevölkerung verteilt. (14)

Das System ändern, aber nicht das Denken?

Gegen die gesellschaftliche Verbreitung des Veganismus macht Balluch unter anderem geltend, dass ''viele Menschen, die vegan gelebt haben, in den Konsum von Tierprodukten zurückfallen.'' (15) Dafür gibt es allerdings mehr als ein Beispiel. Und dass dies so ist, hat wesentlich mit dem gesellschaftlichen Einfluss jener zu tun, die wie Balluch öffentlich verkünden, dass die vegane Lebensweise überaus ''mühsam'' und mit einem ''große(n) Energieaufwand'' verbunden ist. Aber solange Organisationen und Einzelne, die als Anwälte tierlicher Interessen wahrgenommen werden, an die Öffentlichkeit die Botschaft senden, dass das Konsumieren von Produtkten aus ''tiergerechter'' oder ''artgemäßer'' Haltung moralisch akzeptabel ist und unsere moralischen Verpflichtungen Tieren gegenüber mit der ''Humanisierung'' der Ausbeutung abgegolten sind, werden die meisten Veganismus erst gar nicht in Betracht ziehen.

Nach Balluch besteht die Aufgabe der Tierrechtsbewegung nicht darin, das Denken der Menschen, ihre Einstellung zu Tieren zu ändern, sondern ''das System'': ''Die Einstellung selbst der Mehrheit der Bevölkerung ist dahingegen sekundär.'' Mit dieser Auffassung befindet sich die Politik des VGT in voller Übereinstimmung. Sie ändert das Denken der Menschen nicht, sondern bestärkt sie in der Vorstellung, dass wir Tiere wirksam schützen und glechzeitig nutzen können. Aber ohne die Einstellung der Menschen gegenüber Teiren zu verändern, wird das ''System'', das aus Menschen besteht, sich niemals ändern.
Kämpfen für Tierrechte oder Ringen um Marktanteile? Der ''Feind'' ist ein Partner

In seiner Programmschrift führt Balluch aus, dass

— der Kampf um Tierrechte zwischen der Tierrechtsbewegung und der Tierindustrie als dem ''einzigen Feind im politischen Konflikt um die Erreichung von Tierrechten'', ausgetragen wird, wobei jede Partei die Öffentlichkeit, die diesem Konflikt zunächst unbeteiligt gegenüber steht, auf ihre Seite zu ziehen versucht;

– es das vordringliche Ziel der Tierrechtsbewegung sein muss, politischen Druck auszuüben, um schrittweise Reformen durchzusetzen, welche die Tierindustrie schwächen und schädigen.

Vor dem Hintergrund des oben Gesagten lässt sich allerdings schwer erkennen, inwiefern die Aktivitäten des VGT geeignet sein sollen, die Tierindustrie zu schwächen und zu schädigen. Wenn zwei Parteien so unentwirrbar verfilzt sind, wie es bei Tierschutz und Tierindustrie offensichtlich ist, dann kann diese Beziehung schwerlich als ''Konflikt'' beschrieben werden, sondern vielmehr als symbiotisch, zwei Seiten eines Ausbeutungssystems darstellend, mit der Folge, dass es für die Tiere keine Rolle spielt, auf wessen Seite sich die Öffentlichkeit schlägt. Temple Grandin, die ''visionäre'' Schlachthaus-Designerin, drückte es am treffensten aus, als sie feststellte, dass ''die richtige Handhabung von zu schlachtenden Tieren.. 'die Fleischindustrie sicher, effizient und rentabel am Laufen hält.'''(16)

Der Bio-Sektor landwirtschaftlicher Tierhaltung ist offenkundig nicht gemeint mit dem ''einzigen Feind'', welcher der Verwirklichung von Tierrechten im Weg steht. Aber es ist, mehr als alles andere, die Partnerschaft zwischen Tierschutz und Tierindustrie, die der Abschaffung der Tierausbeutung im Weg steht, weil in ihr beide Seiten gleichermaßen als Tierausbeuter figurieren. Es gibt keinen moralisch relevanten Unterschied zwischen einem ''Käfigei'' und einem ''Freilandei'' oder zwischen Fleisch von einem Schwein, das auf Spaltenboden, und einem, dass auf Sroh gehalten wurde. Wer die Nachfrage nach Tierprodukten fördert, ist nicht weniger ein Tierausbeuter als der, der sie deckt. Werbung für Tierprodukte zu machen behandelt Tiere ebenso als Ware, wie Produzenten und Konsumenten es tun. Es ist ebenso unmoralisch. Eine unmoralische Einrichtung – die Tierindustrie – kann nicht durch eine andere unmoralische Einrichtung – Tierschutz – bekämpft werden.

Organisationen wie der VGT sind die stärkste gesellschaftliche Kraft gegen die Verbreitung des Veganismus und die davon abhängige Abschaffung der Tierausbeutung.

KritikerInnen des Neuen Tierschutzes wird oft vorgeworfen, sie sprächen andersdenkenden AktivistInnen ihre ehrliche Überzeugung und guten Absichten ab. Darum geht es nicht. Es geht darum, zu beurteilen, ob das, was jemand tut, in einem logisch nachvollziehbaren, glaubhaften Zusammenhang mit dem steht, was er damit erreichen zu wollen behauptet. Dazu gehört das kritische Reflektieren auf die strukturellen Bedingungen seines Handelns, unter welchen dieses mit dem erklärten Ziel in Widerspruch geraten kann.

Allgemein gesagt kann eine Organisation, deren Tätigkeit Kosten verursacht, für deren Deckung sie auf Mitgliedsbeiträge und Spenden angewiesen ist, nicht unabhängig von den Interessen und Zielen ihrer Mitglieder und Spender agieren. Um fortzubestehen und zu wachsen, muss eine solche Organisation in Übereinstimmung mit den Interessen derjenigen handeln, deren Zuwendungen ihre finanzielle Basis bilden.

In Kontext von Tieranwaltschaft bedeutet dies: In einer Gesellschaft, in der 99 Prozent der Bevölkerung Tiere nutzen, hauptsächlich dadurch, Tierprodukte zu konsumieren, und dies für so notwendig, zumindest aber für so unproblematisch halten wie Atmen und Wasser trinken, rekrutiert sich die Mehrheit der Mitglieder und SpenderInnen einer Organisation, die als Anwalt für Tiere auftritt, zwangsläufig aus TiernutzerInnen. Dies wäre nur anders, wenn die Tätigkeit dieser Organisation ausschließlich und unzweideutig auf die gesellschaftliche Verbreitung des Veganismus gerichtet wäre oder wenn die Akzeptabilität von Mitgliedern, SpenderInnen und SponsorInnen an deren Veganismus gekoppelt wäre. Wo dies nicht der Fall ist, wird die Organisation unweigerlich im Sinne derer handeln, die Tiere nutzen und die, ohne Aufklärung darüber, warum es moralisch falsch ist, Tiere zu nutzen, dies auch weiterhin zu tun wünschen.

Mit anderen Worten, das Ziel, die Nutzung von Tieren abzuschaffen, kann von besagter Organisation aus Gründen ihrer Selbsterhaltung gar nicht ernsthaft verfolgt werden. Es ist mit den Bedingungen der Möglichkeit ihres Bestehens grundsätzlich unvereinbar. Und eine Einrichtung, welche die Grundlage der wirtschaftlichen Existenz von FunktionärInnen und Angestellten bildet oder von der diese in irgendeiner Weise wirtschaftlich profitieren, kann nicht als eine gedacht werden, die darauf angelegt ist, sich selbst ''überflüssig'' zu machen durch die Besteigung dessen, was sie vermeintlich notwendig macht. Deshalb geht die Politik einer mehrheitlich von NichtveganerInnen getragenen Organisation darauf aus, die Nutzung von Tieren moralisch akzeptabel erscheinen zu lassen, was Menschen ein gutes Gewissen dabei, es zu tun, verschafft.

Dass das Eintreten für Tiere, um auf die Abschaffung der Tierausbeutung hinarbeiten zu können, von finanzieller Unterstützung durch jene unabhängig sein muss, die an fortgesetzter Tiernutzung interessiert sind, versteht sich eigentlich von selbst. Oder sollte es zumindest. Eine Organisation, die für ihr Fortbestehen von der finanziellen Unterstützung durch jene, deren Interessen dem erklärten Ziel ihrer Politik entgegenstehen, abhängig ist, befindet sich in einem strukturellen Interessenkonflikt, der das, was die VertreterInnen der Organisation zur Verteidigung ihrer Politik vorbringen, ernsthafter Erwägung unwert macht.


Quellen: (Die URLs der die Aktivitäten des VGT betreffenden Quellen wurden nach dem Erscheinen dieses Essays geändert.]

(1) '' One of the reasons why abolitionism inevitably involves a critique of animal welfare is that, every time a new animal welfare law gets passed, the property status of other animals is that much more codified and entrenched.'' Jeff Perz in in einem nur Mitgliedern zugägnlichen Forum.
http://www.animalrightscommunity.com/abolitionists/viewtopic.php?f=7&t=287&st=0&sk=t&sd=a&start=20

(2) ''More and more regulations add a regulating structure to animal exploitation supported eventually by more bureaucracy, more inspector jobs, and more ‘legitimacy’ to the entire enterprise, entrenching animals ever deeper into property and commodity status.'' Dan Cudahy, ''Abolitionism versus New Welfarism: A Contrast in Theory and Practice''
http://unpopularveganessays.blogspot.com/

(3) Abschaffung versus Reform
http://www.vegan.at/warumvegan/tierrechte/abschaffung_vs_reform.html

(4) Abolitionism versus Reformism
http://www.vgt.at/publikationen/texte/artikel/20080325Abolitionism/index_en.php

(5) ''Stroh macht froh''
http://www.vgt.at/presse/news/2008/news20080314.php

(6) Freiland-Huhn
http://www.vgt.at/presse/news/2004/news20040409.php
Freiland-Kaninchen
http://www.vgt.at/publikationen/infomaterial/Kaninchen/071112_FB_kaninchen.pdf

(7) Ethische Alternative
http://www.vgt.at/presse/news/2004/news20040413.php

( 8) Good Egg Award
http://www.vgt.at/presse/news/2007/news20070321.php

(9) ''Lieber John, *
die unterzeichneten Tierschutz- und Tierrrechtsorganisationen möchten ihre Wertschätzung und Unterstützung für die bahnbrechende Initiative zum Ausdruck bringen, die von Whole Foods Market mit seinen Animal Compassionate [Mitgefühl für Tiere] Normen unternommen hat. Wir hoffen und erwarten, dass diese Normen das Leben von Millionen von Tieren verbessern wird.''
* John Mackey, Geschäftsführer von Whole Foods Market
http://www.abolitionistapproach.com/media/pdf/pr_01-24-05.pdf

(10) Anreizsysteme
http://www.vgt.at/presse/news/2008/news20080828.php

(11) Kontrolstelle
http://www.vgt.at/presse/news/2004/news20040401.php

(12) Offener Brief
http://www.vgt.at/actionalert/repression/prominente/offener%20Brief%20Toni%20Hubmann%20Juni%202008.pdf

(13) Einkaufsführer
http://www.vgt.at/presse/news/1997/news026.php

(14) ''Zusätzlich werden für die Passanten Flugblätter und 'Toni's Freiland-Ostereier' in Vierer-Packungen verteilt!''
http://www.vgt.at/presse/news/1998/news046.php

(15) ''Many people, who did turn vegan, fall back to consuming animal products.''
http://www.vgt.at/publikationen/texte/artikel/20080325Abolitionism/index_en.php

(16) ''According to Grandin, proper handling of animals that are to be slaughtered 'keep[s] the meat industry running safely, efficiently and profitably.'''
Gary L. Francione, Abolition of Animal Exploitation: The Journey Will Not Begin While We Are Walking Backwards
[''Die Reise beginnt nicht, solange wir uns rückwärts bewegen'']

Nachtrag:
KritikerInnen des Neuen Tierschutzes wird oft vorgeworfen, sie sprächen anders denkenden AktivistInnen ihre ehrliche Überzeugung und guten Absichten ab. Darum geht es nicht. Es geht darum, zu beurteilen, ob jemandes Handeln in einem logisch nachvollziehbaren, glaubhaften Zusammenhang mit dem Ziel steht, das er damit zu verfolgen behauptet. Dies erfordert kritisches Reflektieren auf die strukturellen Bedingungen jenes Handelns ein, unter welchen dieses mit dem erklärten Ziel in Widerspruch geraten kann.

Allgemein gesagt kann eine Organisation, deren Tätigkeit laufende Kosten mit sich bringt, die mit Mitgliedsbeiträgen und Spenden gedeckt werden, nicht unabhängig von den Interessen und Zielen ihrer Mitglieder und Spender agieren. Um fortbestehen zu können, muss eine solche Organisation in Übereinstimmung mit den Interessen derjenigen handeln, deren Zuwendungen ihre wirtschaftliche Basis bilden.

In Kontext der Anwaltschaft für Tiere bedeutet dies: In einer Gesellschaft, in der 99 Prozent der Bevölkerung Tiere nutzen, hauptsächlich dadurch, Tierprodukte zu konsumieren, und dies für so notwendig, zumindest aber für so normal und natürlich halten wie Atmen und Wasser trinken, rekrutiert sich die Mehrheit der Mitglieder und SpenderInnen einer Organisation, die als Anwalt für Tiere auftritt, zwangsläufig aus TiernutzerInnen. Dies wäre nur anders, wenn die Tätigkeit dieser Organisation ausschließlich und unzweideutig auf die gesellschaftliche Verbreitung des Veganismus gerichtet wäre oder wenn die sie nur vegane Mitglieder, SpenderInnen und SponsorInnen akzeptieren würde. Wo dies nicht der Fall ist, wird besagte Organisation unweigerlich im Sinne derer handeln, die Tiere nutzen und die, ohne Aufklärung darüber, warum es moralisch falsch ist, Tiere zu nutzen, dies auch weiterhin zu tun wünschen.

Mit anderen Worten, das Ziel, die Nutzung von Tieren abzuschaffen, kann von einer solchen Organisation aus Gründen ihrer Selbsterhaltung gar nicht ernsthaft verfolgt werden. Es ist mit den Bedingungen der Möglichkeit ihres Bestehens prinzipiell unvereinbar. Und eine Einrichtung, welche die Grundlage der wirtschaftlichen Existenz von FunktionärInnen, ManagerInnen u. a. Angestellten bildet oder von der diese in irgendeiner Weise wirtschaftlich profitieren, kann nicht als eine gedacht werden, die darauf angelegt ist, sich selbst ''überflüssig'' zu machen durch die Besteigung dessen, was sie vermeintlich notwendig macht. (Menschen, die für diese Einrichtungen arbeiten, haben finanzielle Verpflichtungen, die sie völlig abhängig von dem aus dieser Tätigkeit erzielten Einkommen machen.) Deshalb wird die Politik der Organisation darauf angelegt sein, der Öffentlichkeit so weit wie möglich entgegenzukommen, um einen steten Fluss finanzieller Unterstützung, hauptsächlich in Form von Mitgliedsbeiträgen und Spenden, zu sichern. Dies wird erreicht durch Kampagnen, welche die Nutzung von Tieren moralisch akzeptabel erscheinen zu lassen, um Menschen ein gutes/ besseres Gewissen dabei, es zu tun, zu verschaffen.

Das Eintreten für Tiere, das auf die Abschaffung der Tierausbeutung zielt, muss von finanzieller oder anderweitiger Unterstützung durch diejenigen unabhängig sein, die daran interessiert sind, Tiere fortgesetzt auszubeuten. Dies gilt für Einzelpersonen ebenso wie für Gruppen, und auch für ehrenamtlich Tätige. Eine Einzelperson oder Gruppe, die nicht unabhängig von der Unterstützung durch jene ist, deren Interessen dem erklärten Ziel ihrer Politik entgegenstehen, befindet sich in einem manifesten Interessenkonflikt, den die Person oder Gruppe dadurch zu umgehen sucht, dass sie ihr eigenes Interesse mit dem der Tiere gleichsetzt. Dabei handelt es sich natürlich um eine eigennützige Rationalisierung.

Ebenso wie es eine Selbsttäuschung wäre, einen Politiker zuzubilligen, dass er etwas Ernstzunehmendes über eine politische Angelegenheit zu sagen hat, aus der er einen finanziellen Nutzen zieht, beraubt der Interessenkonflikt, in dem sich Anwälte der Tiere befinden, das, was sie zur Verteidigung ihrer Politik zu sagen haben, der Autorität, deren es bedarf, um ernsthafter Erwägung wert zu sein.