Liebe KollegInnen,
am vergangenen Wochenende hielt JAINA, die Föderation jainistischer Vereine in Nordamerika, ihre 15., alle zwei Jahre stattfindende Tagung ab. Diese fand in Los Angeles im Jain Center of Southern California [Jain-Zentrum in Südkalifornien] statt, das eines der schänsten Gebäude ist, die ich je in Amerika gesehen habe.
Das Thema der Tagung war ''Ökologie. Der jainistische Weg''. Die Wahl dieses Themas reflektiert einen zentralen Schwerpunkt jainistischer Tradition: dass alles Leben verbunden ist in gegenseitiger Unterstützung und Abhängigkeit.
Jainismus ist eine den meisten Nordamerikanern wenig bekannte spirituelle Tradition, die im Allgemeinen sehr missverstanden wird. Zu versuchen, Jainismus in einem Blogessay vorzustellen, würde in einer trivialen Darstellung resultieren, die unmöglich einer unglaublich reichen spirituellen Tradition gerecht werden könnte, die Buddhismus und Hinduismus vorausgeht und fraglos eine der ältesten spirituellen Traditionen der Welt ist. Ich werde dennoch den Text einer kurzen Erklärung wiedergeben, vorbereitet und verbreitet von Yogendra Jain der, zusätzlich dazu, ein JAINA-Vizepräsident zu sein, eine Website mit dem Namen Jain Link betreibt:
Jainismus ist eine Religion und eine Lebensweise. Seit Tausenden von Jahren praktizieren Jains Vegetarismus, Yoga, Meditation und Umweltschutz. Jains haben drei Kernpraktiken:Diese Erklärung, die Yogendra auf Karten von der Größe einer Visitenkarte verbreitet, soll sicherlich keine erschöpfende oder vollständige sein, sondern lediglich eine sehr kurze Beschreibung der drei zentralen Prinzipien, die Jainismus kennzeichnen.
Gewaltlosigkeit ist Mitgefühl und Vergeben in Gedanken, Worten und Taten gegenüber allen lebenden Wesen. Aus diesem Grund sind Jains Vegetarier.
Nicht-Absolutheit ist das Respektieren der Anschauungen anderer. Jains ermutigen Dialog und Harmonie mit anderen Glaubensbekenntnissen.
Nicht-Besitzergreifen ist das Ausbalancieren von Bedürfnissen und Wünschen im Losgelöstsein von Besitztümern.
Jains glauben an die Existenz einer Seele – in jedem lebenden Wesen –, die ewig und göttlich ist. Die JAINISTISCHE LEBENSWEISE (JAIN WAY OF LIFE (JWOL)) respektiert und ehrt alle lebenden Wesen durch das Praktizieren von Gewaltlosigkeit, Nicht-Absolutheit und Nicht-Besitzergreifen. Wir sind alle voneinander abhängig und durch eine jainistische Lebensweise können wir Frieden und Spiritualität in unser Leben und denen um uns bringen.
Jains sind nicht-absolutistisch, aber sie sie sind mit Sicherheit keine Relativisten; das heißt, sie erkennen an, dass es eine Wahrheit gibt, dass diese aber oft komplex ist. Etwas, das Jains als absolute Wahrheit akzeptieren, ist das Prinzip Ahimsa oder Gewaltlosigkeit, welche tatsächlich die bedeutendste Idee des Jainismus ist. Viele Jains sprechen von ihrer Religion als der ''Religion der Gewaltlosigkeit.''
Da sie Ahimsa befolgen, essen Jains kein Fleisch, keinen Fisch, keine Eier, keinen Honig. Es gibt eine zunehmend stärkere Bewegung innerhalb des Jaimismus hin zu striktem Vegetarismus und der Ablehnung des Gebrauchs von Tierprodukten für Bekleidung oder andere Zwecke. Einer der prominentesten lebenden spirituellen Führer im Jainismus ist Gurudev Chitrabhanu, ein sehr strikter Veganer. Es gibt keine andere spirituelle Tradition, die so sehr auf Tiere gerichtet ist wie Jainismus. Nicht nur befürworten Jains Vegetarismus (und zunehmend Veganismus), sie sind auch die Kraft hinter den meisten in Indien geleisteten praktischen Arbeit, um Tieren zu helfen, insbesondere in Tierheimen.
Mir wurde die große Ehre zuteil, die Eröffnungsrede des diesjährigen Kongresses zu halten. Wie Sie wohl erwartet haben mögen, sprach ich über Veganismus und die Notwendigkeit anzuerkennen, dass das Prinzip Ahimsa erfordert, dass wir uns der Verwendung aller Tierprodukte enthalten.
Es waren mehr als 2000 Teilnehmer auf dem Kongress und sie nahmen meine Rede [1]und meine Ansichten zum Vegansimus mit beträchtlicher Begeisterung auf. Über die vier Tage, die ich dort war, sprach ich mit Hunderten von Menschen, die erkennen ließen, dass sie mit mir darin übereinstimmten, dass Veganismus der rechte Weg der Anerkennung von Ahimsa ist. Mindestens ein Dutzend Menschen sagten mir, dass sie an Ort und Stelle Veganer werden würden!
Obwohl das während der Veranstaltung servierte Essen nicht vollständig vegan war, war es doch überwiegend vegan, und allen Vegnaern wurde weitreichend und respektvoll entgegengekommen.
Ich habe es ausgiebig genossen, auf dem Kongress zu sein, und ich akzeptiere die jainistische Lebenssweise – die vegane Variante natürlich. Ich ermutige Sie alle, diese spirituelle Tradition zu erkunden. Es gibt eine großartige Website, die (kostenlos) den vollständigen Inhalt einer großen Zahl Bücher in Englisch (und anderen Sprachen) bietet.
Jene von Ihnen, deren Auffassung von Tierrechten und die Abschaffung der Tierausbeutung wie meine letztlich auf Gewaltlosigkeit basieren, sind wahrscheinlich schon Jains, ohne es zu wissen.
Gary L. Francione
© 2009 Gary L. Francione
P:S. Ich bekomme fortgesetzt Emails von Konferenzteilnehmern, die Veganer werden. Ein Kommentar:
Ich war skeptisch, als Sie sagten, Chai schmecke ebenso gut mit Sojamilch wie mit Kuhmilch. Ich bin 63 Jahre alt und habe niemals Tee ohne Milch getrunken. Ich habe probiert, was Sie empfohlen haben (Seidentofu im roten Karton). Es war köstlich. Ich kann jetzt vegan leben, ohne etwas zu entbehren (obwohl ich das sowieso getan hätte, nachdem ich Ihren Vortrag gehört habe).P.P. S. Mich erreichen immer noch die positiven Reaktionen von denen, die am Kongress teilgenommen haben. Die Menschen waren eindeutig empfänglich für die vegane Botschaft. Wenn Sie ein Video der Präsentation sehen wollen, es wurde gerade dem Text hinzugefügt, und Sie können es sehen, indem Sie auf ''Rede'' klicken.
[1] Anm. d. Übers.: Die Rede ist im Originaltext unter ''talk'' verlinkt.