Friday, 31 July 2009

Kreative, gewaltlose Aufklärung über Veganismus — einfach und effektiv

von Gary L. Francione Blog

Liebe KollegInnen,

kürzlich habe ich mehrere Essays (z. B. 1, 2, 3) zu verschiedenen Wegen, in kreativer, gewaltloser Weise über Veganismus aufzuklären, gepostet. Ich bin daran interessiert, für die Bandbreite des Aktivismus Werbung zu machen. Also habe ich eine Notiz auf Facebook gepostet und die Leute gebeten, mir über ihre Bemühungen, kreativ und gewaltlos über Veganismus aufzuklären, zu berichten. An einem Tag erhielt ich Dutzende vorzüglicher Antworten.
Hier sind einige:

* Eine Anzahl von Leuten berichtete über eine Menge Erfolg mit Aufklärungsarbeit auf Facebook oder anderen sozialen Vernetzungswebsites wie auch auf eigenen Websites und durch Blogs und Videos. Kommentar: All diese Medien sind von unschätzbarem Wert. Ich habe in der Vergangenheit über die beachtlichen Leistungen und den erstaunlichen Erfolg des Vegan-Freak-Podcasts und der VF-Foren wie auch über die Bemühungen anderer Aktivisten geschrieben, die das Internet wirksam nutzen. Es gibt jetzt eine Anzahl ausgezeichneter Blogs und Websites, die auf den abolitionistischen Ansatz ausgerichtet sind. Bevor wir das Internet hatten, kontrollierten die großen Tieranwaltschaftsgruppen, die alle Tierschutz machen, die Kommunikation, indem sie entschieden, was in Mitteilungsblättern oder Magazinen erschien oder wer auf Konferenzen interviewt wurde. Es gab keinen praktischen, kostengünstigen Weg für jene, die mit dem Tierschutzansatz nicht übereinstimmten, einander zu finden und miteinander zu kommunizieren. Das Internet hat das geändert. Die großen Organisationen werden zunehmend irrelevant, da sich alternative Gemeinschaften formieren. Darüber hinaus erlauben uns Medien wie Skype und andere Instrumente, mit geringen Kosten audiovisuellen Kontakt zu haben. Letzte Woche hielt ich über Skype eine Vortrag in Dublin, Irland – von meinem Büro zuhause!

* Viele Leute machen, was ich ''Essensaktivismus'' nenne – sie laden Familie, Freunde und Mitglieder der Gemeinde dazu ein, veganes Essen zu probieren, zu dem Zweck, das Gerücht zu zerstreuen, dass veganes Essen langweilig, geschmacklos, reizlos, nicht befriedigend usw. sei. Menschen tun dies in einer Vielzahl von Kontexten: einige veranstalten vegane Partys bei sich zuhause; andere geben Geburtstagspartys in veganen Restaurants oder bestehen darauf, wenn sie mit anderem essen gehen, dass der Treffpunkt ein veganes Restaurant ist; einige bieten auf Tischen vegane Kostproben bei Veranstaltungen der lokalen Gemeinde an oder bringen veganes Essen mit an ihren Arbeitsplatz, um es mit anderen zu teilen. Mehrere Leute erwähnten, dass sie das Essen von verschiedenen Formen von Information begleitet sein lassen (einschließlich unseres Flugblatts und unserer Videos zum abolitionistischen Ansatz), auf dass sie nicht nur den Magen, sondern auch den Kopf (und hoffentlich das Herz) erreichen. Kommentar: ''Essensaktivismus'' ist äußerst wichtig.

Wir leben in einer Welt, in der essen nicht nur etwas ist, das wir tun, um zu leben, essen hat auf mehreren komplexen Ebenen symbolischen Stellenwert. Eine dieser Ebenen betrifft unser Zelebrieren unserer vermeintlichen ''Überlegenheit''. Drei Mal am Tag (oder häufiger) zelebrieren wir unsere Macht und das Konzept von Hierarchie durch das Essen von Tierfleisch und Tierprodukten, von denen wir wissen, dass sie das Ergebnis von Leiden und Tod sind. In einem gewissen Sinn ist Essen für die meisten von uns ein spiritueller Akt einer düsteren Art – es ist das Abendmahl der Gewalt. Wenn es uns gelingt, den Akt des Essens vom Gewaltkonzept zu entkoppeln, können wir die Welt ändern. Essensaktivismus ist wesentlich.

* Ein Aktivist berichtete, dass er mit anderen zusammen daran arbeitet, eine Weltfrieden-Yoga-Konferenz vom 23. bis 25. Oktober auf die Beine zu stellen mit Menschen, die aus der ganzen Welt zusammenkommen, um von Veganismus, Tiersklaverei, Gesundheit, einer friedlichen Welt, Ahimsa und mehr zu hören und darüber zu reden. Kommentar: Obgleich es jede Menge ''Konferenzen für Tiere'' zu besuchen gibt (in der Tat könnte das Besuchen dieser Konferenzen ein Vollzeitjob sein), fördern sehr wenige eine klare und unzweideutige, Gewaltlosigkeit und Veganismus verknüpfende Botschaft.

* Ein Musiker erwähnt Veganismus in den Deckblattnotizen seines in Kürze erscheinenden Albums; ein Künstler bietet eines seiner Werke einem Nichtveganer an, der sich verpflichtet, einen Monat lang vegan zu leben (und mit vegan ist gemeint, dass der Empfänger Tiere weder konsumiert noch als Kleidung oder sonst in irgendeiner Weise gebraucht und keine Zoos etc. besucht); eine Aktivistin berichtete, dass sie zusammen mit ihrem Partner für drei Tage an einem öffentlichen Ort in einem kleinen Käfig saß, Informationsliteratur darüber, warum alle Eier Leiden einschließen, verteilte und die Menschen dazu ermunterte, vegan zu leben. Kommentar: Kunst, einschließlich gewaltlosen, nicht sexistischen Straßentheaters, ist wichtig, weil so viel von unserer Kultur über Kunst vermittelt wird. Die Bedeutung von Künstlern, die ihre vielfältigen Medien nutzen, um die vegane/ abolitionistische Botschaft zu vermitteln, kann nicht überschätzt werden.

* Ein Aktivist berichtete, dass er ein Netzwerk von Leuten entwickelt, welche die gebührenfreie Nummer einer Supermarktkette anrufen und darum ersuchen, dass die Läden Tofu führen. Er sagte, dass wann immer er in einen Laden gehe, er nach veganen Produkten frage, selbst wenn er wisse, dass sie keine haben. Er möchte, dass die Geschäftsinhaber wissen, dass es einen Bedarf gibt, den sie nicht erfüllen. Kommentar: Eine tolle Idee. Wir müssen den Geschäftsinhabern zur Kenntnis bringen, dass sie keine veganen Produkte führen und dass es Nachfrage nach solchen Produkten gibt. Wenn es einen Laden am Ort gibt, der nur vegane Artikel verkauft, sollten wir diesen Laden unterstützen (ebenso wie wir vegane Restaurants unterstützen sollten). Aber viele Menschen haben kein solches Geschäft am Ort, und große Ketten über vegane Nachfrage aufzuklären ist in jedem Fall eine sehr gute Sache.

* Verschiedene Aktivisten berichteten, dass sie lokale, unabhängige vegane/abolitionistische Gruppen gegründet haben, die Infomaterial produzieren und verbreiten, Essensstände betreiben etc. Einige Aktivisten haben keine formale Organisation, aber Infotische und verbreiten anderweitig Literatur über Veganismus. Kommentar: Die ''Bewegung für Tiere'', wie sie gegenwärtig existiert, ist zum größten Teil eine Oligarchie wohlhabender Tierschutzorgaisationen, die Aktivismus auf das Ausstellen eines Schecks – ausgestellt an sie – reduziert haben. Wir brauchen Anwälte der Tiere, die sich selbst zuerst und vor allem als Unterstützung und Aufklärung bietend sehen, so dass jeder führend aktiv werden kann. Wenn wir jemals das Paradigma von Gewalt und Ausbeutung wegbewegen sollen, müssen die Menschen erkennen, dass jeder einzelne Verantwortung übernehmen muss. Lokale, unabhängige Organisationen und unabhängige Aktivisten, die Infotische machen oder anderweitig Literatur oder veganes Essen verteilen, können sehr viel dazu beitragen.

* Eine Aktivistin sagte, dass sie auf ihrem Nummernschild ''VEGANMOM'' [VEGANE MUTTI] stehen hat. Kommentar: Derlei vermag mehr Diskussion anzustoßen, als Sie denken. Jedes Mal, wenn diese Aktivisten Auto fährt, sagen Leute: 'Hey, schau mal das Nummernschild', und in einer guten Zahl von Fällen heben Diskussionen an mit Leuten, die so etwas sagen wie: 'Schau mal das Nummernschild – weißt Du, ich fühle mich immer so komisch, wenn ich Fleisch esse' oder 'Weißt Du, was mit Milchkühen passiert?'

* Eine Reihe von Anwälten der Tiere berichteten, dass sie einfach nur mit jedem – Familie, Freunden, Mitschülern, völlig Fremden, denen sie in einem Laden begegnen – über Veganismus und Tierausbeutung reden, mit jedem, mit dem sie reden können, dass sie sich bemühen, Menschen für die Substanz der Argumente einzunehmen. Kommentar: Dies ist in mehrfacher Hinsicht die schwierigste Form der Anwaltschaft für Tiere. Die meisten von uns fühlen sich ohnehin entfremdet; viele von uns sind schüchtern und die Entfremdung verschlimmert das Unbehagen, mit Fremden zu reden – oder selbst mit Freunden und der Familie, die denken, dass unser Verpflichtung zu ethischem Veganismus absonderlich ist. Aber diese Form von Aktiviamus ist wesentlich, so schwierig sie auch sein mag. Ich möchte, dass Sie drei Dinge bedenken:

Erstens, seien Sie dankbar dafür, sich entfremdet zu fühlen. Schließlich ist die Alternative, sich wohl zu fühlen in einer Welt totalen Irrsinns und erbarmungsloser Gewalt. Bejahen Sie Ihr Gefühl der Entfremdung, es ist ein Anzeichen mentaler und spiritueller Gesundheit. Zweitens, wie unbehaglich immer Sie sich fühlen, denken Sie an das Leiden, das wir Tieren (und wehrlosen Menschen) auferlegen. Wie unwohl auch immer wir uns jederzeit fühlen, es gibt Milliarden von Wesen, die mit uns tauschen würden, wenn sie könnten. Sehen Sie es im richtigen Verhältnis.

Drittens, für jene von Ihnen, die sich bezüglich der stichhaltigen Argumente nicht sicher sind – diese zu liefern war und ist der vorrangige Beweggrund dieser Website. Wir bemühen uns, Sie mit dem Rüstzeug auszustatten, das Sie brauchen, um andere aufzuklären. Wir haben unser Flugblatt zum abolitionistischen Ansatz (verfügbar in 12 Sprachen), wir haben Videopräsentationen, die sich auf wesentliche Fragen konzentrieren wie Die Theorie der Tierrechte und Tierrechte vs. Tierschutz; wir haben eine FAQ-Abteilung [frequently asked questions: häufig gestellte Fragen], wir haben diese Essays (jetzt mehr als 100); all dies ist dazu gedacht, Ihnen zu helfen, das zu lernen, was Sie brauchen, um sich jeder aufkommenden Frage zuzuwenden.

Es gibt eine Art von Aktivismus, die in den Posts auf Facebook nicht erwähnt, mir aber privat berichtet wurde. Jemand schrieb mir und fragte:
Ist das Sorgen für ein einzelnes Tier eine abolitionistische Handlung?
Meine Antwort: Absolut! Die abolitionistische Position ist, dass wir aufhören, domestizierte Tiere in die Welt zu setzen. Aber was ist mit denen, die jetzt existieren? Haben wir keine Verpflichtung ihnen gegenüber angesichts dessen, dass sie wegen unserer Selbstsucht und moralischen Blindheit existieren? Meiner Ansicht nach ist die Antwort klar.

Deshalb unterstütze ich Organisationen wie Peaceful Prairie Sanctuary, Gruppen, die TNR-(''trap, neuter, return'') [einfangen, kastrieren, zurückbringen] machen, wie The Animal Spirit / Homeless Animal Lifeline [Seele der Tiere / Rettungsleine für heimatlose Tiere] und Tierheime, die keine Tiere töten. Deshalb haben wir vier gerettete Hunde, die mit uns leben (und wir hatten zeitweilig bis zu sieben). Alle diese Tiere sind Flüchtlinge in einer Welt, in die sie nicht hineinpassen und in der sie dank uns nicht für sich selber sorgen können. Also, ja, das Sorgen für einzelne Tiere ist nicht nur in Übereinstimmung mit der abolitionistischen Tierrechtsposition, es ist, soweit es nach mir geht, ein integraler Bestandteil davon.

Dies sind, in wenigen Worten, die Antritten, die ich an einem Tag bekommen habe. Bedenken Sie, wie viel getan wird ohne große Organisationen mit einem Millionen-Dollar-Budget, die für die ''Bio-Fleisch/Milch/Eier''-Bewegung verantwortlich sind und die die Öffentlichkeit sich beim fortgesetzten Konsum von Tierprodukten wohler fühlen lassen.

Es wird deutlich, dass es ein in Erscheinung tretendes Netzwerk vegan/abolitionistischer Anwälte der Tiere gibt, die mit wenig anderen Mitteln als ihrem Mitfühlen und ihrer Kreativität die Welt in gewaltloser Weise verändern wollen und dies tun. Wenn ich daran denke, wie viele Menschen schon allein durch die in diesem Essay Erwähnten beeinflusst worden sind, wird mir klar, dass wenn alle ''Tierschutzleute'' mit einer gewaltlosen veganen Stimme sprächen, wir eine höchst dramatische Wirkung auf das Leiden und Sterben von Tieren haben könnten, sowohl kurzfristig als auch in der Herausbildung einer neuen Friedensbewegung, die alle Gewalt zurückweist – einschließlich der Gewalt, die damit beginnt, was wir essen, anziehen und auf unseren Körpern anwenden.

Gary L. Francione
© 2009 Gary L. Francione