Thursday 8 May 2008

Aufklärung über Veganismus leicht gemacht – Teil 2

gepostet von Gary L. Francione in Blog

Ein Freund stellte mir kürzlich folgende Frage: “Was sagst Du Leuten, die Veganer sind und die andere über Veganismus aufklären, die aber auch über Zirkus, Jagd und andere bestimmte Formen der Tierausbeutung besorgt sind? Rätst Du ihnen, diese Probleme gar nicht anzusprechen und sich nur auf Veganismus zu konzentrieren?“

Natürlich nicht.

Es ist freilich der Fall, dass ich Anwälten der Tiere nicht dazu rate, ihre Zeit und Ressourcen auf Einzelthema-Kampagnen zu verwenden. Der Grund ist simpel: Einzelthema-Kampagnen vermitteln immer den Eindruck, dass einige Formen der Tierausbeutung von anderen moralisch unterscheidbar oder schlimmer sind oder für besondere Kritik herausgegriffen werden sollten. Zum Beispiel vermittelt eine Kampagne gegen Pelz den Eindruck, dass es einen moralisch relevanten Unterschied zwischen Pelz und anderer aus Tieren hergestellte Bekleidung wie Leder oder Wolle gibt. Eine Kampagne gegen das Essen von Tierfleisch vermittelt den Eindruck, dass Fleischessen moralisch mehr zu beanstanden ist als das Trinken von Milch oder das Essen von Eiern. Eine Kampagne gegen konventionelle Batterie-Eier suggeriert, dass “käfigfreie“ Eier moralisch wünschenswert sind.

Dieses Problem wohnt Einzelthema-Kampagnen inne in einer Gesellschaft, in der Tierausbeutung als normal betrachtet wird. Wenn in einer Gesellschaft X, Y und Z alle als normale Praktiken erachtet werden und eng miteinander verbunden sind, dann suggeriert eine Kampagne gegen X, aber nicht gegen Y und Z, dass es irgendeinen relevanten Unterschied zwischen X auf der einen Seite und Y und Z auf der anderen gibt. Zum Beispiel leben wir in einer Gesellschaft, in der es als normal oder “natürlich“ angesehen wird, Tierfleisch und andere Tierprodukte zu essen. Eine Kampagne, die sich auf Fleisch konzentriert, vermittelt den Eindruck, dass es einen moralischen Unterschied zwischen Fleisch und anderen Tierprodukten gibt, was nicht der Fall ist. Der Beweis dafür ist in der Tatsache zu finden, dass viele Anwälte der Tiere Vegetarier, aber keine Veganer sind. Wenn sie einen Unterschied machen, was können wir dann von der allgemeinen Öffentlichkeit erwarten?

Diese Situation ist von der zu unterscheiden, in welcher X, Y und Z sämtlich als verwerfliche Tätigkeiten oder Praktiken gelten. Zum Beispiel betrachten wir alle Völkermord als eine böse Sache, ob er in Darfur, Somalia oder Bosnien geschieht. Wenn wir eine Kampagne haben, um Völkermord in Darfur zu beenden, dann heißt das nicht, dass wir denken, Völkermord anderswo sei akzeptabel. Wir betrachten Vergewaltigung und Pädophilie als moralisch verwerflich. Eine Kampagne gegen das eine impliziert keine stillschweigende Billigung des anderen oder die Ansicht, dass das eine vom anderen moralisch unterscheidbar sei.

Das Einzelthema-Kampagnen innewohnende Problem wird durch die Tatsache verschlimmert, dass jene Gruppen, die solche Kampagnen betreiben, oft Tierausbeuter ausdrücklich loben, die irgendeine ausbeuterische Praktik einstellen oder modifizieren mögen, aber fortfahren, sich an anderen ähnlichen Praktiken zu beteiligen. Zum Beispiel loben einige Anwälte der Tiere "käfigfreie“ Eier als “sozial verantwortliche“ Alternative zu konventionellen Batterie-Eiern. Viele große als Fürsprecher für Tiere auftretende Organisationen sponsern oder befürworten “Human-Labels“, die auf Tierprodukten kleben. Ein prominenter Tierethiker behauptet, dass es, ein “gewissenhafter Allesesser“ zu sein, “eine vertretbare ethische Position (ist)“. Dies vermittelt eine sehr klare und ausdrückliche Botschaft: Einige Formen der Ausbeutung von Tieren sind moralisch akzeptabel.

Überdies rufen Einzelthema-Kampagnen nicht nur den falschen Eindruck hervor, dass einige Formen der Ausbeutung sich in einem moralischen Sinne qualitativ von anderen unterscheiden, sondern resultieren oft in falschen “Siegen“. Zum Beispiel führte die Kampagne gegen foie gras [Stopfleber] in Kalifornien (1, 2) zu einem Gesetz, das von dem einzigen foie gras-Produzenten in Kalifornien tatsächlich unterstützt wurde, weil es ihn bis 2012 gegen jede Rechtshandlung immunisiert und wahrscheinlich aufgehoben wird, bevor es jemals in Kraft tritt, wenn die foie gras-Produktion “humaner“ gemacht werden kann.

Ich bin also kein Fan davon, Zeit und Geld in Einzelthema-Kampagnen zu stecken. Ich halte daran fest, dass unsere Zeit, Mühe und anderen Ressourcen in der Förderung von Veganismus besser angelegt sind. Solange 99%+ des Planeten das Essen von Tieren und den Konsum oder Gebrauch von Tierprodukten als akzeptabel ansehen, werden wir niemals den Paradigmenwechsel herbeiführen, den wir herbeiführen müssen, um die Vorstellung zu vertreiben, dass Menschen das moralische Recht haben, Tiere auszubeuten.

Aber das heißt nicht, dass wir nicht gegen spezifische Formen der Ausbeutung opponieren sollten. Zum Beispiel wurde letztes Wochenende ein Rennpferd, Eight Belles, das im Kentucky Derby lief, sofort nach dem Rennen und auf der Bahn getötet, auf der ihre Knöchel versagt hatten infolge ihres Rennens für eine Dauer und Geschwindigkeit, für die sie nicht geeignet war. Ich wurde in einer Radioshow interviewt und zu meiner Ansicht über den Fall Eight Belles befragt. Ich erklärte, dass ich gegen Pferderennen überhaupt sei, dies aber als Teil meiner generellen Ansicht, dass Menschen keine moralische Rechtfertigung für den Gebrauch von Tieren überhaupt haben, einschließlich des Gebrauchs für Nahrungszwecke. Der Moderator der Sendung griff das auf und erzählte, wie sehr er seinen Hund liebe und sich um ihn kümmere, dass er aber letztes Wochenende eine Grillparty hatte, auf der er andere Tiere konsumierte. So war es eine Sache von wenigen Minuten, in denen die Verbindung zwischen Pferderennen und anderen Formen der Tierausbeutung hergestellt wurde.

Wenn wir bestimmte Formen der Tierausbeutung diskutieren und kritisieren, ist es wichtig, dass wir klarstellen, dass wir die bestimmte Praktik als moralisch nicht zu rechtfertigen erachten und dass wir nicht denken, die Praktik oder Tätigkeit lasse sich verbessern, wenn wir sie nur regulieren, um sie “humaner“ zu machen. Und es ist äußerst wichtig, dass wir klarstellen, dass unsere Ablehnung der Praktik oder Tätigkeit Teil unserer gesamten Ablehnung jeglichen Tiergebrauchs ist. Wir sollten nicht davor zurückschrecken, deutlich zu machen, dass wir die Abschaffung aller Tierausbeutung anstreben.

Wenn Sie also mit einer bestimmten Praktik oder Tätigkeit konfrontiert sind und diese kommentieren wollen oder darum gebeten werden und dazu geneigt sind, dann sollten sie es tun. Nur lassen sie es nicht an Klarheit darüber fehlen, dass die Lösung des Problems nicht darin besteht, jene Praktik oder Tätigkeit “humaner“ zu machen, sondern zu erkennen, dass sie klar ersichtlich unseriös ist, ebenso wie die meisten unserer Verwendungen von Tieren, und abgeschafft werden sollte – wie alle Tierausbeutung.

Hier zwei Beispiele:

Frage: Ich habe etwas über Foie Gras gelesen; die Art, wie das produziert wird, ist schrecklich, nicht wahr?

Antwort: Das ist es sicherlich. Aber es unterscheidet sich nicht wirklich von allem anderen, was wir essen. Das Steak, das Sie heute Abend hatten oder das Glas Milch heute Morgen war mit einem Produktionsprozess verbunden, der ganz genauso scheußlich ist wie der mit Foie Gras verbundene. Und wir haben nicht das Recht, nichtmenschliche Tiere zu töten, unabhängig davon, wie wir sie behandeln, nur weil wir meinen, sie schmeckten gut.

Frage: Der Zirkus kommt in die Stadt. Was denken Sie, ein Anwalt der Tiere, über die Verwendung von Tieren im Zirkus?

Antwort: Ich denke, es ist fürchterlich. Zur bloßen Unterhaltung erlegen wir Tieren Leid und Tod auf, und das ist wirklich unvereinbar mit dem, was wir zu glauben behaupten, wenn wir unsere Zustimmung mit der Vorstellung ausdrücken, dass es falsch ist, Tieren “unnötiges“ Leiden zuzufügen. Andererseits unterscheidet sich die Verwendung von Tieren in Zirkussen wirklich nicht vom Essen von Tieren, das ebenso etwas ist, das uns Spaß und Vergnügen bringt, und ebenso unvereinbar ist mit dem, was wir sagen, das wir glauben. Es gibt in keiner Weise einen Sinn darin, dass wir einige nichtmenschliche Tiere als Familienmitglieder betrachten und eine Gabel in andere stechen oder sie zu unserer Belustigung in Zirkussen, Zoos oder Rodeos quälen.

Ob Sie Ihre Zeit und Energie auf Zirkusse betreffende Gesetzgebung verwenden sollten, ist eine andere Frage. Wie ich gesagt habe, ist der kulturelle Kontext zu diesem Zeitpunkt einer, zu dem es mehr Sinn hat, uns auf den Gebrauch von Tieren für Nahrungszwecke zu konzentrieren, welcher die hauptsächliche Praktik ist, die andere Formen der Ausbeutung tatsächlich legitimiert. Aber wenn Sie sich entschließen, eine Kampagne gegen Zirkusse zu machen, sollte diese Kampagne zum allermindesten gegen die Verwendung ausnahmslos aller Tiere im Zirkus angehen und klarstellen, dass Zirkusse nicht besser oder schlechter als andere Formen des Tiergebrauchs sind, die alle abgeschafft werden sollten, wenn wir tierliche Interessen ernst nehmen.

Gary L. Francione
© 2008 Gary L. Francione