Saturday 10 November 2007

Ein "Lichtblick"?

von Gary L. Francione Blog

In einer Presseerklärung (25. Oktober 2007) von Animal Rights International(ARI) hat der Präsident der Organisation, Peter Singer, bekanntgegeben, dass ARI für einen Monat eine großflächige Werbung auf New Yorker Bussen platziert hat, die zeigt, wie Legebatterie-Eier produziert werden. In der Presseerklärung erläutert Singer, wie grausam die Haltung von Hühnern in Batteriekäfigen ist. Er stellt fest: "In Europa werden Batteriekäfige stufenweise abgebaut – warum hinken wir hinterher?" Singer behauptet, es gebe "einen Lichtblick in diesem dunklen Kapitel."
Obwohl Eier, die nicht aus Käfighaltung stammen, gegenwärtig nur fünf Prozent des Verkaufs ausmachen, sind sie das am schnellsten wachsende Marktsegment. Indem mehr Menschen sich des enormen Leidens bewusst werden, welches in Käfige gesperrten Legehennen zugefügt wird, entscheiden sie sich oft dafür, ein paar Cent mehr für ein humaner produziertes Ei auszugeben. ARI hofft, dass die New Yorker, wenn sie daran erinnert werden, dass ihr Frühstücksei seinen Preis für Hennen hat, viele ein wenig mehr Geld ausgeben, um um dazu beizutragen, dass die Haltung von Hennen in Käfigen abgeschafft wird.
Die Erklärung Singers ist in mindestens dreifacher Hinsicht problematisch.

Erstens: Obwohl die Europäische Union die traditionellen Legebatterien mit Wirkung ab 2012 verboten hat, strebt die europäische Eierindustrie derzeit eine Verzögerung des Inkrafttretens dieses Verbots an. Überdies ist es den Eierproduzenten unter dem europäischen Verbot freigestellt, sogenannte "ausgestaltete Käfige" zu verwenden, die, wie sogar konservative Tierschutzorganisationen wie Compassion in World Farming erklären, "außerstande sind, die dem Batteriekäfigsystem innewohnenden Tierschutzprobleme zu überwinden".

Patty Mark von Animal Liberation Victoria weist darauf hin, dass eine große, 2002 in New South Wales errichtete Legebatterie (in der gegenwärtig schätzungsweise eine Million Vögel eingesperrt ist) –
ihre glänzenden neuen Batteriekäfige aus Europa importiert und sichergestellt hat, dass sie die dem Verbot für das Jahr 2012 entsprechend konstruierten Käfige erhielt, die leicht in "ausgestaltete Käfige" umgewandelt werden können, sollte Australien ebenfalls Batteriekäfige "verbieten". Das heißt, sie müssen einfach ein paar geringfügige Anpassungen vornehmen – eine oder zwei Hennen herausnehmen und stattdessen einen Krallenkürzer und einen 'Nistkasten' hinzufügen. Nach wie vor werden Reihe um Reihe Batteriehühner sechs Etagen hoch gestapelt sein in denselben trübe beleuchteten stinkenden Verschlägen.
Zweitens: Singer behauptet, dass "käfig-freie" Eier der "Lichtblick" in dieser trostlosen Geschichte der Batteriekäfige seien. Sie sind es nicht. "Kafig-freie" Eier gehen damit einher, dass Tausende von Hühnern in einen einzigen großen Käfig zusammengepfercht werden. Den Vögeln wird immer noch die Schnabelspitze abgeschnitten, und sie werden immer noch einer erzwungenen Mauser [durch bis zu 18-tägiges Hungernlassen] unterworfen. In einem Artikel im Christian Science Monitor aus dem Jahr 2004 wird angemerkt: "Aber 'käfig-frei' bedeutet nicht unbedingt viel im Hinblick auf die Lebensqualität von Hennen. Als 'käfig-frei' etikettierte Eier kommen oft von dicht nebeneinander gepackten Hennen in gewaltigen Verschlägen." Und der zitierte Sachverständige hierfür war kein anderer als Paul Shapiro, leitender Direktor der Kampagne landwirtschaftliche Tierhaltung der Humane Society of the United States (HSUS). Dies war natürlich, bevor Paul für HSUS arbeitete, wo er jetzt erklärt, dass "käfig-freie" Eier und andere Arten von "Bio''-Tierprodukten" und "Bio-Fleisch" eine "wahre Flutwelle des Fortschritts" darstellen.

Patty Mark notiert:
Und keine Erwähnung finden jemals die Eltern von 'käfig-freien' Legehennen. Hennen und Hähne sind in riesigen fensterlosen Verschlägen zusammengepfercht, wo die Hennen über ein Jahr wiederholt begattet werden, bis ihr Rücken buchstäblich bis aufs rohe Fleisch wund gescheuert ist; diese Elterntiere werden bis zu totalen Erschöpfung getrieben, ihre Eier werden ihnen jeden Tag weggenommen und in einen Brutkasten gelegt, um "käfig-freie" Legehennen zu werden. Die Mütter werden niemals auf ihren Eiern sitzen können, die Väter werden niemals über ihre Familie wachen können. Weder Hennen noch Hähne werden jemals ihre Küken kennen, von denen die Hälfte – nämlich die männlichen Babys – in einem industriellen Mixer lebendig zermahlen und verflüssigt werden.
Drittens: In der Presseerklärung wird Singers Animal Liberation als das Werk beschrieben, dem "oft das Verdienst angerechnet wird, die moderne Tierrechtsbewegung in Gang gesetzt zu haben." Hier also haben wir noch einmal den sogenannten "Vater der Tierrechtsbewegung", welcher der Öffentlichkeit erzählt, dass der "Lichtblick" in einer Geschichte der Tierquälerei und Tierausbeutung eine geringfügig modifizierte Form des Qälens und Ausbeutens ist.

Mit diese Art Denkansatz wird nichts anderes erreicht, als die Öffentlichkeit sich besser bei der Tierausbeutung fühlen zu lassen – und für ARI und Singer Werbung zu machen. Die Menschen können nun ein "gutes Gefühl" beim Essen von Eiern haben, weil der "Tierrechte"-Gewährsmann Peter Singer ihnen erzählt, dass "käfig-freie" Eier eine moralisch akzeptable Alternative zu Batterie-Eiern darstellen.

Dies ist nicht der Weg, das moralische Leitbild in Richtung Abschaffung der Tierausbeutung zu verschieben. Dann aber ist es nicht wirklich ehrlich zu sagen, Singer strebe dieses Ziel wahrhaftig an. Schließlich ist er der Meinung, ein "pflichtbewusster Allesesser" zu sein sei eine "ethisch vertretbare Position" und Tierausbeutung ein "Luxus", dem zu frönen wir uns moralisch leisten können – zumindest gelegentlich.

Gary L. Francione
© 2007 Gary L. Francione