von Karin Hilpisch und
James Crump[Von diesem Essay gibt es auch eine
englische Fassung.]
* Fleisch steht hier stellvertretend für alle Produkte tierlicher Herkunft.
Tierschutz legitimiert Tiernutzung In seinen Büchern, Artikeln und Essays hat Gary L. Francione umfassend und eingehend den rechtlichen Status von Tieren als Eigentum analysiert, der in Gesetzen, welche die Tiernutzung regulieren, verankert ist, und durch jede Reform des Tierschutzes bestätigt und verstärkt wird.
Jeff Perz drückt es in einem Internetforum so aus: ''Einer der Gründe, warum Abolitionismus eine Kritik des Tierschutzes einschließt, ist, dass jedes Mal, wenn ein neues Tierschutzgesetz verabschiedet wird, der Eigentumsstatus anderer Tiere um so mehr kodifiziert und um so tiefer verwurzelt wird.'' (1) Und Dan Cudahy notiert in seinem Blog:''Mehr und mehr Regulierungen erweitern die regulative Struktur der Tierausbeutung, letztlich gestützt durch mehr Bürokratie, mehr Inspekorenstellen und
mehr 'Legitimität' des gesamten Unternehmens Tierausbeutung, die Tiere immer tiefer im Status als Eigentum und Ware verwurzelnd.'' (2)
Dies ist unweigerlich so, weil Tierschutzreformen darauf abzielen, die Behandlung von Tieren zu verbessern, ihre Nutzung durch den Menschen aber nicht in Frage stellen. Tatsächlich ''(machen) Kampagnen für Tierschutzreformen .. nur Sinn, wenn die
Nutzung von Tieren moralisch zulässig und das einzige Problem ist, wie wir die Tiere
behandeln, die wir nutzen.'' Francione,
Der Kontext macht den Unterschied.Es versteht sich von selbst, dass die Legitimierung der Nutzung von Tieren und damit die Verstärkung ihres Eigentumsstatus der Abschaffung der Tierausbeutung diametral entgegenwirkt.
In seinem Blog schreibt Francione: ''In einem großen Teil meiner Schriften habe ich argumentiert, dass die Unterstützung des 'Bio-Fleisch'-'Ansatzes ['happy meat' approach] nicht nur dazu geführt hat, dass sich die Öffentlichkeit beim Konsum von Tierprodukten wohler fühlt [i. e. ein weniger schlechtes oder gutes Gewissen hat], sondern ebenso zu einer
verstörenden Partnerschaft zwischen Anwälten der Tiere und institutionellen Tierausbeutern.''
Die rückschrittliche und kontraproduktive ''Bio-Fleisch''-Bewegung ist auch Gegenstand von Franciones Blogessay
''Bio-Fleisch'': Menschen sich beim Essen von Tieren besser fühlen lassen, in dem auf weitere Bloeeinträge zu diesem Thema verwiesen wird.
Tierschutz und Tierindustrie: gute Geschäfte und gemeinsame InteressenEin ebenso anschauliches wie bestürzendes Beispiel der Partnerschaft zwischen Tierschutz und Tierindustrie bildet das Abkommen zwischen People for the Ethical Treatment of Animals (PETA) und Kentucky Fried Chicken (KFC) über das Vergasen von Hühnern, das sogenannte Töten in kontrollierter Atmosphäre [controlled atmosphere killing / CAK], ein Abkommen, in dem es
''keine Meinungsverschiedenheiten darüber, wie Tiere behandelt werden sollten'', gab und in dem eine Tierschutzorganisation als unbezahlte Werbeagentur eines Tod verkaufenden Unternehmens, als unentgeltlicher Berater der Tierindustrie darüber, wie sie ihre Profite steigern kann, figurierte. Aber auch PETA kam bei diesem Deal mit KFC auf seine Kosten: einen ''gewaltigen Sieg'' für den Tierschutz verkündend, kann sich die Organisation (''die Hälfte unserer Mitglieder ist vegetarisch und die andere Hälfte hält es für eine gute Idee'' ) eines stetigen Spendenflusses sicher sein.
Aber es wäre unfair, PETA in dieser Hinsicht herauszustellen, ohne zu erwähnen, dass The Humane Society of the United States (HSUS) – die größte und mächtigste Tierschutzorgaisation in Amerika – sich ebenfalls als Vertriebsabteilung und als Wirtschaftsberater der Tierindustrie betätigt, jenes durch das Bewerben ''humaner'' Tierprodukte, dieses durch das Erstellen von Wirtschaftlichkeitsberechnungen, welche im Detail die höhere Rentabilität zum Beispiel der Gruppenhaltung von Sauen gegenüber dem Kastenstand aufführen. Siehe hierzu
Ein ''Triumph'' des Tierschutzes? Darüber hinaus fahren PETA und HSUS Millionen Spendengelder ein mit der systematischen Falschdarstellung der Natur von Tierschutzkampagnen. Obwohl Tierschutzreformen ausnahmslos auf erhöhte Ausbeutungseffizienz gegründet sind und von der Industrie aus wirtschaftlichen Gründen ohnehin eingeführt würden, werden sie von PETA und HSUS nichtsdestoweniger als große ''Siege'' und ''Erfolge'' für die Tiere porträtiert.
Aber das Zusammenspiel zwischen Tierschutz und Tierindustrie gedeiht nicht nur auf der anderen Seite des großen Teichs.
Die ''Bio-Fleisch''-Bewegung in Österreich: eine Fallstudie2008 wurde eine programmatische Schrift in deutscher und englischer Fassung mit dem Titel ''Abschaffung versus Reform oder: Welche Kampagnen führen letztendlich zu Tierrechten?'' (3) / ''Abolitionism versus Reformism or which type of campaign will lead to abolition everntually?'' (4) in Internet verbreitet (und von Francione kritisch kommentiert, siehe:
Ein ''sehr neuer Ansatz''oder einfach mehr Neuer Tierschutz?), verfasst vom Obmann des in Österreich ansässigen Vereins gegen Tierfabriken (VGT), Martin Balluch. In dieser Schrift legt der Autor die Auffassung dar, dass zwischen Tierschutz und Tierrechten eine philosophische Kluft, zugleich aber ein politisches und psychologisches Kontinuum besteht, das heißt eine kontinuierliche Entwicklung der Gesellschaft und des einzelnen Menschen von der regulierten Tierausbeutung zur Abschaffung der Tierausbeutung, das heißt vom Tierschutz zu Tierrechten.
Diese Entwicklung begreift Balluch als eine, in welcher der Tierschutz eine psychologisch und politisch unabdingliche Rolle speilt und daher nicht 'übersprungen' werden kann. Folgerichtig sieht er die Förderung des Veganismus als einzigen Weg zur Abschaffung der Tierausbeutung als ''zum Scheitern verurteilt''. Diese Sichtweise manifestiert sich in einer Vereinspolitik der massiven Förderung ''humaner'' Ausbeutungspraktiken und -produkte auf allen Ebenen:
Kampagnen— ''Stroh macht froh'': Eine Kampagne, die den Konsumenten von Schweinefleisch die Vorzüge der Schweinehaltung auf Stroh anstatt auf Spaltenböden vermittelt; (5)
— Werbung für Boden- und Freilandhaltung von Hühnern und Kaninchen (6)
– Werbung für ''Bio-Eier'', die ''Käfig-Eiern'' als ethische Alternative zu einem ''Produkt, für welches leidensfähige Lebewesen wie Eiermaschinen gnadenlos ausgebeutet werden'', gegenübergestellt werden. (7) (Man 'vergisst' zu erwahnen, dass auch für ''Bio-Eier'' leidensfähige Lebewesen gnadenlos ausgebutet werden.)
— eine Initiative zur Verleihung des ''Good Egg Award'' an österreichische ''Firmen, die sich beim Umstieg weg von Käfigeiern [hin zu Eiern aus Boden- oder Freilandhaltung] besonders verdient gemacht haben.'' (8)
In den USA loben PETA und andere Tierschutzgruppen öffentlich eine Einzelhandelskette für den Verkauf der Leichen ''human'' gezüchteter und geschlachteter Tiere. (9) Siehe hierzu:
''Bio-Fleisch'': ein Schritt in die richtige Richtung oder ''ein leichterer Einstig zurück'' zum Essen von Tieren? — Mit der Forderung von '' Anreizsysteme(n)' zur Nutzung nächstmöglicher Schlachthöfe'' (10) steht der VGT PETAs Verleihung seines ''Proggy Award'' an eine '''visionäre'' Schlachthus-Designerin in nichts nach. Siehe hierzu:
''Bio-Fleisch'' Marketing Der VGT vermarktet Tierprodukte, die nach den Richtlinien von ''Tiergerechtigkeit'' produziert werden, mittels einer ''Kontrollstelle für artgemäße Nutztierhaltung'', die 1995 von drei Tierschutzvereinen in Österreich ''als neutrale und unabhängige Überwachungsorganisation ins Leben gerufen (wurde)'''. Aufgabe dieser Einrichtung ist die ''Kontrolle, Zertifizierung und Überwachung von Produktionsbetrieben sowie Groß- und Zwischenhändlern im Hinblick auf die Übereinstimmung mit den Richtlinien'' gemäß ''von Fachleuten entwickelten Kriterien rund um artgerechte Hühnerhaltung''. Produkte aus solcher Haltung werden mit dem geschützen Markenzeichen ''tierschutzgeprüft'' zertifiziert. (11)
Gütesiegel, welche die ''humane'' Behandlung von Tieren zertifizieren und von Tierschutzgruppen beworben werden, ermuntern die Bevölkerung zum Konsum von Tierprodukten, was zu einer Steigerung der Nachfrage nach diesen und zu erhöhten Profiten der Anbieter führt.
Als Balluch zusammen mit neun anderen Aktivisten im letzten Jahr verhaftet wurde und drei Monate im Gefängnis saß, wurde eine Reihe von offenen Briefen zur Unterstützung der Inhaftierten geschrieben. In einem davon lobt Toni Hubmann, ein ''Bio-Ei''-Landwirt, die Zusammenarbeit zwischen ihm, Balluch und zwei anderen Tierschützern, die seit 2002 in der oben erwähnten Kontrollstelle praktiziert wird. Hubmann schreibt: ''Jedwede Verbesserung oder Änderung im Nutztierbereich wurde von diesen Herren akzeptiert und im Einvernehmen mit den betroffenen Bauern und Vermarktern umgesetzt. Dies hat dazu geführt, dass die genannten Herren einen nicht unwesentlichen Anteil an der hohen Akzeptanz der Boden- und Freilandhaltung in Österreich haben.(...) Die Tierschutzorganisationen konnten mit ihren Mitarbeitern nicht nur Erfolge für die Weiterentwicklung des nationalen und internationalen Tierschutzes erzielen, sondern haben durch ihr Engagement
mitgeholfen, zahlreichen kleinen bäuerlichen Betrieben ein ewirtschaftliche Existenz zu geben.'' (12) [Hervorhebung von uns]
Nachdem Produkte als ''tierschutzgeprüft'' zertifiziert wurden, werden sie in einem ''Einkaufsführer für Produkte aus artgemäßer Tierhaltung'' angepriesen: ''Der 'Verein gegen Tierfabriken' (VGT), der sich nunmehr seit mehr als fünf Jahren konsequent gegen die tierquälerische Massentierhaltung und die negativen Auswüchse der modernen Agrarindustrie für Tier und Mensch einsetzt, war andererseits auch immer die erste privat organisierte Ansprechadresse bei der Suche nach alternativen tierischen Produkten.'' ''Immer mehr Menschen bemühen sich daher um einen kulturellen Fortschritt im Umgang mit den Nutztieren und wollen ihnen als Gegenleistung für ihre 'Dienste' wenigstens ein erträgliches Leben vor dem Tod schenken.'' (13) Produkte ''aus artgemäßer Tierhaltung'' werden nicht nur angepriesen, sondern gelegentlich sogar an die Bevölkerung verteilt. (14)
Das System ändern, aber nicht das Denken? Gegen die gesellschaftliche Verbreitung des Veganismus macht Balluch unter anderem geltend, dass ''viele Menschen, die vegan gelebt haben, in den Konsum von Tierprodukten zurückfallen.'' (15) Dafür gibt es allerdings mehr als ein Beispiel. Und dass dies so ist, hat wesentlich mit dem gesellschaftlichen Einfluss jener zu tun, die wie Balluch öffentlich verkünden, dass die vegane Lebensweise überaus ''mühsam'' und mit einem ''große(n) Energieaufwand'' verbunden ist. Aber solange Organisationen und Einzelne, die als Anwälte tierlicher Interessen wahrgenommen werden, an die Öffentlichkeit die Botschaft senden, dass das Konsumieren von Produtkten aus ''tiergerechter'' oder ''artgemäßer'' Haltung moralisch akzeptabel ist und unsere moralischen Verpflichtungen Tieren gegenüber mit der ''Humanisierung'' der Ausbeutung abgegolten sind, werden die meisten Veganismus erst gar nicht in Betracht ziehen.
Nach Balluch besteht die Aufgabe der Tierrechtsbewegung nicht darin, das Denken der Menschen, ihre Einstellung zu Tieren zu ändern, sondern ''das System'': ''Die Einstellung selbst der Mehrheit der Bevölkerung ist dahingegen sekundär.'' Mit dieser Auffassung befindet sich die Politik des VGT in voller Übereinstimmung. Sie ändert das Denken der Menschen nicht, sondern bestärkt sie in der Vorstellung, dass wir Tiere wirksam schützen und glechzeitig nutzen können. Aber ohne die Einstellung der Menschen gegenüber Teiren zu verändern, wird das ''System'', das aus Menschen besteht, sich niemals ändern.
Kämpfen für Tierrechte oder Ringen um Marktanteile? Der ''Feind'' ist ein PartnerIn seiner Programmschrift führt Balluch aus, dass
— der Kampf um Tierrechte zwischen der Tierrechtsbewegung und der Tierindustrie als dem ''einzigen Feind im politischen Konflikt um die Erreichung von Tierrechten'', ausgetragen wird, wobei jede Partei die Öffentlichkeit, die diesem Konflikt zunächst unbeteiligt gegenüber steht, auf ihre Seite zu ziehen versucht;
– es das vordringliche Ziel der Tierrechtsbewegung sein muss, politischen Druck auszuüben, um schrittweise Reformen durchzusetzen, welche die Tierindustrie schwächen und schädigen.
Vor dem Hintergrund des oben Gesagten lässt sich allerdings schwer erkennen, inwiefern die Aktivitäten des VGT geeignet sein sollen, die Tierindustrie zu schwächen und zu schädigen. Wenn zwei Parteien so unentwirrbar verfilzt sind, wie es bei Tierschutz und Tierindustrie offensichtlich ist, dann kann diese Beziehung schwerlich als ''Konflikt'' beschrieben werden, sondern vielmehr als symbiotisch, zwei Seiten eines Ausbeutungssystems darstellend, mit der Folge, dass es für die Tiere keine Rolle spielt, auf wessen Seite sich die Öffentlichkeit schlägt. Temple Grandin, die ''visionäre'' Schlachthaus-Designerin, drückte es am treffensten aus, als sie feststellte, dass ''die richtige Handhabung von zu schlachtenden Tieren.. 'die Fleischindustrie sicher, effizient und rentabel am Laufen hält.'''(16)
Der Bio-Sektor landwirtschaftlicher Tierhaltung ist offenkundig nicht gemeint mit dem ''einzigen Feind'', welcher der Verwirklichung von Tierrechten im Weg steht. Aber es ist, mehr als alles andere, die Partnerschaft zwischen Tierschutz und Tierindustrie, die der Abschaffung der Tierausbeutung im Weg steht, weil in ihr beide Seiten gleichermaßen als Tierausbeuter figurieren. Es gibt keinen moralisch relevanten Unterschied zwischen einem ''Käfigei'' und einem ''Freilandei'' oder zwischen Fleisch von einem Schwein, das auf Spaltenboden, und einem, dass auf Sroh gehalten wurde. Wer die Nachfrage nach Tierprodukten fördert, ist nicht weniger ein Tierausbeuter als der, der sie deckt. Werbung für Tierprodukte zu machen behandelt Tiere ebenso als Ware, wie Produzenten und Konsumenten es tun. Es ist ebenso unmoralisch. Eine unmoralische Einrichtung – die Tierindustrie – kann nicht durch eine andere unmoralische Einrichtung – Tierschutz – bekämpft werden.
Organisationen wie der VGT sind die stärkste gesellschaftliche Kraft gegen die Verbreitung des Veganismus und die davon abhängige Abschaffung der Tierausbeutung.
KritikerInnen des Neuen Tierschutzes wird oft vorgeworfen, sie sprächen andersdenkenden AktivistInnen ihre ehrliche Überzeugung und guten Absichten ab. Darum geht es nicht. Es geht darum, zu beurteilen, ob das, was jemand tut, in einem logisch nachvollziehbaren, glaubhaften Zusammenhang mit dem steht, was er damit erreichen zu wollen behauptet. Dazu gehört das kritische Reflektieren auf die strukturellen Bedingungen seines Handelns, unter welchen dieses mit dem erklärten Ziel in Widerspruch geraten kann.
Allgemein gesagt kann eine Organisation, deren Tätigkeit Kosten verursacht, für deren Deckung sie auf Mitgliedsbeiträge und Spenden angewiesen ist, nicht unabhängig von den Interessen und Zielen ihrer Mitglieder und Spender agieren. Um fortzubestehen und zu wachsen, muss eine solche Organisation in Übereinstimmung mit den Interessen derjenigen handeln, deren Zuwendungen ihre finanzielle Basis bilden.
In Kontext von Tieranwaltschaft bedeutet dies: In einer Gesellschaft, in der 99 Prozent der Bevölkerung Tiere nutzen, hauptsächlich dadurch, Tierprodukte zu konsumieren, und dies für so notwendig, zumindest aber für so unproblematisch halten wie Atmen und Wasser trinken, rekrutiert sich die Mehrheit der Mitglieder und SpenderInnen einer Organisation, die als Anwalt für Tiere auftritt, zwangsläufig aus TiernutzerInnen. Dies wäre nur anders, wenn die Tätigkeit dieser Organisation ausschließlich und unzweideutig auf die gesellschaftliche Verbreitung des Veganismus gerichtet wäre oder wenn die Akzeptabilität von Mitgliedern, SpenderInnen und SponsorInnen an deren Veganismus gekoppelt wäre. Wo dies nicht der Fall ist, wird die Organisation unweigerlich im Sinne derer handeln, die Tiere nutzen und die, ohne Aufklärung darüber, warum es moralisch falsch ist, Tiere zu nutzen, dies auch weiterhin zu tun wünschen.
Mit anderen Worten, das Ziel, die Nutzung von Tieren abzuschaffen,
kann von besagter Organisation aus Gründen ihrer Selbsterhaltung gar nicht ernsthaft verfolgt werden. Es ist mit den Bedingungen der Möglichkeit ihres Bestehens grundsätzlich unvereinbar. Und eine Einrichtung, welche die Grundlage der wirtschaftlichen Existenz von FunktionärInnen und Angestellten bildet oder von der diese in irgendeiner Weise wirtschaftlich profitieren, kann nicht als eine gedacht werden, die darauf angelegt ist, sich selbst ''überflüssig'' zu machen durch die Besteigung dessen, was sie vermeintlich notwendig macht. Deshalb geht die Politik einer mehrheitlich von NichtveganerInnen getragenen Organisation darauf aus, die Nutzung von Tieren moralisch akzeptabel erscheinen zu lassen, was Menschen ein gutes Gewissen dabei, es zu tun, verschafft.
Dass das Eintreten für Tiere, um auf die Abschaffung der Tierausbeutung hinarbeiten zu können, von finanzieller Unterstützung durch jene unabhängig sein muss, die an fortgesetzter Tiernutzung interessiert sind, versteht sich eigentlich von selbst. Oder sollte es zumindest. Eine Organisation, die für ihr Fortbestehen von der finanziellen Unterstützung durch jene, deren Interessen dem erklärten Ziel ihrer Politik entgegenstehen, abhängig ist, befindet sich in einem strukturellen Interessenkonflikt, der das, was die VertreterInnen der Organisation zur Verteidigung ihrer Politik vorbringen, ernsthafter Erwägung unwert macht.
Quellen: (Die URLs der die Aktivitäten des VGT betreffenden Quellen wurden nach dem Erscheinen dieses Essays geändert.]
(1) '' One of the reasons why abolitionism inevitably involves a critique of animal welfare is that, every time a new animal welfare law gets passed, the property status of other animals is that much more codified and entrenched.'' Jeff Perz in in einem nur Mitgliedern zugägnlichen Forum.
http://www.animalrightscommunity.com/abolitionists/viewtopic.php?f=7&t=287&st=0&sk=t&sd=a&start=20
(2) ''More and more regulations add a regulating structure to animal exploitation supported eventually by more bureaucracy, more inspector jobs, and
more ‘legitimacy’ to the entire enterprise, entrenching animals ever deeper into property and commodity status.'' Dan Cudahy, ''Abolitionism versus New Welfarism: A Contrast in Theory and Practice''
http://unpopularveganessays.blogspot.com/
(3) Abschaffung versus Reform
http://www.vegan.at/warumvegan/tierrechte/abschaffung_vs_reform.html
(4) Abolitionism versus Reformism
http://www.vgt.at/publikationen/texte/artikel/20080325Abolitionism/index_en.php
(5) ''Stroh macht froh''
http://www.vgt.at/presse/news/2008/news20080314.php
(6) Freiland-Huhn
http://www.vgt.at/presse/news/2004/news20040409.php
Freiland-Kaninchen
http://www.vgt.at/publikationen/infomaterial/Kaninchen/071112_FB_kaninchen.pdf
(7) Ethische Alternative
http://www.vgt.at/presse/news/2004/news20040413.php
( 8) Good Egg Award
http://www.vgt.at/presse/news/2007/news20070321.php
(9) ''Lieber John, *
die unterzeichneten Tierschutz- und Tierrrechtsorganisationen möchten ihre Wertschätzung und Unterstützung für die bahnbrechende Initiative zum Ausdruck bringen, die von Whole Foods Market mit seinen Animal Compassionate [Mitgefühl für Tiere] Normen unternommen hat. Wir hoffen und erwarten, dass diese Normen das Leben von Millionen von Tieren verbessern wird.''
* John Mackey, Geschäftsführer von Whole Foods Market
http://www.abolitionistapproach.com/media/pdf/pr_01-24-05.pdf
(10) Anreizsysteme
http://www.vgt.at/presse/news/2008/news20080828.php
(11) Kontrolstelle
http://www.vgt.at/presse/news/2004/news20040401.php
(12) Offener Brief
http://www.vgt.at/actionalert/repression/prominente/offener%20Brief%20Toni%20Hubmann%20Juni%202008.pdf
(13) Einkaufsführer
http://www.vgt.at/presse/news/1997/news026.php
(14) ''Zusätzlich werden für die Passanten Flugblätter und 'Toni's Freiland-Ostereier' in Vierer-Packungen verteilt!''
http://www.vgt.at/presse/news/1998/news046.php
(15) ''Many people, who did turn vegan, fall back to consuming animal products.''
http://www.vgt.at/publikationen/texte/artikel/20080325Abolitionism/index_en.php
(16) ''According to Grandin, proper handling of animals that are to be slaughtered 'keep[s] the meat industry running safely, efficiently and profitably.'''
Gary L. Francione,
Abolition of Animal Exploitation: The Journey Will Not Begin While We Are Walking Backwards[''Die Reise beginnt nicht, solange wir uns rückwärts bewegen'']
Nachtrag:KritikerInnen des Neuen Tierschutzes wird oft vorgeworfen, sie sprächen anders denkenden AktivistInnen ihre ehrliche Überzeugung und guten Absichten ab. Darum geht es nicht. Es geht darum, zu beurteilen, ob jemandes Handeln in einem logisch nachvollziehbaren, glaubhaften Zusammenhang mit dem Ziel steht, das er damit zu verfolgen behauptet. Dies erfordert kritisches Reflektieren auf die strukturellen Bedingungen jenes Handelns ein, unter welchen dieses mit dem erklärten Ziel in Widerspruch geraten kann.
Allgemein gesagt kann eine Organisation, deren Tätigkeit laufende Kosten mit sich bringt, die mit Mitgliedsbeiträgen und Spenden gedeckt werden, nicht unabhängig von den Interessen und Zielen ihrer Mitglieder und Spender agieren. Um fortbestehen zu können, muss eine solche Organisation in Übereinstimmung mit den Interessen derjenigen handeln, deren Zuwendungen ihre wirtschaftliche Basis bilden.
In Kontext der Anwaltschaft für Tiere bedeutet dies: In einer Gesellschaft, in der 99 Prozent der Bevölkerung Tiere nutzen, hauptsächlich dadurch, Tierprodukte zu konsumieren, und dies für so notwendig, zumindest aber für so normal und natürlich halten wie Atmen und Wasser trinken, rekrutiert sich die Mehrheit der Mitglieder und SpenderInnen einer Organisation, die als Anwalt für Tiere auftritt, zwangsläufig aus TiernutzerInnen. Dies wäre nur anders, wenn die Tätigkeit dieser Organisation
ausschließlich und
unzweideutig auf die gesellschaftliche Verbreitung des Veganismus gerichtet wäre oder wenn die sie nur vegane Mitglieder, SpenderInnen und SponsorInnen akzeptieren würde. Wo dies nicht der Fall ist, wird besagte Organisation unweigerlich im Sinne derer handeln, die Tiere nutzen und die, ohne Aufklärung darüber, warum es moralisch falsch ist, Tiere zu nutzen, dies auch weiterhin zu tun wünschen.
Mit anderen Worten, das Ziel, die Nutzung von Tieren abzuschaffen,
kann von einer solchen Organisation aus Gründen ihrer Selbsterhaltung gar nicht ernsthaft verfolgt werden. Es ist mit den Bedingungen der Möglichkeit ihres Bestehens prinzipiell unvereinbar. Und eine Einrichtung, welche die Grundlage der wirtschaftlichen Existenz von FunktionärInnen, ManagerInnen u. a. Angestellten bildet oder von der diese in irgendeiner Weise wirtschaftlich profitieren, kann nicht als eine gedacht werden, die darauf angelegt ist, sich selbst ''überflüssig'' zu machen durch die Besteigung dessen, was sie vermeintlich notwendig macht. (Menschen, die für diese Einrichtungen arbeiten, haben finanzielle Verpflichtungen, die sie völlig abhängig von dem aus dieser Tätigkeit erzielten Einkommen machen.) Deshalb wird die Politik der Organisation darauf angelegt sein, der Öffentlichkeit so weit wie möglich entgegenzukommen, um einen steten Fluss finanzieller Unterstützung, hauptsächlich in Form von Mitgliedsbeiträgen und Spenden, zu sichern. Dies wird erreicht durch Kampagnen, welche die Nutzung von Tieren moralisch akzeptabel erscheinen zu lassen, um Menschen ein gutes/ besseres Gewissen dabei, es zu tun, zu verschaffen.
Das Eintreten für Tiere, das auf die Abschaffung der Tierausbeutung zielt,
muss von finanzieller oder anderweitiger Unterstützung durch diejenigen unabhängig sein, die daran interessiert sind, Tiere fortgesetzt auszubeuten. Dies gilt für Einzelpersonen ebenso wie für Gruppen, und auch für ehrenamtlich Tätige. Eine Einzelperson oder Gruppe, die nicht unabhängig von der Unterstützung durch jene ist, deren Interessen dem erklärten Ziel ihrer Politik entgegenstehen, befindet sich in einem manifesten Interessenkonflikt, den die Person oder Gruppe dadurch zu umgehen sucht, dass sie ihr eigenes Interesse mit dem der Tiere gleichsetzt. Dabei handelt es sich natürlich um eine eigennützige Rationalisierung.
Ebenso wie es eine Selbsttäuschung wäre, einen Politiker zuzubilligen, dass er etwas Ernstzunehmendes über eine politische Angelegenheit zu sagen hat, aus der er einen finanziellen Nutzen zieht, beraubt der Interessenkonflikt, in dem sich Anwälte der Tiere befinden, das, was sie zur Verteidigung ihrer Politik zu sagen haben, der Autorität, deren es bedarf, um ernsthafter Erwägung wert zu sein.