Sunday, 7 March 2010

Veganismus: nur ein Weg, Leiden zu vermindern, oder...

...ein fundamentales Prinzip von Gerechtigkeit & Gewaltlosigkeit?

von Gary L. Francione Blog

Liebe KollegInnen,

es ist wichtig zu verstehen, dass es erhebliche Unterschiede unter denen gibt, die sich als Veganer betrachten.

Ein wichtiger Unterschied ist der zwischen denen, die behaupten, Veganismus sei lediglich ein Weg, Leiden zu mindern, und jenen, die geltend machen, er sei eine grundlegende Verpflichtung zu Gerechtigkeit und Gewaltlosigkeit und eine Anerkennung des moralischen Personenstatus von Tieren.

Der Unterschied zwischen diesen beiden Gruppen ist nicht lediglich eine Sache abstrakter Theorie – er hat tief gehende praktische Konsequenzen.

Die vorherrschende Einstellung zum Veganismus unter Vertretern des Neuen Tierschutzes ist, das Veganismus ein Weg ist – nur ein Weg unter anderen –, Leiden zu mindern. In dieser Weise verstanden, ist Veganismus nicht verschieden von käfig-freien Eiern [Eiern aus Bodenhaltung] und in von PETA-Preisträgerin Temple Grandin gestalteten Schlachthäusern produziertem Fleisch. All dies, so behaupten Neue Tierschützer, sind einfach Wege, Leiden zu mindern. Wenn X sich entscheidet, Leiden zu mindern, indem er vegan lebt: großartig; wenn Y es vorzieht, zu demselben Zweck käfig-freie Eier zu konsumieren: großartig. Wenn X an einem Montag Leiden mindert, indem er keine Tierprodukte isst, und an einem Dienstag durch das Essen ''human'' produzierter Tierprodukte, ist das prima. Darauf zu bestehen, dass X, moralisch gesehen, montags vegan leben sollte ebenso wie dienstags und an jedem anderen Tag, ist ''absolutistisch'', ''fundamentalistisch'' und ''fanatisch''.

Leute wie Peter Singer und Gruppen wie ''Vegan'' Outreach und PETA nehmen diese Position ein. Zum Beispiel behauptet Singer, dass ein ''pflichtbewusster Allesesser'' zu sein eine ''vertretbare ethische Position'' und konsequent vegan zu leben ''fanatisch'' ist. Singer etikettiert sich selbst als ''flexiblen Veganer'', der nicht vegan ist, wenn dies bequemer [wenn Vegansein unbequem] ist. Er erwähnt, dass er Freilandeier und Bio-Milchprodukte konsumiert. Er spricht von dem ''Luxus'' des Essens von Fleisch und anderen Produkten von Tieren, die in seinen Augen gut behandelt und ''human'' getötet worden sind. PETA erklärt, dass Veganismus aus Prinzip eine Sache ''persönlicher Reinheit'' , eine ''narzisstische kulturelle Marotte'' und ''fanatische Besessenheit'' ist. ''Vegan'' Outreach macht den Schwerpunkt auf Leiden deutlich und spielt das Nutzen von Tieren herunter mit der Erklärung, dass Veganismus
kein Selbstzweck (ist). Er ist kein Dogma, keine Religion, keine Liste verbotener Zutaten oder unveränderlicher Gesetze – er ist nur ein Instrument gegen Grausamkeit und für die Verminderung von Leiden.
Eine grundlegende Annahme der Position des Neuen Tierschurzes ist, dass das Töten von Tieren als solches ihnen keinen Schaden zufügt. Dieser Annahme zufolge kümmere es Tiere nicht, dass wir sie nutzen und töten, sondern nur, wie wir sie behandeln und töten. Solange sie dabei nicht zu sehr litten, sei Tieren ihr Genutztwerden gleichgültig. Sie hätten kein Interesse an fortgesetzter Existenz.

Es ist dieses Denken, dass zu der ''Bio-Fleisch/Milch/Eier''-Bewegung geführt hat, die den seit Jahrzehnten ernstesten Rückschlag im Kampf für Gerechtigkeit für Tiere darstellt. Es ist dieses Denken, dass PETA und Singer dazu führt, zu erklären, dass wir möglicherweise eine moralische Verpflichtung haben, nicht vegan zu sein in Situationen, in denen andere von dem Bestehen auf Veganismus verärgert oder peinlich berührt sind.

Ich lehne diese Auffassung ab. Ich glaube, dass es speziesistisch ist, zu behaupten, dass Tiere einen Geist haben müssen, der dem menschlichen gleicht, um ein Interesse an fortgesetzter Existenz zu haben. Jedes empfindungsfähige Wesen hat ein Interesse am Weiterleben, indem es vorzieht, wünscht oder begehrt, am Leben zu bleiben.

Wir können es ebenso wenig moralisch rechtfertigen, Tiere als Ressourcen für Menschen zu nutzen, wie wir Menschensklaverei rechtfertigen können. Die Nutzung von Tieren und Sklaverei haben mindestens etwas Wichtiges gemeinsam: Beide Einrichtungen behandeln empfindungsfähige Wesen als Ressourcen. Dies kann in Bezug auf Menschen nicht gerechtfertigt werden; es kann in Bezug auf Tiere nicht gerechtfertigt werden – wie ''human'' auch immer wir sie behandeln.

Der abolitionistische Ansatz sieht Veganismus als die Anwendung des Prinzips der Abschaffung der Tierausbeutung auf das Leben des Einzelnen. Er ist unser persönlicher Ausdruck dessen, dass wir die moralische Personalität aller empfindungsfähigen Wesen bejahen und den Status von Tieren als bewegliches Eigentum verwerfen. Veganismus ist ein wesentlicher Bestandteil unserer Verpflichtung zu Gewaltlosigkeit.

Veganismus ist nicht einfach ein Weg, Leiden zu mindern; er ist das, was Gerechtigkeit für Tiere zum Allermindesten erfordert. Vegan leben ist nicht der letzte Schritt auf dem Weg dahin, die moralische Schizophrenie abzulehnen, die das Verhältnis von Menschen zu Nichtmenschen kennzeichnet, es ist der erste Schritt. Wenn Tiere in irgendeiner Weise moralisch von Belang sind, dann können wir sie nicht essen, als Kleidung oder anderweitig nutzen. Ein Veganer ist nicht nur an Montagen ein Veganer oder nur, wenn es bequem ist. Ein Veganer ist die ganze Zeit ein Veganer. Ich wäre ebenso wenig nicht vegan, weil mein Vegansein jemandem missfiele, wie ich schweigen würde, wenn jemand einen rassistischen Witz erzählte oder eine Frau belästigte, weil dagegen Einspruch zu erheben dem Täter missfallen würde.

Es ist ebenso weng ''absolutistisch''' oder ''fanatisch'', ein konsequenter Veganer zu sein, wie konsequent in der Ablehnung von Vergewaltigung oder Pädophilie zu sein. In der Tat ist es, konsequenten Veganismus als ''absolutistisch'' zu bezeichnen, gerade deshalb speziesistisch, weil wir unsere vollständige Ablehnung fundamentaler Formen der Ausbeutung von Menschen so nicht kennzeichnen würden.

Wenn Sie nicht vegan leben: Fangen Sie damit an. Es ist wirklich leicht. Es ist besser für unsere Gesundheit und vermindert die Gewalt, die wir uns selbst antun. Es ist besser für den Planeten und vermindert den Schaden, den wir dem Zuhause fühlender Wesen und dem Ökosystem zufügen, dass alles Leben erhält. Aber was das Wichtigste ist: Es ist das moralisch Richtige. Wir alle sagen, dass wir Gewalt ablehnen. Lassen Sie uns mit dem, was wir sagen, Ernst machen. Lassen Sie uns einen bedeutenden Schritt zur Verminderung von Gewalt in der Welt machen, mit dem beginnend, was wir uns in den Mund stecken und auf unserem Körper anwenden.

Und denken Sie daran, es ist keine Unmöglichkeit: DIE WELT IST VEGAN! Wenn Du es willst.

Gary L. Francione
©2010 Gary L. Francione

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