In einem kürzlichen Interview trifft Peter Singer einige Aussagen, die meiner Meinung nach aufzeigen, wie scharf der Unterschied zwischen dem Ansatz des Neuen Tierschutzes und dem abolitionistischen Ansatz ist.
Zunächst stellt er fest:
Zu meiner Freude kann ich sagen, dass es viele Änderungen gegeben hat, insbesondere in Europa, aber ebenfalls einige in den USA und anderen Ländern. In Europa werden die schlimmsten und Formen des Missbrauchs in der Massentierhaltung modifiziert.Ich stimme mit Singers Behauptung in mehreren Hinsichten nicht überein. Dass es ''viele 'Änderungen'' gegeben habe und ''die schlimmsten Formen des Missbrauchs in der Massentierhaltung modifiziert'' würden, ist nicht zutreffend. Wie ich in mindestens zwei Essays (1, 2 )auf dieser Website und in meinem 2008 erschienenen Buch Animals as Persons. Essays on the Aolition of Animal Exploitation hervorgehoben habe, sind die vermeintlichen Tierschutzverbesserungen in Europa, die Peter so enthusiastisch stimmen, bestenfalls nutzlos, insofern sie einen wenig, wenn überhaupt erhöhten Schutz tierlicher Interessen bieten, und sie lassen Menschen sich wohler dabei fühlen, Tiere zu konsumieren, was den fortgesetzten Konsum erleichtert.
Zweitens stellt er zum Veganismus fest:
Die vegane Ernährung, insbesondere das Kaufen biologisch erzeugter pflanzlicher Lebensmittel, löst allerdings mehr ethische Probleme des Essens als jede andere. Aber ich gebe zu, dass sie sich nicht für jeden eignet, und es wird lange dauern, bis sie weit verbreitet ist. Ich möchte also nicht den Eindruck erwecken, dass sie das Einzige ist, was man tun kann, um ethisch zu essen. Das bloße Vermeiden von Produkten aus der Massentierhaltung ist ein großer Schritt in die richtige Richtung, selbst wenn Sie fortfahren, eine mäßige Menge biologisch erzeugter, auf Weideland gezüchteter Tierprodukte zu essen.Einmal mehr (siehe z. B. 1, 2) wiederholt Singer die Vorstellung, dass ein ''pflichtbewuster Allesesser'' zu sein eine'ethisch vertretbare Position''ist. Wenn der sogenannte 'Vater der Tierrechtsbewegung''(unterstützt von fast allen großen Gruppen des Neuen Tierschutzes) erklärt, dass es moralisch gut ist, ''Bio''-Fleisch und ''Bio-''Tierprodukte'' zu konsumieren, dann wird dies sehr wahrscheinlich die moralische Grundlinie werden. Und genau das ist passiert. Veganismus wird als ''extrem'' gesehen, gerade wegen Kommentaren wie diesem; ''Bio''-Fleisch gilt als die ''ethische'' Wahl.
Um den Speziesismus hier zu sehen, brauchen Sie nur eine Form der Ausbeutung von Menschen einzusetzen. Wenn jemand sagte, ein ''bescheidenes'' Maß ''humaner'' Vergewaltigung sei ein ''großer Schritt in die richtige Richtung'', wären wir empört.
Aber Singer erzählt uns, eine ''mäßige Menge'' von ''Bio-Fleisch'' und anderen Tierprodukten sei eine moralisch gute Sache. Es mag gut sein in derselben Weise, in der es besser ist, wenn Sie Ihre Sklaven 5 Mal in der Woche schlagen, als wenn Sie sie 10 Mal in der Woche schlagen, aber das übergeht die grundlegende moralische Frage, um die es geht.
Gefragt, ob es möglich sei, ethisch zu leben, ohne ''fanatisch'' zu werden, führt Singer aus:
Es ist unbedingt möglich! Wir dürfen nicht vergessen, dass die Welt nicht perfekt ist, und wir wollen sie besser machen, also ist jede Veränderung in die richtige Richtung hilfreich, und je mehr wir tun, desto besser. Aber das ist keine Religion, es ist keine Frage persönlicher Reinheit, also müssen wir nicht um unsere eigene moralische Perfektion besorgt sein. Wir müssen nur unser Bestes tun, um die nachteilige Wirkung, die wir auf Tiere, die Umwelt und auf Arbeiter haben, zu minimieren. Und dann genießen Sie Ihr Essen!Einmal mehr setzt Singer den abolitionistischen Ansatz, der Veganismus und gewaltlose Aufklärung über Veganismus als moralische Basis hat, mit ''puristisch'' oder ''fanatisch'' gleich, weil Abolitionisten den Standpunkt verfechten, dass wir jeglichen Tiergebrauch nicht rechtfertigen können. Betrachtet Singer eine abolitionistische Position zu Fragen wie Vergewaltigung oder Pädophilie als puristisch? Falls nicht, und falls er es für zulässig oder sogar geboten hält, eine abolitionistische Haltung zu diesen Fragen einzunehmen, bleibt er nicht lediglich die Antwort auf die Frage nach der Anwendung des abolitionistischen Ansatzes auf Tiere schuldig und unterstellt, dass Tierausbeutung moralisch weniger problematisch als die Ausbeutung von Menschen ist?
Ich vermute, dass er diese Unterstellung macht, was angesichts dessen nicht überrascht, dass er Tiere als von geringerem moralischem Wert als Menschen betrachtet.
In jedem Fall ist es sehr enttäuschend, dass Singer den Menschen erzählt, sie sollen ihr Bio-Fleisch genießen. Aber trotz der Vorstellung, dass ''Tierschutzleute'' eine monolithische Gruppe sind, gibt es ausgeprägte Unterschiede zwischen dem abolitionistischen Ansatz und dem des Neuen Tierschutzes. Singers Interview illustriert nur einige davon.
Gary L. Francione
© 2009 Gary L. Francione