Wednesday, 5 December 2007

Postmoderner Feminismus und Tierschutz: Hand in Hand

von Gary L. Francione Blog

Kürzlich gab es eine Debatte auf den hervorragenden und immer lebendigen Vegan Freak Foren zwischen denen, die allgemein als "postmoderne FeministInnen" (nachfolgend PF] und jenen, die als "radikale FeministInnen" [nachfolgend RF] bezeichnet werden können. PF vertreten die Auffassung, dass die Entscheidung einer Frau, sich selbst zur sexuellen Ware zu machen, eine Handlung gesellschaftlicher Ermächtigung sein und nicht definitiv negativ beurteilt werden könne.

Diese FeministInnen sprechen sich oftmals für Pornografie oder doch zumindest nicht dagegen aus. RF sind eher geneigt, die Verdinglichung von Frauen als an sich problematisch zurückzuweisen. Sie sind allgemein gegen Pornografie und lehnen insbesondere solche Pornografie ab, in der Frauen als gewalttätig oder missbräuchlich Behandelte gezeichnet werden. Sie betrachten die meisten Stereotypen des sozialen Geschlechts (gender) als schädlich sowohl für Männer als auch für Frauen und versuchen, diese Stereotypen zu untergraben. PF argumentieren oft, dass "feminine" Stereotypen helfen können, Frauen gesellschaftlich besser zu stellen.

Diese Debatte hat einige interessante und wichtige Parallelen mit der Debatte über Abschaffung der Tierausbeutung (Abolition) versus Tierschutz. In der Tat sind postmoderner Feminismus und Tierschutz ein und dieselbe Theorie, angewendet auf verschiedene Kontexte.

I. "Glückliche" Verdinglichung: Die postmodern feministische Position hat den Effekt, dass Menschen sich bei der Ausbeutung von Frauen wohler fühlen. Wenn eine Frau sich dafür entscheidet, Sexarbeiterin zu werden, dann wird das als eine sie ermächtigende Wahl betrachtet, die FeministInnen unterstützen sollten. PF lehnen esa ab, irgendein negatives normatives Urteil über sexuell ausbeuterische Institutionen oder darüber abzugeben, wie diese Frauen in unteren sozioökonomischen Schichten der Gesellschaft beeinträchtigen, Frauen, die nicht die Privilegien postmoderner FeministInnen genießen, welche im Großen und Ganzen weiß, der Mittelklasse zugehörig und gut ausgebildet sind.

Angesichts der offenen Zustimmung, welche die Selbstverdinglichung seitens postmoderner FeministInnen erfährt, ist es leicht, die Reaktion von Männern zu verstehen, wenn die Streitfrage der Pornografie oder anderer Formen der Ausbeutung aufkommt: "Was ist falsch daran? Die FeministInnen sagen, es sei in Ordnung." Letzte Woche wurde mir von einem Vertreter des postmodernen Feminismus auf dem Vegan Freak Forum mitgeteilt, ich sei anti-feministisch wegen meiner "vernehmlichen Geringschätzung" von Stripbars. Jeder, der den Thread las und darüber nachdachte, ob er einen solchen Ort besuchen sollte, empfing die Billigung dessen von jemandem, der sich selbst "Feminist" nennt – von einem, der behauptet, nichts Geringeres als Student im Aufbaustudium eines Frauenstudien-Programms zu sein. In der Tat, die Botschaft war klar: Eine Stripbar zu unterstützen, ist eine Weg, zu zeigen, dass man die Entscheidung einer Frau, sich in solcher Art und Weise zu betätigen, respektiert. Es ist nicht nur in Ordnung, in Stripbars zu gehen; es ist feministisch. Bemerkenswert.

Ich möchte betonen, dass keine Rede davon ist, individuelle Frauen, die solche selbstverdinglichenden Entscheidungen treffen, zu kritisieren oder zu verurteilen. Die Streitfrage ist nur, ob jene, die gegen Sexismus sind, gegen diese ausbeuterischen Institutionen sein sollten. Die PF sagen, dass wir es nicht sollten; die RF verfechten, dass wir es sollten.

Es ist keine Überraschung, dass PETA den postmodernen Ansatz begrüßt und Frauen dazu ermuntert, sich "für die Tiere" in ausbeuterischen Aktionen zu betätigen. Wir haben Jahrzehnte mit PETAs sexistischen Werbegags erlebt, von "Lieber nackt als [füllen Sie die Leerstelle mit nahezu allem]" bis zum "State of the Union Undress" mit voller frontaler Nacktheit. Auf die PF kann stets als PETAs Beifalltruppe gezählt werden, wenn die RF betonen, dass eine Bewegung, die der Verdinglichung von Tieren entgegen tritt, ebenso der Verdinglichung von Menschen widersprechen sollte.

Und wir können das gleiche Denken, das hinter dem postmodernen Ansatz steht, direkt im Kontext der Tiere gespiegelt sehen – mit verheerenden Resultaten. Wir haben Peter Singer, PETA, HSUS und praktisch alle großen Tierschutzgruppen, von denen viele behaupten, die "Tierrechtsposition" zu vertreten, die argumentieren, dass Tierausbeutung moralisch vertretbar sein kann, wenn unsere Behandlung der ausgebeuteten Tiere "human" ist. Wir können "pflichtbewusste Allesesser" sein und dem "Luxus" des Konsums von Tierprodukten frönen, solange wir in von PETAs Preissiegerin Temple Grandin gutgeheißenen Schlachthäusern getötete oder bei Whole Foods verkaufte Tiere essen, dem Unternehmen, von dem PETA erklärt, es habe strikte Tierschutzstandards, oder in "käfig-freien" Ställen produzierte Eier etc.

Angesichts der offenen Zustimmung durch Singer, PETA etc. ist es leicht zu verstehen, warum uns, wenn wir versuchen, Veganismus voranzutreiben, oft die Antwort begegnet: "Was ist verkehrt am Fleischessen (Essen von Eiern, Käse etc.)? Die Tierrechtsleute sagen, es ist okay." PETA sagt, McDonald's sei "wegweisend" in der Reform des Fast-Food-Tierschutzes, und die Ikone Jane Goodall ist eine prominente Unterstützerin von Stonyfield Dairy. Die Tierschutzbewegung vermittelt den Menschen ein besseres Gefühl beim Ausbeuten von Tieren, gerade so wie der postmoderne Feminismus den Menschen ein besseres Gefühl dabei vermittelt, sich an der Ausbeutung von Frauen zu beteiligen. Sie können ein "Feminist" sein, wenn Sie einen aufreizenden Tanz in einer Stripbar genießen; Sie können ein "Tierrechtsvertreter" sein, wenn Sie ihre "käfig-freien" Eier konsumieren oder von Tierschutzorganisationen gutgeheißenes Fleisch.

Mit einem Wort, die PF haben eine Marke "glücklicher" Verdinglichung für Frauen kreiert, gerade so wie die TierschützerInnen das Phänomen "Bio-Fleisch" und ''Bio''-Tierprodukte kreiert haben. Die PF ignorieren oft bequemerweise die Tatsache, dass Frauen, welche in die Sexindustrie eingespannt sind, vergewaltigt, geschlagen und drogenabhängig gemacht werden, so wie die TierschützerInnen bequemerweise ignorieren, dass Tierprodukte – einschließlich der unter den "humansten" Umständen produzierten – entsetzliches Tierleid mit sich bringen. Und beide Gruppen ignorieren, dass die Verdinglichung von Frauen und Tieren ungeachtet der Behandlung per se verwerflich ist.

Die postmodern feministische Position und die Position des Neuen Tierschutzes sind beide durchdrungen von der Ideologie des Status Quo. Beide verstärken die Standardeinstellung gegenüber Tieren als Eigentum und Frauen als Dingen, deren Personsein reduziert ist auf welche Körper(teile) und Körperbilder auch immer wir fetischisieren. Beide machen nur lächelnde Miene zu etwas, das im Wesentlichen eine sehr reaktionäre Botschaft ist.

Ich sollte eine weitere direkte Beziehung benennen, die zwischen zumindest einigen FeministInnen und den TierschützerInnen besteht. Erstere haben zeitweilig behauptet, Rechte für Tiere abzulehnen, weil Rechte "patriarchalisch" seien und wir uns stattdessen einer "Ethik der Fürsorge" bedienen sollten, um unsere Pflichten Tieren gegenüber einzuschätzen. Das heißt, diese FeministInnen leugnen die Gegebenheit allgemeingültiger Regeln, die unseren Gebrauch von Tieren unter allen Umständen moralisch verbieten; vielmehr sei die Moralität der Nutzung von Tieren durch die Betrachtung der Besonderheiten der Situation bestimmt, um zu ermessen, ob bestimmten Werten der Fürsorge entsprochen worden ist. Interessanterweise ist anzumerken, dass keine mir bekannte Feministin behauptet, die Immoralität von Vergewaltigung sei von einer Ethik der Fürsorge abhängig; alle machen rechtmäßigerweise geltend, dass Vergewaltigung niemals gerechtfertigt ist. Aber das heißt nichts anderes als zu sagen, dass Frauen das Recht haben, nicht vergewaltigt zu werden. Also erkennen FeministInnen rechtstypischen Schutz an, wo Menschen betroffen sind, aber nicht, wo es um Tiere geht. Nicht alle FeministInnen vertreten diesen Standpunkt, aber einige, die sich als AnwältInnen der Tiere verstehen, behaupten, eine Ethik der Fürsorge als Alternative zu Tierrechten zu begrüßen. Es gibt ein Kapitel zu Feminismus und die Ethik der Fürsorge in meinem in Kürze erscheinenden Buch Animals as Persons. Essays on the Abolition of Animal Exploitation.

II. Die Regeln des erlaubten Diskurses. Es gibt ebenfalls Parallelen zwischen den Regeln des Diskurses, die von den PF und den TierschützerInnen verhängt werden. Beide Gruppen haben die Tendenz, jegliche Kritik ihrer Sichtweise als inakzeptabel zu betrachten. Die PF beschuldigen die RF, "patriarchalisch", "repressiv", "ausfallend", "entmächtigend" etc. zu sein, wenn letztere mit dem "Selbstverdinglichung als Feminismus"-Ansatz nicht einverstanden sind. Die TierschützerInnen betrachten jegliche Kritik von Tierschutzreformen als ein auf sie "Eindreschen", "spaltend" und "den Tieren schadend". Beide Gruppen rufen häufig zur "Einheit der Bewegung" auf, was ein Code für die Position ist, dass jene, die anderer Meinung sind, aufhören sollen, anderer Meinung zu sein, und den Standpunkt des postmodernen Feminismus bzw. Tierschutzes unterstützen sollen. Versuche seitens RF oder AbolitionistInnen, einen begründeten Diskurs über diese Streitfragen zu führen, werden als nutzlose, elitäre "intellektuelle" oder "akademische" Bemühungen zurückgewiesen, welche lediglich die Anstrengungen zur Befreiung von Frauen und Tieren vereiteln.

Dieser Diskursstil spiegelt die Taktik der reaktionären Rechten wider. Jeder Dissens wird automatisch dämonisiert und Versuche, mit Gründen zu streiten, werden abgewiesen zugunsten von Slogans und anderer leerer Rhetorik, die nichts leisten außer die dominante Ideologie der Ausbeutung aufrechtzuerhalten.

Es ist eine Schande, aber keine Überraschung, dass solche Taktiken ihren Weg in vermeintlich fortschrittliche soziale Bewegungen gefunden haben.

Gary L. Francione
© 2007 Gary L. Francione

Saturday, 10 November 2007

Ein "Lichtblick"?

von Gary L. Francione Blog

In einer Presseerklärung (25. Oktober 2007) von Animal Rights International(ARI) hat der Präsident der Organisation, Peter Singer, bekanntgegeben, dass ARI für einen Monat eine großflächige Werbung auf New Yorker Bussen platziert hat, die zeigt, wie Legebatterie-Eier produziert werden. In der Presseerklärung erläutert Singer, wie grausam die Haltung von Hühnern in Batteriekäfigen ist. Er stellt fest: "In Europa werden Batteriekäfige stufenweise abgebaut – warum hinken wir hinterher?" Singer behauptet, es gebe "einen Lichtblick in diesem dunklen Kapitel."
Obwohl Eier, die nicht aus Käfighaltung stammen, gegenwärtig nur fünf Prozent des Verkaufs ausmachen, sind sie das am schnellsten wachsende Marktsegment. Indem mehr Menschen sich des enormen Leidens bewusst werden, welches in Käfige gesperrten Legehennen zugefügt wird, entscheiden sie sich oft dafür, ein paar Cent mehr für ein humaner produziertes Ei auszugeben. ARI hofft, dass die New Yorker, wenn sie daran erinnert werden, dass ihr Frühstücksei seinen Preis für Hennen hat, viele ein wenig mehr Geld ausgeben, um um dazu beizutragen, dass die Haltung von Hennen in Käfigen abgeschafft wird.
Die Erklärung Singers ist in mindestens dreifacher Hinsicht problematisch.

Erstens: Obwohl die Europäische Union die traditionellen Legebatterien mit Wirkung ab 2012 verboten hat, strebt die europäische Eierindustrie derzeit eine Verzögerung des Inkrafttretens dieses Verbots an. Überdies ist es den Eierproduzenten unter dem europäischen Verbot freigestellt, sogenannte "ausgestaltete Käfige" zu verwenden, die, wie sogar konservative Tierschutzorganisationen wie Compassion in World Farming erklären, "außerstande sind, die dem Batteriekäfigsystem innewohnenden Tierschutzprobleme zu überwinden".

Patty Mark von Animal Liberation Victoria weist darauf hin, dass eine große, 2002 in New South Wales errichtete Legebatterie (in der gegenwärtig schätzungsweise eine Million Vögel eingesperrt ist) –
ihre glänzenden neuen Batteriekäfige aus Europa importiert und sichergestellt hat, dass sie die dem Verbot für das Jahr 2012 entsprechend konstruierten Käfige erhielt, die leicht in "ausgestaltete Käfige" umgewandelt werden können, sollte Australien ebenfalls Batteriekäfige "verbieten". Das heißt, sie müssen einfach ein paar geringfügige Anpassungen vornehmen – eine oder zwei Hennen herausnehmen und stattdessen einen Krallenkürzer und einen 'Nistkasten' hinzufügen. Nach wie vor werden Reihe um Reihe Batteriehühner sechs Etagen hoch gestapelt sein in denselben trübe beleuchteten stinkenden Verschlägen.
Zweitens: Singer behauptet, dass "käfig-freie" Eier der "Lichtblick" in dieser trostlosen Geschichte der Batteriekäfige seien. Sie sind es nicht. "Kafig-freie" Eier gehen damit einher, dass Tausende von Hühnern in einen einzigen großen Käfig zusammengepfercht werden. Den Vögeln wird immer noch die Schnabelspitze abgeschnitten, und sie werden immer noch einer erzwungenen Mauser [durch bis zu 18-tägiges Hungernlassen] unterworfen. In einem Artikel im Christian Science Monitor aus dem Jahr 2004 wird angemerkt: "Aber 'käfig-frei' bedeutet nicht unbedingt viel im Hinblick auf die Lebensqualität von Hennen. Als 'käfig-frei' etikettierte Eier kommen oft von dicht nebeneinander gepackten Hennen in gewaltigen Verschlägen." Und der zitierte Sachverständige hierfür war kein anderer als Paul Shapiro, leitender Direktor der Kampagne landwirtschaftliche Tierhaltung der Humane Society of the United States (HSUS). Dies war natürlich, bevor Paul für HSUS arbeitete, wo er jetzt erklärt, dass "käfig-freie" Eier und andere Arten von "Bio''-Tierprodukten" und "Bio-Fleisch" eine "wahre Flutwelle des Fortschritts" darstellen.

Patty Mark notiert:
Und keine Erwähnung finden jemals die Eltern von 'käfig-freien' Legehennen. Hennen und Hähne sind in riesigen fensterlosen Verschlägen zusammengepfercht, wo die Hennen über ein Jahr wiederholt begattet werden, bis ihr Rücken buchstäblich bis aufs rohe Fleisch wund gescheuert ist; diese Elterntiere werden bis zu totalen Erschöpfung getrieben, ihre Eier werden ihnen jeden Tag weggenommen und in einen Brutkasten gelegt, um "käfig-freie" Legehennen zu werden. Die Mütter werden niemals auf ihren Eiern sitzen können, die Väter werden niemals über ihre Familie wachen können. Weder Hennen noch Hähne werden jemals ihre Küken kennen, von denen die Hälfte – nämlich die männlichen Babys – in einem industriellen Mixer lebendig zermahlen und verflüssigt werden.
Drittens: In der Presseerklärung wird Singers Animal Liberation als das Werk beschrieben, dem "oft das Verdienst angerechnet wird, die moderne Tierrechtsbewegung in Gang gesetzt zu haben." Hier also haben wir noch einmal den sogenannten "Vater der Tierrechtsbewegung", welcher der Öffentlichkeit erzählt, dass der "Lichtblick" in einer Geschichte der Tierquälerei und Tierausbeutung eine geringfügig modifizierte Form des Qälens und Ausbeutens ist.

Mit diese Art Denkansatz wird nichts anderes erreicht, als die Öffentlichkeit sich besser bei der Tierausbeutung fühlen zu lassen – und für ARI und Singer Werbung zu machen. Die Menschen können nun ein "gutes Gefühl" beim Essen von Eiern haben, weil der "Tierrechte"-Gewährsmann Peter Singer ihnen erzählt, dass "käfig-freie" Eier eine moralisch akzeptable Alternative zu Batterie-Eiern darstellen.

Dies ist nicht der Weg, das moralische Leitbild in Richtung Abschaffung der Tierausbeutung zu verschieben. Dann aber ist es nicht wirklich ehrlich zu sagen, Singer strebe dieses Ziel wahrhaftig an. Schließlich ist er der Meinung, ein "pflichtbewusster Allesesser" zu sein sei eine "ethisch vertretbare Position" und Tierausbeutung ein "Luxus", dem zu frönen wir uns moralisch leisten können – zumindest gelegentlich.

Gary L. Francione
© 2007 Gary L. Francione

Sunday, 28 October 2007

Ein klassisches Beispiel "moralischer Schizophrenie"

von Gary L. Francione Blog

Ein zentrales Thema meiner Arbeit seit etwa einem Jahrzehnt ist die Untersuchung unserer kognitiven Verwirrung – unserer moralischen Schizophrenie –, wenn es um Tiere geht. Kürzlich kommentierte ich, wie Entertainerin Ellen Degeneres in ihrer TV Show über einen Hund schluchzte, den sie adoptiert und wieder weggegeben hatte, während sie gleichzeitig für ihr Totes-Tier-Mittagsmenü auf ihrer Website Werbung machte. Footballspieler Michael Vick wurde für seine Verwicklung in Hundekämpfe von einer Öffentlichkeit scharf angegriffen, die sich nichts beim Essen von Tieren denkt, die ganz genauso gequält wurden wie einer von Vicks Hunden.

Viele von uns teilen ihr Zuhause mit Tieren, die wir lieben und als Mitglieder unserer Familie betrachten, während wir gleichzeitig andere Tieren essen, die sich in keiner moralisch relevanten Weise von denen unterscheiden, die wir lieben und als Personen anerkennen.

Über ein phänomenales Beispiel "moralischer Schizophrenie" wurde am Freitag den 26. Oktober von der BBC berichtet. Ein weißer Hirsch, anscheinend neun Jahre alt, wurde auf der Grenze zwischen Devon und Cornwall von Wilderern getötet.

Die Reaktion: Die Tötung des Hirsches war "abscheulich".

Und wer fühlte Abscheu?

Die "Landwirte und Wildhüter, die über den Aufenthalt des Hirsches seit Jahren Stillschweigen in dem Versuch bewahrt hatten, ihn zu schützen."

Pat Carey, "dessen Job es ist, Rothirsche in der Region auszusondern", beschrieb das Tier als "heilig" und seine Tötung als "nicht in Worte zu fassen". Mr. Carey bemerkte, dass "es einen herzlosen Menschen braucht, um fähig zu sein, dieses schöne Geschöpf durch das Zielfernrohr eines Hochleistungsgewehrs zu betrachten und einfach sein Leben zu beenden."

Es ist in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert, dass Mr. Carey sich nicht selbst für "herzlos" hält, wenn er einen Rothirsch "durch das Zielfernrohr eines Hochleistungsgewehrs (betrachtet) und einfach sein Leben (beendet)."

Während ich dies schreibe, schaue ich von meinem Bürofenster in den Wald, der unser Haus umgibt. Ich kann zwei Rehe ausmachen – Zwillingsgeißen, die in diesem Frühling auf unserem Grundstück geboren wurden –, an Büschen knabbernd. Zurzeit ist Jagdsaison, und es gibt viele Menschen in dieser Region, die Rehe töten, meistens mit Pfeil und Bogen.

Ich kenne einige dieser Jäger; sie würden nicht zögern, Stunden darauf zu verwenden, ein Reh "außerhalb der Saison" aus einer Gefahr zu retten. Aber sie haben kein Problem damit, einen Pfeil auf dasselbe Reh einen Monat später abzuschießen, sobald es legal ist. Beim Auftreffen öffnen sich vier messerscharfe Widerhaken, die sich in Organen oder Muskeln des Opfers buchstäblich “verhaken“.

Wie Mr. Carey sagt, es ist "nicht in Worte zu fassen".

Gary L. Francione
© 2007 Gary L. Francione

Saturday, 27 October 2007

Abenteuer der (Ir)rationalität

von Gary L. Francione Blog

Wir Menschen beanspruchen, über eine Art ''besonderer Eigenschaft" zu verfügen, die unsere Ausbeutung von Tieren rechtfertige. Eine dieser angenommenen Eigenschaften ist, dass wir vermeintlich rational handeln und sie vermeintlich nicht. Wenn wir bedenken, dass es Menschen sind, die Nuklearwaffen bauen und die eben jene Umwelt zerstören, die notwendig ist, um das Leben zu erhalten, einschließlich unseres Lebens – um nur zwei irrationale menschliche Verhaltensweisen aufzuzeigen –, klingt der Rationalitätsanspruch eher unglaubwürdig. Aber immer wieder sind es einzelne Beispiele dafür, was für eine seltsame Spezies wir sind, die mich erschüttern. Eine kürzlich gemachte Erfahrung möchte ich Ihnen mitteilen:

Verkauf von Brustkrebs-Armbändern und Verkauf von Brustkrebs

Ich habe keine andere Wahl mehr, als mein Bio-Gemüse bei Whole Foods Market zu kaufen, weil mein örtliches Reformhaus, das sich buchstäblich zwischen zwei Whole Foods Läden befand, zugemacht hat. Neulich war ich bei Whole Foods, um Grünkohl und Mangold zu kaufen, und an der Kasse war eine Auslage, welche die Kunden daran erinnerte, dass Oktober der nationale Brustkrebs-Monat sei. Die Kunden wurden ermuntert, rosa Armbänder zu kaufen, um damit die "Heilung" zu unterstützen. Whole Foods spendet einen Teil der Gewinne aus dem Verkauf von Pink-United-Produkten, um die Erforschung von Brustkrebs und das Bewusstsein für das Problem zu unerstützen und sponsert Seminare über Brustgesundheit.

Whole Foods ist ein Laden – eine Ladenkette –, die Tonnen von Fleisch und Milchprodukten verkauft. Sicher, Whole Foods verkauft "Bio-Fleisch", "Bio-Milch" und "Bio–Eier" und wird dabei von führenden Anwälten der Tiere unterstützt, aber soweit mir bekannt ist, gibt es keinen Hinweis darauf, dass ''Bio''-Tierprodukte nicht mit Krebs in Verbindung stehen, einschließlich Brustkrebs, ebenso wie mit vielen anderen Krankheiten, die in anderen Monaten gefeiert werden.

Die Frau vor mir an der Kasse hatte einen Einkaufswagen voll mit Fleisch und diversen Milchprodukten, darunter Stonyfield Joghurt, das den Stempel der Billigung von niemand anderem als der Vorkämpferin für Tiere, Jane Goodall, trägt. Die Frau vor mir an der Kasse kaufte eines der rosa Armbänder.

Aber wir sind rational; sie sind es nicht.

Gary L. Francione
© 2007 Gary L. Francione

Thursday, 18 October 2007

Ellen Degeneres und Iggy das "Etwas"

von Gary L. Fancione Blog

Am 16. Oktober berichtete die beliebte amerikanische Entertainerin Ellen Degeneres ihrem Talk-Show-Publikum – und der Welt –, dass sie im September einen Hund, Iggy, adoptiert hatte. Sie behauptete, dass Iggy sich nicht mit ihren Katzen vertragen habe, weshalb sie ihn ihrer Friseurin überließ, deren zwei Töchter den Hund haben wollten. Dies verletzte offenbar den Adoptionsvertrag, den der Tierrettungsverein Mutts and Moms, verwendete, von dem Frau Degeneres Iggy übernommen hatte. Da dieser Vertrag offenbar von ihr verlangte, den Hund an den Verein zurückzugeben, wenn sie ihn nicht länger wollte, nahm der Tierrettungsverein der Friseurin den Hund weg. Frau Degeneres brach zusammen und schluchzte, als sie Mutts and Moms flehentlich bat, den Hund zurückzugeben.

Der "Fall Iggy" hat einen unglaublichen Mediensturm entfacht, der die amerikanischen "Nachrichten" für die letzten Tage mit Berichten darüber beschäftigt hat; praktisch jede Hauptnachrichtensendung hat die Story gebracht. Laut dem Anwalt von Mutts and Moms erhielt der Verein Morddrohungen, und er spielte telefonische Botschaften ab, in denen eine Pressesprecherin von Frau Degeneres mit rechtlichen Schritten und schlechter Publicity droht, falls Iggy Frau Degeneres Friseurin nicht zurückgegeben werde.

Die jüngste Meldung ist, dass Mutts and Moms Iggy in einer anderen Familie untergebracht hat. Ich bin froh, dass die Geschichte für den kleinen Iggy augenscheinlich ein gutes Ende genommen hat.

Ich verstehe die Besorgnis von Tierrettungsvereinen wie Mutts and Moms. Es gibt Menschen, die Tiere aufnehmen und sie dann am Straßenrand abladen oder in einem Tierheim, das sie möglicherweise tötet, oder sie bringen das Tier zu einem Tierarzt, um es töten zu lassen, weil sie es nicht länger wollen. Es gibt sogar Menschen, die adoptierte Tiere an Versuchslabors verkauft haben. Über die Jahre, in denen ich als Anwalt an Tiere betreffenden Streitfällen arbeitete, hatte ich mit vielen Tierrettungsvereinen zu tun, die sich bemühten, für die Formulierung von Adoptionsverträgen eine Sprache zu finden, die das Tier schützte, den Vertrag aber nicht so schwierig und aufdringlich machte, dass potenzielle Abnehmer sich weigerten, ihn zu unterzeichnen, und sich statt dessen zur nächsten Tierhandlung aufmachten, um einen Hund, eine Katze oder ein anderes Tier zu kaufen.

Zum Beispiel entsinne ich mich mehrerer Fälle, in denen Tierrettungsvereine eine Klausel in ihrem Vertrag hatten, die ihnen das Recht gab, Abnehmer ihrer Tiere jederzeit, Tag oder Nacht, 365 Tage im Jahr zuhause aufzusuchen, um zu überprüfen, ob für das Tier ordnungsgemäß gesorgt würde, selbst wenn es keinen Grund gab, etwas anderes anzunehmen. Es gibt sehr wenige potenzielle Abnehmer, die einer solchen Bedingung zustimmen. Es muss eine Balance dazwischen geben, die Tiere zu schützen und ein Zuhause für die Hunderttausende von Tieren zu finden, die eines brauchen. Auf der Website von Petfinder allein gibt es zur Zeit 265.000 Tiere, die ein Zuhause suchen. Das Problem ist gewaltig.

Im Fall Deneneres liegt die Schuld wahrscheinlich auf beiden Seiten. Ich denke, dass Frau Degeneres falsch handelte, indem sie nicht das tat, was nötig war, um Iggy und ihre Katzen dazu zu bringen, miteinander auszukommen. Frau Degeneres lebt in Los Angeles und hat die Möglichkeit und die Mittel, jemanden wie Cesar Millan zu konsultieren, der in dieser Hinsicht sicherlich hätte helfen können. Und wenn sie darauf erpicht war, Iggy loszuwerden, verstehe ich nicht, weshalb sie nicht zuerst Mutts and Moms benachrichtigen konnte, um die Übergabe des Hundes an die Friseurin zu erleichtern. Auf der anderen Seite verstehe ich nicht, weshalb Mutts and Moms in einer offensichtlich übellaunigen Weise reagierten und Iggy der Familie der Friseurin aus Prinzip wegnahmen. Wenn Iggy in einem guten Heim war, dann wäre es angesichts der Millionen von Tieren, die ein Zuhause brauchen, besser gewesen, ihn dort zu belassen und die Energie auf die anderen zu verwenden. Und ich bin zutiefst angewidert davon, dass irgendjemand, der behauptet, dass ihm etwas an Tieren liegt, Mutts and Moms mit Mord oder sonstwie mit Gewalt droht.

Was mir allerdings auffiel, war, dass Frau Degeneres von Iggy ständig als von einem "Es" sprach. Warum bezog sie sich auf einen "Ihn" als auf ein "Es", insbesondere da sie versicherte, während sie die Geschichte mit Iggy erzählte, "Ich liebe Tiere, ich liebe Tiere" ?

Also begann ich, die verschiedenen Seiten auf Frau Degeneres Website zu lesen, und entdeckte, dass sie in der Tat einen fast täglichen Bericht darüber abgibt, was ihr persönlicher Koch, Sean, für sie zu Mittag kocht.

Die Speisekarte enthält:

- "geangelter Columbia River Lachs, leicht gesalzen und in der Pfanne gebraten";
- "geweidetes Bio-Freiland-Steak Art New York";
- "schön gewürzter Hühnerschenkel, braun gebraten und dann im Ofen mit frischen Feigen und Zwiebeln geschmort";
- "pochierte Meeresfrüchte-Platte mit Shrimps, Krabben, Jakobsmuscheln und Hummer";
- "köstlicher Kabeljau Au Gratin. Ein klassisches Gericht mit Nordostatlantischem Kabeljau, ofenpochiert in einer Béchamelsauce mit Kanadischem Bio-Cheddar und Brotkrumen, gerade lang genug gekocht, um den Käse völlig schmelzen zu lassen";
- "schöner Colorado Lammrücken, nach Trennen der Koteletts und des Fleisches vom Knochen";
- "Bio-Hühnersalat-Sandwich mit Walnüssen, Sellerie, Preiselbeeren und Alfalfasprossen auf 14-Kornbrot";
- "biologisch gewachsene Freiland-Hühnerbrust Milanese aus der Region (wenn ich 'aus der Region' sage, meine ich damit, dass das Huhn mein Nachbar gewesen sein könnte). Die Brust ist geklopft, dann paniert, dann braun gebraten und im Ofen mit Tomaten-Basilikumsauce, Mozzarellakäse und nur ein wenig Parmesan überbacken"; (ihr "Nachbar"?);
- "ofengeschmorte Lende vom Schwein, gefüllt mit Preiselbeeren, Zwiebeln, Sellerie, Pistazien und Vollkornbrotkrumen, beträufelt mit Portwein und bestreut mit kleingehackter Schalotte";
- "Petit Filet Mignon mit einer herrlichen Basilikum-Buttersauce";
- "Würziger Albacore-Thunfischsalat, garniert mit Avocados und einer pikanten cremigen Vinaigrette";
- "in meinem Bürogarten gewachsener Salat mit etwas Zitronenhuhn, auf meinem Tischgrill gegrillt", Spinatsalat, "gekrönt, wie Sie sehen können, mit einem Schöpflöffel Thunfisch, gefangen aus einem Schwarm, der gerade begonnen hatte, über den Winter gen Süden zu schwimmen" und
- ein "wunderbarer Thunfischsalat, umrahmt von köstlichen scharfen Treibhaus-Tomatenscheiben".

Und das ist nur das, was auf der Seite von heute steht. Wir können lediglich darüber spekulieren, welche Tierkörper und Körpersekrete Sean für die kommenden Monate auf Lager hat.

Ich finde es absolut faszinierend und einigermaßen bizarr, dass es die Öffentlichkeit kümmert, was Frau Degeneres zu Mittag isst, oder dass sie zumindest denkt, dies sei der Fall. Wichtiger ist allerdings, und darüber bin ich bestürzt, dass sie ins Nationalfernsehen kommen und über Iggy schluchzen kann, sich aber den Teufel um die fühlenden, über Bewusstsein verfügenden Wesen schert, die Sean für ihr Mittagessen zubereiitet.

Ein Herz für Tiere hat Frau Degeneres offenbar auf einer gewissen Ebene. Aber etwas ist hier verkehrt.

Vielleicht zeigt sich ein Anhaltspunkt für ihre moralische Schizophrenie in ihrem wiederholten Gebrauch von "Es", wenn sie von Iggy spricht. Am Ende sind Tiere schlicht Dinge – "Etwas". Auf einer Ebene erkennt sie, dass Iggy Eigenschaften einer Person besitzt. Aber sie schluchzt über ein "Etwas", das sich nicht wirklich von den anderen "Etwas" unterscheidet, die auszubeuten sie für akzeptabel hält.

Ellen Degeneres ist offensichtlich kein dummer Mensch. Warum kann sie die Verbindung nicht herstellen?

Komm schon, Ellen, go vegan.

Gary L. Francione
© 2007 Gary L. Francione

Saturday, 6 October 2007

Gleichheit und Gleichartigkeit

von Gary L. Francione Blog

Paola Cavalieri, zusammen mit Peter Singer Herausgeberin von The Great Ape Project. Equality Beyond Humanity hat einen Essay über die kürzliche Erschießung eines etwa vierzigjährigen Schimpansen, Johnny, im Whipsnade Zoo in Bedfordshire, nördlich von London, geschrieben.

Cavalieri zufolge wurde Johnny erschossen, weil er, wie es ein Zoowärter beschrieb, “ein kleiner Gangster” war. Die
Times behauptet, dass Johnny und ein anderer Schimpanse, Koko, geflüchtet waren; Koko “ergab sich einem Wärter in einem nahe gelegenen Feld”, während Johnny dies offenbar nicht tat, und es wurde beschlossen, ihn aus Gründen der “öffentlichen Sicherheit” zu erschießen.

Die Erschießung Johnnys ist in jedem Fall eine schreckliche Tragödie – auf mehreren Ebenen. Erstens verbrachte Johnny Jahrzehnte seines Lebens in einem Zoo, der – unter den besten Umständen – nichts anderes als ein jämmerliches Gefängnis für die dort gefangen gehaltenen Tiere ist. Bevor sie letztes Jahr nach Bedfordshire verbracht wurden, waren Johnny und Koko im Regent’s Park Zoo in London eingesperrt. Es gibt schlicht keinen Vergleich zwischen dem natürlichen Leben von Schimpansen und den Bedingungen, unter denen sie in diesen nichtmenschlichen Freakshows, die wir Zoo nennen, gehalten werden. Zweitens ist es nicht klar, warum, wenn Johnny gegen seine Wiederergreifung Widerstand leistete, auf ihn nicht mit einem Betäubungsgewehr geschossen werden konnte, obwohl einige sagten, dass er immer noch eine Gefahr für Zoobesucher dargestellt hätte, bevor das Betäubungsmittel hätte wirken können.

Cavalieri ist darauf bedacht, den “hierarchischen Ansatz” zurückzuweisen, dass “das reichere innere Leben von Menschen sie zu stärkerer moralischer Berücksichtigung berechtigt.” Ein solcher Ansatz, argumentiert sie, würde dazu führen zu sagen, dass “wir intellektuell beeinträchtigte Menschen anders behandeln können.” Aber ihr Hauptargument ist, dass “Schimpansen, Gorillas und Orang-Utans.. unsere nächsten Verwandten (sind), die 98 – 99% unserer DNA mit uns teilen, und ‘Menschenaffe‘ (1) .. nur solange eine natürliche Kategorie (ist), solange sie Menschen einschließt.”

Cavalieri argumentiert, dass Schimpansen “uns gleich” sind insofern sie kognitiv wie wir sind und unser “reicheres inneres Leben” teilen. Sie sind fähig zu komplexer Kooperation und sozialer Manipulation, zu kultureller Übertragung einschließlich des Lehrens von Fertigkeiten wie das Herstellen und den Gebrauch von Werkzeug, verfügen über Vernunft, “dieses lange begünstigte Merkmal unserer Überlegenheit”, bedienen sich symbolischer Kommunikation und sie haben ein reflexives Selbst-Bewusstsein.

Ich habe vier Antworten auf Cavalieris Analyse:

Erstens ist es problematisch zu unterstellen, dass Menschen ein “reicheres inneres Leben” hätten, und dass Tiere in irgendeiner Weise “intellektuell beeinträchtigten Menschen” gleichzustellen seien. Jede Spezies hat eine Art Leben, das durch die Angehörigen dieser Spezies bewertet wird. Ich habe keine Ahnung, ob meine vor der Tötung geretteten Hunde ein Leben haben, das weniger “reich” als das meine ist. Ich weiß nicht einmal, was das heißt. Mein inneres Leben mag verschieden von dem eines Hundes oder einer Maus sein, aber das bedeutet nicht, dass mein Leben “reicher” ist.

Ich verstehe durchaus das Argument, dass wir, falls der Mangel eines moralisch überlegenen Merkmals bei einem Tier uns dazu berechtigt, diesem eine geringere oder keine moralische Berücksichtigung zuzusprechen, jenes Merkmals gleichermaßen entbehrende, wie etwa “intellektuell beeinträchtigte”, Menschen in derselben Art und Weise behandeln müssten, wollen wir nicht speziesistisch sein.

Das Problem ist aber, dass wir von Anbeginn unterstellen, dass Menschen moralisch überlegene Eigenschaften haben, und dass menschliches Leben deshalb “reicher” als nichtmenschliches Leben ist. Dies ist ein gewöhnlicher Trugschluss auf Seiten vieler Tierethiker, einschließlich Tom Regan. Wie ich in einem Essay im New Scientist diskutiert habe, gibt es keinen Grund dafür, anzunehmen, dass Eigenschaften, die als einzigartig menschlich begriffen werden, uns zu der normativen Schlussfolgerung berechtigen, dass die Inhaber solcher Eigenschaften ein “reicheres” Leben hätten.

Zweitens stellt der “hierarchische Ansatz” kein Problem für Utilitaristen wie [Peter] Singer dar, die gewillt wären, “intellektuell beeinträchtigten” Menschen geringere moralische Berücksichtigung zu gewähren.

Drittens deutet die Tatsache, dass jeder seit langem verstanden hat, wie ähnlich uns Schimpansen und andere Menschenaffen sind, und dass wir [dem zum Trotz] immer noch fortfahren, ihre Verdinglichung zu unterstützen, darauf hin, dass “Gleichartigkeit” ein äußerst schwer zu fassendes Konzept ist, das nicht viel bewegt in Richtung einer Änderung menschlichen Verhaltens. Wie ich in Introduction to Animal Rights: Your Child or the Dog? argumentiert habe, ist das Spiel mit der “Gleichartigkeit” eines, das Tiere niemals gewinnen können. Sie werden niemals als des “speziellen” Charakteristikums in jenem Grad teilhaftig angesehen werden, der notwendig wäre, uns zu veranlassen, ihre Ausbeutung zu beenden, wenn wir damit fortfahren wollen.

Wir vergeuden unsere Zeit damit zu denken, die Lösung des Problems der Tierausbeutung bestehe darin, dass Verhaltensforscher Experimente machen, die, ironischerweise, Vivisektion einschließen mögen, um zu zeigen, zu welchem Grad Menschenaffen und andere Primaten, Delfine, Papageien usw. über ein “spezielles” Charakteristikum verfügen. Empirische Gleichartigkeit ist wirklich nicht das Problem; das Problem ist Moraltheorie. Jane Goodall, die das Eingangskapitel zu The Great Ape Project schrieb, weiß besser als irgendeiner von uns, wie ähnlich Menschenaffen Menschen sind;(2) dennoch ist sie nicht gewillt, die Verwendung von Menschenaffen in der biomedizinischen Forschung unzweideutig zu verdammen und zu seiner sofortigen Abschaffung aufzurufen.

Viertens: Wie ich in meinem Kapitel in The Great Ape Project argumentierte und seither wiederholt gesagt habe, ist das Recht auf volle Mitgliedschaft in der moralischen Gemeinschaft und das Recht, nicht als Eigentum behandelt zu werden, von nur einer Eigenschaft abhängig – Empfindungsfähigkeit. Wenn ein Tier empfindungsfähig ist, dann haben wir die moralische Verpflichtung, dieses Wesen nicht als eine Ressource oder Ware zu behandeln. Der Umstand, dass ein Hund nicht dieselbe Art reflexiven Selbst-Bewusstseins wie ein Schimpanse haben mag, bedeutet nicht, dass der Hund und der Schimpanse nicht gleich wären in dem Sinne, dass ihre fundamentalen Interessen zu leben und nicht zu leiden nicht zu missachten sind, nur weil es zu jemandes Vorteil ist.

In Zoos (und an vielen, vielen anderen Orten) werden Tiere jeden Tag aus verschiedenen Gründen getötet. Die Erschießung des armen Johnny ist zweifellos tragisch, aber dies ist gleichermaßen der Tod von Tieren, die uns nicht “gleich” sind in der Art, in der es Johnny war, abgesehen davon, Wesen zu sein, die ein subjektives Bewusstsein hatten, und die ihr Leben in ihrer eigenen Art und Weise schätzten.

Werden Sie VeganerIn, unterstützen Sie niemals Zoos, und widerstehen Sie der Schaffung neuer Hierarchien, die auf humanozentrischen Werten gegründet sind. Menschen sind nicht das Maß aller Dinge; wir sind nur ein Maß unter vielen.

Gary L. Francione
© 2007 Gary L. Francione

Anm. d. Übers.
1 lat. Hominoidea; im Orig.: “great apes”; der Begriff umfasst große Menschenaffen und Menschen.
2 Im Orig.:“how similar nonhuman great apes are to human great apes”, s. Anm. 1

Saturday, 1 September 2007

''Jene, die sich nicht an die Vergangenheit erinnern, sind dazu verdammt, sie zu wiederholen''

von Gary L. Francione Blog

Diese von dem Philosophen George Santayana geschriebenen Worte scheinen heutzutage mit besonderer Relevanz nachzuklingen, da wir eine in Gewalt versunkene Welt sehen. Aber Santayana hat auch der abolitionistischen Bewegung etwas Wichtiges zu sagen.

Die meisten der großen Organisationen des Neuen Tierschutzes sowohl in Großbritannien als auch in den USA behaupten, Veganismus zu befürworten, fördern ihn aber nicht als Grundlinie der Bewegung aus dem Bedenken heraus, dass Veganismus für die breite Öffentlichkeit zu ''radikal'' erscheint. Deshalb fördern diese Organisationen ''Bio-Fleisch'' und ''Bio''-Milch/ Eier'', die das Certified-Humane-Raised-and-Handled-Label [Zertifiziert human aufgezogen und behandelt] oder das Freedom-Food-Label [Freiheitsnahrung] tragen oder mit den Farm Animal Compassionate Standards [Normen des Mitgefühls für Nutztiere] von Whole Foods [Whole Foods Market: ''Bio''-Supermarktkette] übereinstimmen, nun auf beiden Seiten des Atlantik. Und Peter Singer erinnert uns daran, dass ein konsequenter Veganer zu sein ''fanatisch'' ist und dass wir eigentlich dazu verpflichtet sind, kein Veganer zu sein, wenn Veganer zu sein andere verstimmt.

Jenen, die daran festhalten, dass Veganismus eine klare und unzweideutige moralische Grundlinie der Bewegung sein sollte, wird von den Neuen Tierschützern eindringlich erzählt, dass die Öffentlichkeit noch nicht bereit dafür ist, die Botschaft des Veganismus zu hören. Stattdessen sollten wir uns auf ''käfig-freie'' Eier [Eier aus Bodenhaltung] und ''Freiland-Fleisch'' konzentrieren.

Und inwiefern ist Santayanas Botschaft in diesen Kontext relevant?

Im Jahr 1944 gründete Donald Watson die Vegan Society in Großbritannien. Er prägte das Wort ''Veganer'' als Bezeichnung für jemanden, der keine Tierprodukte konsumiert. In der ersten Ausgabe von The Vegan News – vor 66 Jahren – schrieb Watson:
Eine übliche Kritik ist, dass die Zeit noch nicht reif für unsere Reform sei. Aber kann die Zeit für irgendeine Reform jemals reif sein, wenn sie nicht durch die Entschlossenheit von Menschen reift?
Watson wies darauf hin, dass die Gegner der Sklaverei nicht darauf gewartet haben, dass die Zeit ''reif'' war, und dass [auch] die Befürworter sauberen Trinkwassers und sanitärer Einrichtungen heftiger Ablehnung begegneten und nicht auf den ''nicht existierenden Moment'' warteten, da die Zeit ''reif'' sein würde.

Watson fährt fort:
Es liegt eine offensichtliche Gefahr darin, die Erfüllung unserer Ideale der Nachwelt zu überlassen, da die Nachwelt vielleicht nicht unsere Ideale hat. Evolution kann ebenso rückschrittlich wie fortschrittlich sein, allerdings scheint immer der falsche Weg eine starke Gravitation zu haben, wenn nicht bestehende Standards geschützt und neue Visionen eingelöst werden.
Das Problem, dem jene, die über unsere Ausbeutung von Tieren besorgt sind, gegenüberstehen, ist, dass die großen Organisationen des Neuen Tierschutzes, welche die Szene beherrschen, Veganismus nicht als eine einzulösende neue Vision betrachten, sondern als eine ''fanatische'' Position, die es zu marginalisieren gilt zugunsten des fortgesetzten Konsumierens von Tierprodukten – vermeintlich ''human'' produziert – als Standardposition. Durch das Bewerben von ''Bio-Fleisch'' und ''Bio-Milch/ Eiern'' verstärken die Neuen Tierschützer lediglich das Paradigma, demzufolge das Konsumieren von Tieren moralisch akzeptabel ist, wenn wir ''gütig'' zu unseren Opfern sind. Diese Vorgehensweise wird und kann nicht in Richtung Veganismus führen; er kann nur dazu dienen, Vegansmus als ''radikale' oder ''fanatische'' Position erscheinen zu lassen.

Wie Watson notierte ''(kann) Evolution .. ebenso rückschrittlich wie fortschrittlich sein'.'' Wir können nicht auf den ''nicht existierenden Moment'', in dem die Zeit ''reif'' ist, warten. Wir müssen diesen Moment durch unsere eigene Entschlossenheit eintreten lassen. Diese Entschlossenheit, ausgedrückt durch unseren eigenen konsequenten Veganismus und unser Engagement für klare, unzweideutige, gewaltlose Aufklärung über Veganismus – und unsere Ablehnung kontraproduktiver Tierschutzkampagnen – ist das Fundament der abolitionistischen Bewegung.

Gary L. Francione
© 2007 Gary L. Francione

Tuesday, 28 August 2007

Einige weitere Gedanken über Michael Vick

von Gary L. Francione Blog

Am 02. August postete ich einen Blogessay mit dem Titel Eine Anmerkung zu Michael Vick. Vicks Verhalten war offensichtlich verwerflich. Ich schrieb den Blog, weil ich es müde war, Vick von selbstgerechten Leuten kritisieren zu hören, die Fleisch essen, Rodeos besuchen, jagen oder sich an den vielen anderen Formen der Tierausbeutung beteiligen, die, anders als Hundekämpfe, von den meisten Menschen als legitime Aktivitäten akzeptiert werden, die aber den betroffenen Tieren genauso viel Leiden verursachen.

Offen gesagt dachte ich nicht, dass es einen großen Widerhall geben würde. Immerhin habe ich seit einigen Jahren in meinen Schriften dieselbe Feststellung getroffen – wir leiden an einer Art "moralischer Schizophrenie", wo es um Tiere geht. Auf der einen Seite behandeln wir einige Tiere, wie Hunde und Katzen, als Mitglieder unserer Familie und reagieren aufgebracht auf Geschichten vom Quälen solcher Tiere. Auf der anderen Seite ignorieren wir andere Formen des Tiergebrauchs vollständig – nehmen wir tatsächlich daran teil –, die das Quälen anderer Tiere zur Folge haben, die wir nicht als "besondere" betrachten. Dies war der zentrale Gedanke in meinem Buch Introduction to Animal Rights: Your Child or the Dog?

Nun, bezüglich der Reaktion auf meinen Blogessay habe ich mich geirrt.

Ich erhielt Dutzende von Emails. Da die meisten Leser schrieben, nachdem sie den Essay auf meiner oder auf anderen pro-abolitionistischen Websites gelesen hatten, die ihn übernommen hatten, waren die Kommentare größtenteils zustimmend, aber es gab dennoch einige "Tierschutzleute", die mit meiner Analyse der Situation nicht einverstanden waren.

Und dann, am 22. August, brachte die Philadelphia Daily News den Essay und wurde mit Kommentaren überschwemmt. Am 23. August war ich Gast in der Michael Smerconish Morning Show, die in der Gegend um Philadelphia sehr populär ist und live im Internet gesendet wird. Seit letzter Woche habe ich etwa 200 Emails und Anrufe in meinem Büro in der Rutgers Universität erhalten.

Diese Kommentare kamen eher von der allgemeinen Öffentlichkeit als von "Tierschutzleuten", und obwohl viele mich unterstützten und sich an einem Blickwinkel, den sie zuvor nicht bedacht hatten, interessiert zeigten, waren viele auch kritisch – beinahe feindselig.

Die Kommentare fallen in zwei verschiedene Kategorien:

1. Religion: Ich würde sagen, dass annähernd 60% der Kommentare, die ich erhielt, geltend machten, dass ich das Wesentliche nicht begriffen hätte, dass Gott uns dazu bestimmt habe, Tiere zu essen, während Gott nicht viel von Hundekämpfen hielt. Obwohl viele meiner europäischen Leser dies nicht völlig verstehen können, in den USA werden moralische Fragen, soweit sie überhaupt diskutiert werden, im Kontext der Bibel diskutiert. Für viele Amerikaner liefert die Bibel – und nur die Bibel – die Antwort auf jegliche Frage.

Ich habe zwei Antworten:

Erstens, wenn Sie einen Blick in die Genesis, das erste Buch der Bibel, werfen, dort heißt es in Kapitel 1, Vers 29-30:
Und Gott sprach: 'Sehet da, ich habe euch gegeben alle Pflanzen, die Samen bringen, auf der ganzen Erde, und alle Bäume mit Früchten, die Samen bringen, zu eurer Speise. Aber allen Tieren auf Erden und allen Vögeln unter dem Himmel und allem Gewürm, das auf Erden lebt, habe ich alles grüne Kraut zur Nahrung gegeben.'
Wieviel deutlicher kann dies sein? In der ursprünglichen Schöpfungsgeschichte sind alle lebenden Wesen vegan.

Töten und Fleisch essen treten erst später auf, nachdem die Menschheit den Bund mit Gott gebrochen hat und aus dem Paradies vertrieben worden ist.

Zweitens ist es schwierig, die Bibel, und besonders das Alte Testament, als eine Quelle moralischer Autorität heranzuziehen, weil Sie darin Unterstützung für so gut wie alles finden können, und Selektivität, zwangsläufig willkürlich, ist erforderlich.

Zum Beispiel wird die Bibel oft zur Unterstützung der Todesstrafe gebraucht. Und obgleich die Bibel sicherlich die Todesstrafe für Mord vorschreibt, schreibt sie sie ebenso für eine Vielzahl anderer Handlungen vor, einschließlich des Verfluchens der eigenen Eltern, Blasphemie, Homosexualität, Ehebruch, Hexerei. Wie können wir auswählen und sagen, dass laut der Bibel dieses Verbrechen den Tod verdient, aber andere Verbrechen, welche die Bibel mit dem Tod zu bestrafen vorschreibt, außer Acht lassen?

Überdies entschuldigt die Bibel eine Reihe von Institutionen und Handlungen, welche die meisten von uns klar als unmoralisch verwerfen. Zum Beispiel duldet das Alte Testament klar Menschensklaverei und gestattet auf Sklaven angewendet abweichende Regeln. Wenn zum Beispiel ein Herr seinen Sklaven so schwer prügelt, dass dieser stirbt, wird jener bestraft – aber nicht mit dem Tod. Wenn der Sklave ein oder zwei Tage am Leben bleibt, bevor er an den Folgen der Misshandlung stirbt, wird der Herr nicht bestraft, weil der Sklave "sein Eigentum ist". (Exodus 21:20-21) Wir alle verwerfen Menschensklaverei, aber, so scheint es, wären wir bibeltreu, täten wir es nicht.

2. Ernährungsweise: Eine Anzahl Anrufer und Leserbriefschreiber scheint zu denken, dass wir Tiere als Nahrungsmittel essen müssen. Ich finde dies einigermaßen verwunderlich. Wir schreiben das Jahr 2007, und es ist schwer zu glauben, dass irgendjemand daran zweifelt, dass wir – auf sehr gesunde Art und Weise – von pflanzlicher Kost leben können. In der Tat scheint es, dass etablierte Gesundheitsexperten uns jeden Tag erzählen, dass Fleisch und Tierprodukte wie Milch und Eier verschiedene menschliche Krankheiten verursachen. Und landwirtschaftliche Tierhaltung ist ein komplettes Desaster für die Umwelt.

3. Evolution: Einige Menschen denken, dass wir, weil wir uns zu Omnivoren [Allesfressern] entwickelt haben, Allesesser sein sollten. Wir sind sicherlich fähig, Fleisch und Tierprodukte zu essen, obwohl unsere Zahnstruktur ungleich der der meisten Carnivoren [Fleischfresser] ist, insofern wir kein ungekochtes Fleisch vom Knochen reißen können. Überdies haben wir, anders als die meisten Carnivoren, einen langen Darm. In jedem Fall ist es ziemlich klar angesichts der wachsenden Zahl von Krankheiten, die allem Anschein nach mit dem Verzehr von Fleisch und Tierprodukten in Verbindung stehen, dass wir nicht damit fortfahren sollten, sie zu konsumieren, wie auch immer wir uns entwickelt haben. Und Fakten der Evolution regeln keine moralischen Sachverhalte. Man könnte argumentieren, dass wir uns dazu entwickelt haben, eine gewalttätige Spezies zu sein. Macht das Gewalt moralisch richtig? Mike Tyson kann jemandes Ohr abbeißen; heißt das, dass er es tun sollte?

4. Legalität: Eine überraschend hohe Anzahl Menschen rief an oder schrieb und sagte, dass was Vick tat, illegal war, Fleischessen aber legal sei.

Na und?

Menschensklaverei war einst legal; das machte sie nicht moralisch richtig. Mein Argument ist, dass wir moralisch schizophren sind, weil wir Hundekämpfe für illegal erklären, aber das Essen, Jagen und Gebrauchen von Tieren in Rodeos als legal und "normal" behandeln. Die Tatsache, dass wir in solch verdrehter Art und Weise handeln, ist keine Rechtfertigung dafür, es zu tun.

Wir können Vick verurteilen, soviel wir wollen, aber was er tat, unterscheidet sich nicht von dem, woran die meisten von uns sich direkt oder indirekt an jedem Tag ihres Lebens beteiligen. Ich stehe zu dem, was ich sagte: Wir alle sind Michael Vick. Wir müssen erkennen, dass unsere Kritik an ihm eine Kritik an uns selbst ist und an dem Leiden und Sterben von Tieren, das wir alle verursachen und für das wir alle moralisch verantwortlich sind.

Leben Sie vegan.

Gary L. Francione
©2007 Gary L. Francione

Sunday, 19 August 2007

Pharmazeutische Produkte und tierliche Inhaltsstoffe

von Gary L. Francione Blog

Obschon wir alle den Gebrauch pharmazeutischer Produkte zugunsten natürlicherer Heilweisen vermeiden sollten, kann es bei Gelegenheit ratsam oder sogar notwendig sein, ein Medikament zu nehmen.

Abgesehen von anderen Problemen mit diesen Produkten, sind sie oft nicht vegan, insofern sie verschiedene tierliche Produkte als ''inaktive'' Inhaltsstoffe enthalten. Zum Beispiel enthalten viele Tabletten Stearat oder Glyzerin, die oft aus tierlichen Quellen stammen, oder Laktose, ein Milchderivat. Und Kapseln werden üblicherweise natürlich aus Gelatine hergestellt.

Ich höre oft Veganer sagen, dass sie unter solchen Umständen keine Wahl haben, als von ihren veganen Prinzipien abzuweichen und Medikamente zu nehmen, die Tierprodukte enthalten.

An den meisten Orten, einschließlich kleinerer Städte, gibt es ''mischende Apotheken''. Diese Apotheken existieren in erster Linie, um verschriebene Medikamente zu liefern, die nicht kommerziell verfügbar sind. Zum Beispiel haben ältere Menschen zuweilen Schwierigkeiten, getrennte Arzneimittel einzunehmen, und eine mischende Apotheke kann die Arzneimittel in einer Kapsel kombinieren, um das Befolgen der Verordnung zu erleichtern. Manche Menschen sind allergisch gegen Farbstoffe, Bindemittel und Füllstoffe und manche können Medikamente nur in flüssiger Form einnehmen oder bevorzugen dies sehr.

Eine mischende Apotheke ist der perfekte Ort für Veganer, um ihnen zu helfen, tierliche Inhaltsstoffe zu vermeiden, selbst wenn sie ein pharmazeutisches Produkt nehmen müssen. Sie kann den aktiven Inhaltsstoff erhalten und nichttierliche Bindemittel und Füllstoffe verwenden, alles in einer veganen Kapsel. Die Tierversuche, die mit der Pharmaindustrie verbunden und gewiss nicht zu rechtfertigen sind, sind eine andere Sache, aber der mischende Apotheker kann zumindest sicherstellen, dass das Endprodukt keine tierlichen Bestandteile enthält.

Er kann nicht nur eine vegane verordnete Arznei für Sie herstellen, er kann außerdem eine vegane Alternative zu nicht verschreibungspflichtigen Präparaten bereiten. Wenn also zu viel Bloggen zu Sehnenentzündung führt und Bewegung, Akupunktur und Eispackung nicht funktioniert haben, können Sie Ibuprofen in veganer Form bekommen!

Gary L. Francione
© 2007 Gary L. Francione

Monday, 13 August 2007

Ein Kommentar zur Gewaltfrage

von Gary L. Francione Blog

Ich werde oft zu meinen Ansichten über jene gefragt, die Gewalt gegen Tierausbeuter befürworten.

Meine Antwort ist simpel: Ich bin ein entschiedener Gegner von Gewalt.

Für meine Position habe ich drei Gründe:

Erstens ist meiner Ansicht nach die Tierrechtsposition die endgültige Verwerfung von Gewalt. Sie ist die äußerste Bejahung des Friedens. Ich sehe die Tierrechtsbewegung als die logische Fortsetzung der Friedensbewegung, die Konflikte zwischen Menschen zu beenden sucht. Die Tierrechtsbewegung sucht idealerweise einen Schritt weiter zu gehen und Konflikte zwischen Menschen und Tieren zu beenden.

Der Grund dafür, warum wir uns in dem globalen Schlamassel befinden, in dem wir uns jetzt befinden, ist, dass wir uns die Geschichte hindurch auf gewaltsame Handlungen eingelassen haben und einzulassen fortfahren, die wir als unerwünschtes Mittel zu einem erwünschten Zweck zu rechtfertigen gesucht haben bzw. suchen. Jeder, der jemals Gewalt angewendet hat, behauptet, zu bedauern, seine Zuflucht zu ihr suchen zu müssen, argumentiert aber, dass irgendein erstrebenswertes Ziel ihren Gebrauch vermeintlich rechtfertigt. Das Problem ist, dass dies einen endlosen Kreislauf von Gewalt fördert, in dem jeder, dem es Ernst mit etwas ist, sich nur zu leicht der Gewalt gegen andere als Mittel, das größere Gut zu erreichen, bedienen kann, und jene, die Opfer der Gewalt sind, können eine Rechtfertigung für ihre gewalttätige Reaktion finden. Und so geht es immer weiter.

Dies ist konsequentialistisches moralisches Denken und es zerstört die Welt wie es auch zu einigen höchst sonderbaren Widersprüchen führt. Der größte Teil der westlichen Welt nimmt in Anspruch, das Christentum angenommen zu haben. Wie unklar auch immer das Neue Testament zu einigen Streitfragen stehen mag, klar ist mit Sicherheit, dass Gewalt abzulehnen ist. Nichtsdestoweniger rechtfertigen angeblich christliche Führer und ihre angeblich christlichen Wähler mit bekundetem großem Widerstreben die gewalttätigsten Handlungen, um ein angeblich größeres Gut zu erreichen, was immer das sein mag. Jene, gegen die sich die Gewalt richtet, behaupten ebenfalls, Religionen anzuhängen, die Gewalt ablehnen, tun sich aber keinen Zwang an, mit Gewalt zu antworten. So haben wir Menschen, die sich in Gewaltanwendung betätigen, während sie alle behaupten, Gewalt als eine grundlegende religiöse Sche abzulehnen. Und wir sagen, Menschen seien rational und Tiere seine es nicht!

Gewalt behandelt andere als Mittel zu Zwecken anstatt als Zweck an sich. Wenn wir Gewalt gegen andere ausüben – ob es sich um Menschen oder um Tiere handelt – ignorieren wir ihren ihnen innewohnenden Wert. Wir behandeln sie lediglich als Dinge, die keinen Wert haben außer dem, den wir ihnen zu geben entscheiden. Dies ist es, was Menschen dazu führt, sich in Gwältkriminalität gegen farbige Menschen, Frauen, Schwule und Lesben zu betätigen. Es ist das, was uns dazu führt, Tiere zu verdinglichen und als Ressourcen zu behandeln, die einzig zu unserem Gebrauch da sind. Alles das ist falsch und sollte zurückgewiesen werden.

Zweitens, an jene gerichtet, die Gewalt befürworten: gegen wen genau ist sie zu richten? Der Landwirt züchtet Tiere, weil die überwältigende Zahl von Menschen Fleisch und Tierprodukte zu konsumieren verlangt. Der Landwirt zieht die Tiere unter Bedingungen der Intensivhaltung auf, weil die Konsumenten wollen, dass Fleisch und Tierprodukte so billig wie möglich sind. Aber ist der Landwirt der einzige Schuldige hier? Oder wird die Verantwortung vom Rest derjenigen von uns geteilt, die Tierprodukte essen, einschließlich all jener ''pflichtbewussten Allesesser'', der nichtveganen ''Tierschutzleute'', die ''käfig-freie'' Eier und ''Bio-Fleisch'' konsumieren, welche die Nachfrage schaffen, ohne die der Landwirt etwas anderes mit seinem Leben anfinge? Ich vermute, dass es leichter ist, Landwirte als ''den Feind'' zu charakterisieren, aber dies ignoriert die Realität der Situation.

Was ist mit dem Tierexperimentator, einer üblichen Zielscheibe derer, die Gewalt befürworten? Die Frage einmal beiseite legend, ob Tierversuche wirklich Daten produzieren, die für die Lösung von Problemen menschlicher Gesundheit von Nutzen sind, [lässt sich feststellen, dass]die meisten Krankheiten, für deren Erforschung Tiere verwendet werden, sind solche, die gänzlich vermieden oder drastisch reduziert werden könnten, wenn die Menschen aufhörten, Nahrungsmittel tierlicher Herkunft zu essen und sich in solch destruktiven Verhaltensweisen wie Rauchen, exzessivrm Alkoholkonsum, Drogenkonsum und mangelnde Bewegung zu ergehen.

Nochmals gefragt, wer ist der wahre Schuldige? Ich denke gewiss nicht, dass Tierversuche aus irgendeinem Grund zu rechtfertigen seien, aber ich finde es merkwürdig, dass jene, die sich für Gewalt aussprechen, Tierexperimenatatoren als von den sozialen Bedingungen losgelöst sehen können, die Tierversuche hervorbringen – und an diesen Bedingungen sind wir alle mitschuldig.

Überdies dürfen wir nicht vergessen, dass es immer mehrere Wege gibt, Gesundheitsprobleme anzugehen. Tierversuche sind ein Weg und eine in den Augen vieler (einschließlich meiner) nicht sonderlich effektive Wahl. Die Entscheidung, soziale Ressourcen eher in Tierversuche als in andere, wirksamere Wege zu investieren, spiegelt ebenso sehr und wahrscheinlich mehr eine politische Entscheidung wider als eine wissenschaftliche.

Zum Beispiel hat der erhebliche Aufwand Tiere verbrauchender AIDS-Forschung wenig Nutzen für an AIDS leidende Menschen gebracht, und das meiste dessen, was in ein längeres und besseres Leben für die von HIV und AIDS Betroffenen resultierte, kam von klinischen Versuchen mit Menschen, die diesen Versuchen zugestimmt hatten. Es ist sicherlich plausibel, geltend zu machen, dass, würde das auf Tierversuche verwendete Geld stattdessen auf öffentliche Safe-Sex-Aufklärungskampagnen, den Austausch von Injektionsnadeln und die Verteilung von Kondomen verwendet werden, die Rate neuer HIV-Fälle dramatisch fallen würde. Tierversuche werden als akzeptable Art und Weise, das Problem AIDS zu lösen, angesehen, während der Austausch von Nadeln, das Verteilen von Kondomen und Safe-Sex-Aufklärung politisch kontrovers sind.

Der Tierexperimentator ist also wiederum nicht der einzige Schuldige hier. In der Tat kann sehr wohl argumentiert werden, dass die Hauptverantwortlichen für den Gebrauch von Tieren in der AIDS-Forschung die reaktionären Politiker sind, die auf eine reaktionäre Basis antworten, welche effektivere Wege, mit AIDS umzugehen, ablehnt.

Drittens ist mir nicht klar, was jene, die Gewalt unterstützen, in praktischer Hinsicht zu erreichen hoffen. Sie veranlassen die Öffentlichkeit sicherlich nicht dazu, mitfühlender mit der Not von Tieren zu werden. Eher ist das Gegenteil wahr, und diese Aktionen haben eine höchst negative Wirkung im Hinblick auf die öffentliche Wahrnehmung. Wir leben in einer Welt, in der praktisch jeder, der es sich leisten kann, Tierprodukte konsumiert. In einer solchen Welt gibt es keinen Kontext, in der Gewalt für Tiere in irgend einer anderen als negativen Weise interpretiert werden kann.

Mit anderen Worten, in einer Welt, in der das Konsumieren von Tierprodukten von den meisten Menschen als ebenso ''natürlich'' und ''normal'' betrachtet wird wie Wasser trinken oder Atmen, wird Gewalt mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit als nichts anderes denn als ein Akt des Wahnsinn gesehen und leistet nichts dazu, ein progressiveres Denken über das Problem der Tierausbeutung zu befördern.

Tierausbeutung ist beherrschend in unserer Gesellschaft. Dies ist so, weil wir denken, dass die Zwecke (die vermeintlichen Vorteile, die wir aus dem Gebrauch von Tieren ziehen) die Mittel rechtfertigen (jedes Jahr Milliarden von Tieren Leiden und Tod zuzufügen) und weil wir Tiere ausschließlich als Wirtschaftsartikel behandeln und ihren Eigenwert missachten. Diese Situation kann nicht sinnvollerweise dadurch angegangen werden, diese Vorstellungen zu verwenden, um Gewalt gegen Menschen zu rechtfertigen.

Die Tatsache, dass zumindest einige ''Anwälte der Tiere'', die Gewalt befürworten, nicht vegan sind, ist wahrhaftig verwirrend. Diese Leute sind solchermaßen um Tiere besorgt, dass sie sich dafür aussprechen, anderen Menschen Schaden zuzufügen, die Tiere ausbeuten, während sie anscheinend außerstande sind, aufzuhören, selbst Tiere auszubeuten.

Das Fazit ist klar: Der einzige Weg, auf dem wir jemals einen bedeutungsvollen Einfluss auf das Problem haben werden, ist der durch gewaltlose Aufklärung. Das fängt damit an, dass wir selbst Veganer werden und Gewalt gegen Tiere in unserem eigenen Leben ablehnen, und verbreitet sich durch kreative gewaltlose Aufklärung über Veganismus.

Ich plane, dieses Problem in größerem Umfang in meinen kommenden Schriften anzusprechen, und wollte eigne einleitende Gedanken mit Ihnen teilen.

Gary L. Francione
© 2007 Gary L. Francione

Thursday, 2 August 2007

Eine Anmerkung zu Michael Vick

von Gary L. Francione Blog

Es hat eine gewaltige Menge Berichterstattung über das angebliche Hundekampf-Geschäft, gesponsert von Atlanta Falcons Quarterback Michael Vick, gegeben. Vick und drei weitere Männer wurden unter bundesstaatliche Anklage eines Verbrechens gestellt, derzufolge Vick illegale Hundekämpfe gesponsert, Glücksspiel mit Hundekämpfen betrieben und tierquälerische Handlungen auf seinem Grundstück gestattet hatte. Die Talkshows sind voll mit TV-Sprechern der "humanen Gemeinde", die Hundekämpfe verdammen und fordern, dass Vick bestraft wird, falls er wirklich schuldig ist. Nike und Reebok haben den Verkauf von Vick gutgeheißener Produkte ausgesetzt.

Lassen Sie mich bitte sehr deutlich feststellen: Ich denke, dass Hundekämpfe eine schreckliche Sache sind.

Aber ich muss sagen, dass der Fall Vick eine ziemlich dramatische Demonstration dessen ist, was ich unsere "moralische Schizophrenie" in Bezug auf Tiere nenne. Das heißt, wenn etwas klar ist, dann ist es dies, dass wir hinsichtlich unserer moralischen Verpflichtungen Tieren gegenüber nicht klar denken.

Allein in diesem Land töten wir über 10 Milliarden landlebender Tiere jährlich für Nahrungszwecke. Die Tiere, die wir essen – selbst die, welche angeblich "human" aufgezogen werden –, leiden genauso wie die Hunde, die für Hundekämpfe benutzt werden. Es gibt keine "Notwendigkeit" für uns, Fleisch, Milch oder Eier zu essen. Tatsächlich werden diese Nahrungsmittel zunehmend mit verschiedenen menschlichen Krankheiten in Verbindung gebracht, und landwirtschaftliche Tierhaltung ist ein Umweltdesaster für den Planeten. Wir erlegen diesen Milliarden fühlender Wesen Schmerz, Leiden und Tod auf, weil wir es genießen, ihr Fleisch und die Produkte, die wir aus ihnen machen, zu essen.

Es hat etwas ausgesprochen Bizarres, Michael Vick dafür zu verdammen, Hunde für eine abscheuliche Art der Unterhaltung zu benutzen, wenn 99% von uns ebenfalls Tiere, die ganz genauso empfindungsfähig wie Hunde sind, für eine andere abscheuliche Form der Unterhaltung benutzen, die nicht anders als Hundekämpfe zu rechtfertigen ist: Tiere und Tierprodukte zu essen.

Es hat etwas ausgesprochen Bizarres, dass viele "Tierliebhaber" zu Tisch sitzen und Fleisch essen, das das Certified-Humane-Raised-and-Handled Label (Zertifiziert human aufgezogen und behandelt) trägt, empfohlen von der Humane Society of the United States, während HSUS uns erzählt, was für ein übler Kerl Michael Vick ist.

HSUS und PETA fordern, dass Michael Vick von der NFL [National Football League] suspendiert wird. Soweit ich weiß, forderte keine dieser Organisationen, dass Michael Jordan von der NBL [National Basketball Association] suspendiert wird, weil er für Ball Park Franks [Frankfurter Würstchen] warb.

Es liegt etwas Bizarres darin, dass Reebok und Nike, die für ihre Schuhe Leder verwenden, von Vick empfohlene Produkte verbannen. Sie erlauben einem Kerl, der angeblich Hunde martert, nicht, Produkte zu empfehlen, die gemarterte Kühe enthalten.

In Introduction to Animal Rights: Your Child or the Dog? stellte ich Simon den Sadisten vor, der Vergnügen daran findet, Hunde mit einer Lötlampe zu verbrennen. Wir alle würden ein solches Verhalten als monströs betrachten, weil wir alle darin übereinstimmen, dass es falsch ist, Tieren "unnötiges" Leiden zuzufügen, und Vergnügen, Zeitvertreib und Bequemlichkeit können nicht als die Bedingung der "Notwendigkeit" erfüllend zählen. Aber dann stellte ich die weitergehende Frage – inwiefern unterscheiden sich jene von uns, die Tierfleisch oder Tierprodukte essen, denn von Simon? Er genießt es, Hunde mit einer Lötlampe zu verbrennen; wir genießen den Geschmack von Fleisch, Milch und Eiern. Aber sowohl wir als auch Simon töten empfindungsfähige Wesen (wir mögen andere dafür bezahlen, die schmutzige Arbeit zu erledigen), weil wir einen Genuss daraus ziehen.

Den Berichten zufolge beschlagnahmten die Behörden ein "Vergewaltigunsgestell" auf Vicks Grundstück, das dazu verwendet wird, Hündinnen für die Paarung festzuhalten. Und "Vergewaltigunsgerüste" werden gebraucht, um Kühe bei der Schwängerung festzuhalten. Wenn es um einen Hund geht, sind wir besorgt; wenn es um eine Kuh geht, ignorieren wir es.

Michael Vick mag es genießen, Hundekämpfe anzuschauen; ein anderer mag dies widerwärtig finden, sieht aber nichts Falsches darin, ein Tier zu essen, das ein Leben hatte, das ebenso voller Schmerz und Leiden war wie das der kämpfenden Hunde. Es ist sonderbar, dass wir letzteres als moralisch verschieden von ersterem und als moralisch höher stehend betrachten. Wie weit entfernt ist die johlende Menge um eine Hundekampfarena von der lachenden Gruppe bei einer sommerlichen Steak-Grillparty?

Wir alle sind Simon. Wir alle sind Michael Vick.

Leben Sie vegan.

Gary L. Francione
© 2007 Gary L. Francione

Wednesday, 13 June 2007

Das Versagen von Tierschutzgesetzen

von Gary L. Francione Blog

Wir arbeiten immer noch hart an der Neugestaltung dieser Website. Wir sind davon sehr begeistert und hoffen, dass die Website Ihnen gefällt und dass Sie sie für Ihr abolitionistisches Eintreten für Tiere nützlich finden.

Ich möchte diese Woche einen Rechtsfall aus jüngster Zeit, der durch die Nachrichten ging, kurz kommentieren. Im Dezember 2005 behauptete ein Ermittler einer Tierschutzorganisation, verschiedene Fälle von Tierquälerei auf Esbenshade Farms, einer großen Eierfabrik in Pennsylvania, gefilmt zu haben. Der Eigentümer und der Manager wurden beide wegen 35 Fällen des Verstoßes gegen das in Pennsylvania gültige Tierschutzgesetz belangt. Das Video zeigte den Angaben zufolge auf dem Draht ihrer Käfige aufgespießte Hennen, unfähig, Futter oder Wasser zu erreichen, und zusammen mit den verwesenden Körpern anderer Hennen eingesperrt.

Am 01. Juni 2007 befand der Richter am Gerichtshof des Bundesstaates beide [Angeklagten] nicht schuldig in allen Anklagepunkten. Die Eierbauern behaupteten, dass das Video in Wirklichkeit nicht ihren Hof zeigte. Aber der Richter fertigte offensichtlich keine schriftliche Meinung aus, so dass die Grundlage der Entscheidung unklar ist.

Die Gemeinde der Anwälte der Tiere ist schockiert.

Warum?

Dies ist genau die Art und Weise, wie Tierschutzgesetze funktionieren. Nämlich gar nicht.

In meinem Buch Animals, Property, and the Law habe ich gezeigt, dass Tierschutzgesetze nicht funktionieren und darin versagen, den Interessen von Tieren bedeutsamen Schutz zu bieten. Es handelt sich um Strafrechtsbestimmungen, welche erfordern, dass der Staat jenen, die gegen sie verstoßen, eine kriminelle Absicht nachweist. Angesichts des Umstandes, dass wir in einer Gesellschaft leben, in der fast jeder Tierausbeutung als normal betrachtet, ist es schwierig, jemandem ohne einen vernünftigen Zweifel nachzuweisen, dass er in krimineller Absicht gehandelt hat, wenn er einem Tier Leiden zugefügt und es getötet hat.

Darüber hinaus enthalten viele Tierschutzbestimmungen entweder ausdrücklich Ausnahmen für anerkannte Arten der institutionellen Tiernutzung oder sie interpretieren das Verbot des Zufügens ''unnötigen'' oder ''ungerechtfertigten'' Leidens von Tieren unter Verweis auf solche Nutzungsarten. Dies bedeutet, dass als ''notwendiges'' und ''gerechtfertigtes'' Leiden das erachtet wird, was in den Ausbeutungsindustrien gebräuchlich ist. Zum Beispiel verletzt laut den in Pennsylvania gültigen Bestimmungen eine ''im normalen landwirtschaftlichen Arbeitsablauf vorgenommene Handlung'' das Tierschutzgesetz nicht.
Aber viele Handlungen, die in landwirtschaftlicher Tierhaltung ''normal'' sind, sind ''grausam'' gemäß dem, wie wir den Begriff im nicht-rechtlichem Kontext verwenden. Die Verletzung von Hennen in Batteriekäfigen, ihre Unfähigkeit, Futter und Wasser zu erreichen, und tote Vögel in den Käfigen sind allesamt Teil ''normaler'' landwirtschaftlicher Eierproduktion.

Wir sollten also nicht überrascht sein, dass der Richter die Angeklagten von allen Vorwürfen freisprach. Selbst wenn sie taten, was getan zu haben sie beschuldigt werden, wäre es schwierig zu argumentieren, dass das, was auf dem Esbenshade-Hof auftrat, sich in irgendeiner bedeutsamen Weise von dem unterscheidet, was auf jeder anderen Eierfarm mit Massentierhaltung vor sich geht. Alle sind grässliche Orte, die Tiere für wirtschaftlichen Gewinn quälen. Aber sie existieren nur, weil wir Eier essen. In dem Maß, in dem die Eierbauern schuldig sind, sind es auch die Konsumenten. Wenn es keine Nachfrage [nach Eiern] gäbe, wären die Produzenten nicht im Geschäft.

In gewissem Sinne ist die strafrechtliche Verfolgung wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz irreführend und schädlich. Sie ist irreführend, weil sie suggeriert, dass es einen Unterschied zwischen [Betrieben wie] Esbenshade Farms und anderen Eierproduktionsanlagen gibt. Es gibt keinen. Alle sind fürchterliche Orte. Die strafrechtliche Verfolgung ist schädlich, weil sie als Lösung des Problems nahe legt, Eier zu konsumieren, die unter ''humaneren'' Umständen produziert werden wie ''käfig-freie'' Eier [Eier aus Bodenhaltung], die von der Humane Society of the United States und anderen Tierschutz-Körperschaften beworben werden.

Die Lösung ist nicht: mehr ''humane'' Eier.

Die Lösung ist: keine Eier.

Gary L. Francione
© 2007 Gary L. Francione

Wednesday, 30 May 2007

Meine Antwort an Johanna

von Gary L. Francione Blog

Letzte Woche erhielt ich eine Email von einer Person, die ich mit ihrer Erlaubnis nur Johanna nennen werde. Johanna schrieb (Auszug):
Sie vertreten die Auffassung, dass wir alle unsere Zeit und Energie daransetzen sollen, Menschen zu überzeugen, Veganer zu werden. Ich denke, das ist eine wunderbare Idee, aber was ist mit all den Leuten, die Tiere überhaupt nicht kümmern und die niemals Veganer werden? Was ist mit denen, die vielleicht irgendwann einmal Veganer werden, aber nicht auf der Stelle dazu bereit sind?

Macht es mit Blick auf diese Menschen nicht Sinn, Tierschutzreformen zu verfolgen? Ist es nicht besser, sie zu ermutigen, Nahrungsmittel [tierlicher Herkunft] zu essen, die auf humanere Art und Weise produziert werden, selbst wenn der Unterschied zwischen diesen und solchen Nahrungsmitteln, die konventionell erzeugt werden, nicht sehr groß sein mag?
Johannas Bedenken sind recht typisch unter denen, die Tierschutzreformen und den ''Bio-Fleisch/ Mich/ Eier''-Ansatz unterstützen. Ich poste meine Antwort an Johanna in der Hoffnung, dass andere sie ihrem Nachdenken über diese Streitfragen dienlich finden werden.

Es gibt im Wesentlichen drei Gruppen von Menschen:

Die erste Gruppe besteht aus jenen, die, wie Sie zu bedenken geben, Tiere nicht kümmern und die niemals Veganer werden, zumindest nicht aus aus ethischen Gründen. Diejenigen, welche in diese Gruppe fallen, sind erklärtermaßen nicht bereit, mehr für Nahrungsmittel zu zahlen, die als in ''humanerer'' Art und Weise produziert vermarktet werden.

Falls Ihnen vorschwebt, dass besagte Leute wirksam dazu gezwungen werden könnten, ''humaner'' produzierte Nahrungsmittel zu kaufen, wenn wir bestimmte Reformen in nationaler Gesetzgebung realisieren, dann gibt es hierzu mindestens zwei Überlegungen:

Zunächst ist jede Tierschutzmaßnahme, die das Leiden von Tieren in irgendeiner bedeutsamen Weise vermindert und auf alle inländisch produzierten Nahrungsmittel anwendbar ist (und nicht auf eine Marktnische für wohlhabende Konsumenten abzielt), kostenträchtig und hat einen erheblichen Preisanstieg zur Folge. Dies würde eine politische Reaktion hervorrufen, die sicherstellen würde, dass die Reform entweder nicht in Kraft träte oder bis zu völliger Bedeutungslosigkeit abgeschwächt würde.

Zweitens ist es, selbst wenn Reformen gesetzlich realisiert würden, nicht klar, dass unter den verschiedenen Freihandelsabkommen der Import von Tierprodukten, die unter konventionellen Bedingungen produziert werden, blockiert werden könnte. Soweit Menschen in dieser ersten Gruppe sich um Tiere keine Gedanken machen und sie nicht bereit sind, einen Preisaufschlag für vermeintlich ''humanere'' Produkte zu zahlen, werden sie einfach Produkte von einer konventionellen Quelle kaufen.

Ihnen dürfte bekannt sein, dass es in Europa einen beträchtlichen Widerstand gegen inländische Gesetzgebung, mit der beabsichtigt ist, Tierschutzdirektiven der EU einzuführen, gegeben hat.

Die zweite Gruppe umfasst jene, die um Tiere besorgt sind und Veganer werden würden, wenn ihnen ein gutes Argument dafür präsentiert würde, dass wir keinerlei Tierprodukte essen sollen und dass es keinen moralischen Unterschied zwischen Fleisch und Milch oder Eiern gibt.

Wenn Sie diesen Menschen erzählen, sie könnten ihre moralischen Verpflichtungen Tieren gegenüber damit erfüllen, käfig-freie Eier [Eier aus Bodenhaltung] zu essen oder Fleisch mit dem Certified-Humane-Raised-&-Handled-Label [Zertifiziert aufgezogen und behandelt], dem Animal-Compassionate-Label [Mitgefühl für Tiere] oder mit irgendeinem der anderen ''Bio-Fleisch''-Etiketts oder dass sie, laut Kommentatoren wie Peter Singer, ''sich gelegentlich den Luxus von Freilandeiern oder vielleicht sogar von Fleisch von Tieren leisten (können), die ein gutes Leben unter artgerechten Bedingungen hatten und dann human auf dem Hof getötet werden''; wenn Sie ihnen das erzählen, anstatt an sie mit einer klaren veganen Botschaft heranzutreten, dann kann es gut sein, dass diese Menschen nicht Veganer werden.

Ich kann Ihnen nicht sagen, wie oft Anwälte der Tiere mir sagten, sie seien jahrelang Vegetarier gewesen, hätten aber angefangen, vegan zu leben, nachdem sie eine Vorlesung von mir oder ein Interview mit mir gehört oder etwas von dem gelesen hätten, was ich darüber geschrieben habe, dass es keinen [moralisch relevanten ] Unterschied zwischen Fleisch und Milch gibt und alles andere als Veganismus Tierausbeutung ist.

Zum Beispiel schrieb mir als Reaktion auf ein Seminar über Tierrechte, das ich in einem Tierheim gegeben hatte, ein dort ehrenamtlich Tätiger:
Ich war 12 Jahre lang Vegetarier und bin Veganer, seit ich das Tierheim nach Ihrem Besuch verlassen habe. Ich denke, es war das von Ihnen gegebene Beispiel von Simon dem Sadisten, das wirklich gesessen hat. In jedem Fall möchte ich Ihnen danken dafür, dass Sie gekommen sind, um hier zu sprechen. Veganer geworden zu sein hat mich wirklich dafür geöffnet, die Widersprüche in meinem Leben neu zu bewerten, ganz abgesehen von all dem tollen Essen, das ich sonst nicht ausprobiert hätte, weil es so leicht war, ein [Käse-]Pizza bestellender Vegetarier zu sein.
(Sie können das Simon-der-Sadist-Beispiel hier nachlesen.)

Als Reaktion auf mein Interview in The Vegan schreib eine Leserin:
Am Ende des Interviews sagen Sie: ''Ich verwende eine Menge Zeit darauf, mit meinen Freunden über Veganismus zu sprechen, und bin froh, dass die meisten von ihnen Veganer geworden sind. Und ich höre niemals auf, zu versuchen, die anderen zu überzeugen. Niemals.''

Ich wollte Sie nur wissen lassen, dass ich ein von Ihnen Bekehrter bin! Vegetarierin seit 30 Jahren, bin ich vor einem Jahr Veganerin geworden, nachdem ich einige Online-Texte von Ihnen gelesen hatte, auf die meine vegane Tochter mich aufmerksam gemacht hatte. Meine Reaktion war: ''Ja, das ist vollkommen richtig'', und ich bedauere, nicht schon vor Jahrzehnten Veganerin geworden zu sein.

Ich unterstütze voll und ganz Ihre Einstellung, die so offenkundig richtig, wahr und klarsichtig ist, dass es manchmal schwer fällt zu verstehen, warum das nicht jeder sehen kann.
Ich bekomme Dutzende solcher Mitteilungen. Das Gleiche passiert Bob und Jenna Torres auf Vegan Freaks. Wir sprechen fast wöchentlich über Emails und Anrufe, die wir von Leuten erhalten, die Veganer werden, weil sie es schließlich ''kapieren''. Sie dachten, weniger zu tun, als vegan zu leben, sei moralisch vertretbar, weil dies genau das war, was die ''Bewegung'' ihnen erzählte.

Die dritte Gruppe besteht aus jenen, die nicht auf der Stelle Veganer werden, selbst wenn Sie sie mit einer überzeugenden veganen Botschaft ansprechen.

Sollten wir diese Leute dazu ermutigen, käfig-freie Eier oder ''Bio-Fleisch'' zu konsumieren, oder Fleisch wegzulassen, aber nicht Mich, als Schritt in Richtung Veganismus?

Meiner Meinung nach nicht.

Manche Tierschützer denken, dass wenn Sie jemandem die Botschaft, vegan zu leben, vermitteln, der nicht sofort bereit ist, es zu tun, derjenige gar nichts tun wird. Worauf gründet sich diese Annahme? Tatsächlich sagt uns der gesunde Menschenverstand das Gegenteil. Wenn Sie die Botschaft des Veganismus an jemanden richten, der sich über Tierethik Gedanken macht, aber noch nicht bereit ist, vegan zu leben, wird dieser Mensch höchstwahrscheinlich weniger tun, als vegan zu leben, aber er wird nicht nichts tun. Aber Sie können absolut sicher sein, dass er, wenn Sie jemandem erzählen, er brauche nicht vegan zu leben, um seine moralischen Verpflichtungen Tieren gegenüber zu erfüllen, es auch nicht tun wird. Wenn Sie Leuten in dieser Gruppe sagen, es sei moralisch akzeptabel, käfig-freie Eier oder ''Bio-Fleisch'' zu essen oder ''pflichtbewusste Allesesser'' zu sein, dann ist dies genau das und alles, was sie tun werden.

Wenn Sie die vegane Position verständlich erklären, wird jemand, der wirklich nicht gleichgültig ist, aber nicht umgehend Veganer werden will, etwas tun, das weniger als Veganismus ist. Die Frage ist, was sollte er tun?

Wenn wir es mit einem Anwalt der Tiere zu tun haben, der, nachdem er die Argumente für Veganismus erwogen hat, erklärt, dass er nicht auf der Stelle Veganer wird, ist die Antwort nicht, ihm vorzuschlagen, käfig-freie Eier oder ''Bio-Fleisch'' von Whole Foods zu essen.

Indem Sie diesen Vorschlag machen, ermutigen Sie ihn, zu glauben, es gebe einen Unterschied zwischen Eiern aus einer Legebatterie und solchen aus Bodenhaltung oder zwischen ''Bio-Fleisch'' von Whole Foods und konventionellem Fleisch. Es gibt keinen bedeutsamen Unterschied. Es ist alles grässlich. Die ''Bio-Fleisch''-Bewegung lässt die Menschen sich wohler beim Konsumieren von Tieren und Tierprodukten fühlen und ermutigt sie, Tiere und Tierprodukte zu konsumieren.

Es gibt keinen Unterschied zwischen Fleisch und Milch. Zu sagen, Sie äßen kein Fleisch, aber Milchprodukte oder Eier, ist wie zu sagen, Sie äßen große Kühe, aber keine kleinen. In einem Glas Milch steckt ebenso viel Leid wie in einem Pfund Steak, und alle diese Tiere enden im selben Schlachthaus, wonach wir sie ohnehin essen.

Zudem tendieren viele Menschen, wenn sie Fleisch aufgeben, dazu, mehr Milchprodukte und Eier zu essen. Was für ein ''Fortschritt'' ist das?

Wir sollten immer klarstellen, dass es keinen moralischen Unterschied zwischen Fleisch und allem anderen gibt. Es ist alles schlimm. Es ist alles Teil der Ausbeutung von Tieren, und nichts davon kann moralisch gerechtfertigt werden.

Eine bessere praktische Lösung ist es, einen schrittweisen Zugang vorzuschlagen, der stärker mit der Vorstellung übereinstimmt, dass wir keine Tierprodukte essen sollten.

Oft schlage ich jemandem in dieser dritten Gruppe vor, eine vegane Mahlzeit pro Tag für ein oder zwei Wochen zu essen. Und dann zwei Mahlzeiten in der dritten und vierten Woche und drei Mahlzeiten in der fünften und sechsten Woche. Ich versorge ihn mit Informationen über vegane Ernährung und leite ihn zu einigen der hervorragenden Websites, die so deutlich demonstrieren, wie einfach es ist, vegan zu leben, und die eine breite Palette der vorzüglichen und nahrhaften Angebote, die erhältlich sind, bieten.

Ich denke, es ist sehr wichtig, ehrlich zu den Menschen zu sein und ihnen zu erklären, dass in unserer Gesellschaft, die von Tierausbeutung durchdrungen ist, es unmöglich ist, Tierausbeutung komplett zu vermeiden. Was aber absolut sicher ist, ist dies, dass Sie, wenn Sie nicht vegan leben, Tierausbeuter sind. Es ist unerlässlich, dass jenen, die um Tiere besorgt sind, deutlich gesagt wird, dass dies nicht genug ist. Sie müssen Ihren Prinzipien entsprechend handeln.

Obwohl der von mir beschriebene schrittweise Zugang besser ist, als käfig-freie Eier und ''Bio-Fleisch'' zu konsumieren und mehr Profit in die Taschen von Tierausbeutern zu stecken, deren Produkte mehr kosten, aber nicht ''humaner'' sind als konventionelle, ist es wichtig, jedem, den diese Probleme kümmern, vor Augen zu führen, dass alles, was weniger als Veganismus ist, bedeutet, den eigenen Genuss über das Leben und Leiden der Tiere zu stellen, die sie weiterhin essen. Wir sollten niemals das Essen irgendeines Tierproduktes unter irgendwelchen Umständen ''billigen''. Wir sollten stets deutlich und unzweideutig Singers Ansicht zurückweisen, dass ein konsequenter Veganer zu sein ''fanatisch'' ist oder dass wir die Verpflichtung haben, nicht vegan zu essen, wenn dies zu tun andere zu der Reaktion veranlasst, zu sagen: ''Oh mein Gott, diese Veganer...''

Das eine, was ich niemals tue, ist die Vorstellung zu verstärken – die von den großen Tierschutzgruppen befördert wird –, dass Veganismus einen schwierige Veränderung des Lifestyles bedeutet und nur für jene realisierbar ist, die gut darin sind, sich selbst aufzuopfern, und über mönchische Selbstdisziplin verfügen. Ich sage ihnen die Wahrheit: Veganismus ist leicht. Delikates, nahrhaftes veganes Essen muss nicht teuer sein. Und ich betone, dass es, wenn es ihnen mit Tierethik ernst ist, keine andere Wahl gibt.

Und was unsere Öffentlichkeitsarbeit anbelangt, bedenken Sie, dass es ein Nullsummenspiel ist. Unsere Zeit und unsere Ressourcen sind begrenzt. Die Zeit und Ressourcen, die Sie darauf verwenden, für Bio-Fleisch und [andere] Bio-Tierprodukte Werbung zu machen, verwenden Sie nicht auf klare, unzweideutige Aufklärung über Veganismus. Letzteres zu tun ist der beste Weg, die Nutzung und das Leiden [von Tieren] kurzfristig zu vermindern, und es ist der einzige Weg, langfristig eine abolitionistische Bewegung aufzubauen, die das moralische Leitbild weg vom Status von Tieren als Eigentum verändern kann.

Die ''Bio-Fleisch/ Milch/ Eier''-Bewegung schließt eine notwendige Allianz zwischen Anwälten der Tiere und institutionellen Ausbeutern ein, in der Tierschützer quasi die Partner der Tierindustrie sind, Werber für ''humanes'' Fleisch, ''humane'' Milch und ''humane'' Eier''. Der abolitionistische Ansatz lehnt diese Allianz ab.

Gary L. Francione
© 2007 Gary L. Francione

Wednesday, 23 May 2007

''Oh mein Gott, diese Veganer...'

von Gary L. Francione Blog

In der andauernden Debatte zwischen denen, die den abolitionistischen Ansatz fördern, und jenen, die den Tierschutzansatz vorantreiben, behaupten einige der Tierschützer, dass sie Veganismus unterstützen, und dass es deshalb hinsichtlich des Essens und Gebrauchs von Tierprodukten in Wirklichkeit wenig Unterschied zwischen den beiden Ansätzen gebe.

Es ist wichtig zu verstehen, dass in dem Maß, in dem Tierschützer Veganismus unterstützen, die abolitionistische Position zum Veganismus sich sehr von der des Tierschutzes unterscheidet.

Abolitionisten sehen Veganismus als nicht verhandelbare moralische Grundlinie einer Bewegung, die den Standpunkt vertritt, dass wir alle Tiernutzung abschaffen sollten, wie immer ''human'' unsere Behandlung von Tieren sein mag. Die abolitionistische Position ist die, dass Tiere einen ihnen innewohnenden Eigenwert haben und dass wir sie niemals töten und essen sollten, selbst wenn sie ''human'' aufgezogen und getötet worden sind. Abolitionisten betrachten Veganismus als einen Selbstzweck – als einen Ausdruck des Prinzips der Abolition im Leben des Einzelnen.

Abolitionistische Veganer kämpfen nicht für Tierschutzreformen, die Tierausbeutung vermeintlich ''humaner'' machen. Es ist natürlich ''besser'', jemandem weniger Schaden zuzufügen als mehr Schaden, aber wir haben keine moralische Rechtfertigung dafür, Tieren überhaupt erst einen Schaden zuzufügen. Es ist ''besser'', wenn ein Vergewaltiger das Vergewaltigungsopfer nicht prügelt, aber das macht Vergewaltigung ohne Prügel nicht moralisch akzeptabel oder eine Kampagne für ''humane'' Vergewaltigung zu etwas, das wir tun sollten.

Abolitionisten betrachten Veganismus als die wichtigste Form des schrittweisen Wandels und sie verwenden ihre Zeit und Ressourcen eher darauf, andere über Veganismus aufzuklären und über die Notwendigkeit, damit aufzuhören, Tiere insgesamt zu nutzen, als damit, zu versuchen, Menschen dazu zu überreden, ''käfig-freie'' Eier [Eier aus Bodenhaltung] oder Fleisch von Tieren zu kaufen, die in großen Zellen eingesperrt waren.

Soweit Tierschützer irgendeine Form von Veganismus befürworten (und viele tun das nicht), sehen sie ihn nicht als Selbstzweck, sondern lediglich als ein Mittel zu dem Zweck, Tierleid zu vermindern. Sie sehen Tiernutzung nicht als das Hauptproblem; sie denken, dass es für Menschen zulässig sein kann, Tiere zu töten und zu essen, und dass das Hauptproblem darin besteht, wie wir Tiere behandeln. Tierschützer, die Veganismus fördern, argumentieren,, dass wir wegen der Schwierigkeit, tierliche Nahrungsmittel zu bekommen, die auf eine moralisch akzeptable Weise produziert worden sind, überwiegend vegan leben sollten, dass es aber zulässig sei, ''flexibler'' Veganer zu sein und auch nichtvegan zu essen. Da Tierschützer sich eher auf die Behandlung von Tieren als auf ihr Genutztwerden konzentrieren, kämpfen sie für Dinge wie ''käfig-freie'' Eier oder Alternativen zum Kastenstand für schwangere Sauen.

Die meisten derjenigen, die diese Sichtweise unterschreiben, stimmen mit der Position des utilitaristischen Theoretikers Peter Singer überein, der ein hervorragendes Beispiel von Tierschutz-''Veganismus'' liefert.

Singer denkt nicht, dass es notwendigerweise ein Problem ist, dass wir Tiere für menschliche Zwecke nutzen, weil er das Töten von Tieren nicht als notwendigerweise unmoralisch erachtet. Laut Singer sind Tiere (mit der Ausnahme der Großen Menschenaffen und vielleicht einiger weniger anderer Spezies) nicht selbst-bewusst und spielt es für sie nicht wirklich eine Rolle, dass wir sie nutzen, sondern nur, wie wir sie nutzen. Dies führt Singer dahin zu sagen, dass es moralisch akzeptabel sein kann, ein ''Allesesser mit gutem Gewissen'' zu sein, wenn wir sorgfältig darauf achten, nur Tiere zu essen, die in einer ''humanen'' Weise aufgezogen und getötet worden sind.

Zum Beispiel stellt Singer in seinem Interview in The Vegan 2006 fest:
[U]m zu vermeiden, Tieren Leiden zuzufügen – ganz abgesehen von den Umweltkosten der intensiven Tierproduktion – müssen wir die Tierprodukte, die wir konsumieren, drastisch einschränken. Aber bedeutet das ein vegane Welt? Dies ist eine Lösung, aber nicht notwendigerweise die einzige. Wenn es eher das Zufügen von Leiden als das Töten ist, über das wir besorgt sind, dann kann ich mir auch eine Welt vorstellen, in der die Menschen größtenteils pflanzliche Nahrungsmittel essen, aber sich gelegentlich den Luxus von Freilandeiern gönnen oder möglicherweise sogar das Fleisch von Tieren, die ein gutes Leben unter artgerechten Bedingungen haben und dann human auf dem Hof getötet werden.
In seinem Interview in Mother Jones vom Mai 2006 stellt Singer fest:
[E]s gibt ein klein wenig Spielraum für Schwächen in unser aller Leben. Ich kenne einige Menschen, die zuhause vegan sind, aber wenn sie ausgehen, in ein schickes Restaurant gehen, erlauben sie sich den Luxus, an diesem Abend nicht vegan zu essen. Ich sehe daran nichts wirklich Verkehrtes.
Ich esse kein Fleisch; ich bin seit 1971 Vegetarier. Ich bin schrittweise zunehmend vegan geworden. Ich bin weitgehend vegan, aber ich bin ein flexibler Veganer. Ich gehe nicht in einen Supermarkt und kaufe für mich selbst nichtvegane Sachen. Aber wenn ich auf Reisen bin oder Leute zuhause besuche, bin ich durchaus bereit, vegetarisch statt vegan zu essen.
In einem Interview in dem Neuen-Tierschutz-Magazin Satya vom Oktober 2006 bemerkt Singer:
Wenn ich für mich selbst einkaufe, ist das, was ich kaufe, vegan. Aber wenn ich reise und es schwer ist, an einigen Orten veganes Essen zu bekommen oder was auch immer, bin ich Vegetarier.Ich esse keine Eier, wenn sie nicht aus Freilandhaltung sind, aber ich esse Freilandeier. Ich bestelle kein Gericht mit viel Käse drauf, aber es macht mir nichts aus, wenn sagen wir ein indisches Gemüsecurry mit Ghee gekocht wurde.
Singer argumentiert, dass es Gelegenheiten gibt, wo wir eine moralische Verpflichtung haben, nicht Veganer zu sein:
Ich denke, es ist wichtiger zu versuchen, eine Veränderung in die richtige Richtung herbeizuführen, als selbst persönlich rein zu sein. Wenn Sie also mit jemandem in ein Restaurant essen gehen und etwas Veganes bestellen, aber es wird mit ein bisschen geriebenem Käse oder dergleichen serviert, dann machen Veganer manchmal einen Riesenaufstand und schicken es zurück, und das dürfte bedeuten, dass das Essen weggeworfen wird. Und ich denke, wenn Sie in Gesellschaft von Leuten sind, die nicht Veganer oder nicht einmal Vegetarier sind, ist es wahrscheinlich falsch, sich so zu verhalten. Es wäre besser, das Gericht zu essen, weil die Leute sonst denken: 'Oh mein Gott, diese Veganer...'
Es kann natürlich kein moralischer Unterschied zwischen Fleisch und Milchprodukten oder Eiern gemacht werden. Deshalb wäre Singer zu dem Standpunkt verpflichtet, dass wenn Sie mit Nichtvegetariern n einem Restaurant wären und bestellten ein vegetarisches Gericht, nur um es mit ein bisschen Schinken oder anderem Fleisch darauf serviert zu bekommen, oder wenn Ihr nichtvegetarischer Gastgeber Ihnen auf einer Dinnerparty Fleisch serviert, Sie sehr wohl verpflichtet sein könnten, es zu essen, um die Leute davon abzuhalten zu denken: ''Oh mein Gott, diese Vegetarier...''

Ich erörtere Singers Ansicht zu der Frage des Tötens von Tieren ausführlich in meinem Essay Tödlicher ''Luxus''.

Singers Fokus auf der Behandlung, nicht auf dem Töten von Tieren führt zu der Position, dass Veganismus einfach ein Weg unter einer Anzahl anderer ist, Leiden zu vermindern, dass es aber nichts zwingend Verpflichtendes oder Erforderliches am Veganismus gibt, weil nichts per se Falsches im Töten von Tieren ist. Tatsächlich betrachtet Singer es, konsequent vegan zu leben, als ''fanatisch''.

Und viele Tierschützer sprechen von Veganismus in dieser Weise. Zum Beispiel stellt Paul Shapiro, Direktor der HSUS-Kampagne gegen Masssentierhaltung, fest:
Der Grund, warum ich vegan lebe, ist der, dass ich es als ein Instrument sehe, um Tierleid vermindern zu helfen. Vegan Outreach hat darüber ausführlich geschrieben und ich stimme mit ihnen überein. Sie schreiben, dass vegan zu essen 'kein Selbstzweck (ist).Es ist kein Dogma, keine Religion, auch keine Liste verbotener Inhaltsstoffe oder unveränderlicher Gesetze – es ist nur ein Instrument der Ablehnung von Grausamkeit und der Verminderung von Leiden.'
Mit anderen Worten, Veganismus ist nur eine Art und Weise, neben größeren Käfigen und anderen Tierscutzreformen, Leiden zu mindern. Damit rechtfertigt Shapiro offenbar das Bewerben von ''käfig-freien'' Eiern als ''sozial verantwortlich'', das Führen von Kampagnen für andere Tierschutzreformen und das Arbeiten als Teil der Koalition, die das Certified-Humane-Raised-and-Handled-Label [Zertifiziert human aufgezogen und behandelt] unterstützt.

Für die Tierschützer ist das grundlegende Problem die Behandlung , nicht die Nutzung von Tieren. Wie Singer feststellt:
Es ist ziemlich schwierig, ein Allesesser mit gutem Gewissen zu sein, und alle ethischen Probleme zu vermeiden, aber wenn Sie wirklich kompromisslos darin wären, nur Tiere zu essen, die ein gutes Leben hatten, dann könnte dies eine ethisch vertretbare Position sein.
Im Februar 2007 hatte ich eine Podcast-Debatte mit Erik Marcus von Erik's Diner. Marcus ist ein enthusiastischer Befürworter von bedeutungslosen Tierschutzreformen, einschließlich ''käfig-freien'' Eiern.

Aber wie die Debatte peinlich deutlich gemacht hat, übertreibt Marcustrotz seiner mangelnden Kenntnis der relevanten Fakten den Tieren durch Tierschutzregulierungen gebotenen Schutz. Darüber hinaus ist ihm anscheinend nicht bewusst, wie Tierschutzreformen die soziale Akzeptanz von Tierausbeutung und den Konsum von Tierprodukten erhöhen, und auch nicht, inwiefern diese Reformen im wirtschaftlichen Interesse der institutionellen Tierausbeuter sind. Ein Essay des britischen Soziologen Dr. Roger Yates enthüllt die verblüffende Ahnungslosigkeit von Marcus und seiner Kollegen bei HSUS über die Grundlagen institutioneller Tierausbeutung.

Wie andere Tierschutz-''Veganer'' behauptet Marcus, dass es zulässig ist, Nahrungsmittel zu essen, die nicht vegan sind, solange sie ''im Wesentlichen vegan'' sind, und er macht regelmäßig Werbung für Produkte, die angeblich ''humaner'' produziert wurden. Ich bezweifle nicht Marcus' Redlichkeit, aber ich bin entschieden anderer Meinung als er.

Diese ursächliche Einstellung zum Veganismus ist für Tierschützer charakteristisch. In einem Artikel vom Dezember 2006 über Dan Matthews von PETA gehen Matthews und der Autor zu McDonald's essen und der Autor fragt, ob es OK sei, wenn er einen Cheeseburger bestelle. Matthews wird mit der Antwort zitiert: ''Bestellen Sie, was Sie wollen... Die Hälfte unserer Mitglieder ist Vegetarier, die andere Hälfte hält es für eine gute Idee.'' Einmal beiseite lassend, dass Matthews bei McDonald's isst und dem Reporter anheim stellt, zu bestellen, was dieser wolle, und ohne erkennbare Betroffenheit verkündet, dass PETAs Mitglieder nur zur Hälfte ''Vegetarier'' (geschweige Veganer) sind, Matthews aß selbst ein Produkt – den sogenannten ''Veggieburger'' –, von dem nicht einmal McDonald's behauptet, dass er vegetarisch sei angesichts des Umstandes, dass er auf demselben Grill wie Fleischprodukte und zusammen mit Tierprodukten zubereitet wird.

Abolitionisten weisen die Tierschutzposition zum Veganismus zurück, sowohl weil diese ausdrücklich Speziesismus und Ausbeutung billigt, als auch weil sie in strategischer Hinsicht kontraproduktiv ist. Wenn Sie jemandem erklären, dass es keine moralische Rechtfertigung für das Essen irgendeines tierlichen Nahrungsmittels gibt, mag er nicht auf der Stelle alle aufgeben, aber Sie vertreten einen klaren und konsequenten Standpunkt, und Sie geben ein klares Ziel vor, das es anzustreben gilt. Wenn Sie ihm aber sagen, dass es moralisch zulässig ist, weniger zu tun, als vegan zu leben, können Sie sicher sein, dass er höchstwahrscheinlich keinen Grund sehen wird, weiter zu gehen. Wenn Sie Leute wie Singer, den sogenannten ''Vater'' der Bewegung haben, die den Menschen erzählen, dass sie moralisch handeln können dadurch, ''Allesesser mit gutem Gewissen'' zu sein, dann ist dies genau das, was viele tun werden.

Zum Abschluss: Es gibt einen himmelweiten Unterschied zwischen abolitionistischem Veganismus und dem ''Veganismus'' der Tierschützer. Letztere sehen Veganismus als ein Mittel, um Leiden zu mindern, nicht aber als moralische Grundlinie.

Es gibt einen himmelweiten Unterschied zwischen einer Person, der den Standpunkt vertritt, dass Sexismus immer falsch ist, und einer, die sagt, wir sollten in Bezug auf Sexismus ''flexibel'' sein und uns die ''Schwäche'' gönnen, ein wenig sexistisch zu sein, oder dass wir sogar eine moralische Verpflichtung haben, uns unter bestimmten Umständen sexistisch zu betätigen, weil wir es vermeiden sollten, die Reaktion hervorzurufen:''Oh mein Gott, diese FeministInnen...''

Gary L. Francione
© 2007 Gary L. Francione