von Gary L. Francione Blog
Eine der jedem Veganer am häufigsten gestellten Fragen ist: ''Was ist mit Pflanzen ?''
Tatsächlich kenne ich keinen einzigen Veganer, dem sie nicht mindestens einmal gestellt wurde und die meisten von uns haben sie viele Male gehört.
Natürlich denkt niemand, der diese Frage stellt, wirklich, dass wir nicht zwischen sagen wir einem Huhn und einem Salatkopf unterscheiden können. Dass heißt, wenn Sie auf Ihrer nächsten Dinnerparty einen Salatkopf vor Ihren Gästen aufschneiden, werden Sie damit eine andere Reaktion hervorrufen, als wenn Sie ein lebendes Huhn zerstückeln. Wenn ich bei einem Spaziergang in Ihrem Garten absichtlich auf eine Blume trete, mögen Sie wohl zu Recht verärgert sein, aber wenn ich Ihren Hund absichtlich träte, wären Sie darüber in einer anderen Weise aufgebracht. Niemand denkt wirklich, dass dies gleichwertige Handlungen sind. Jeder erkennt an, dass es einen bedeutenden Unterschied zwischen der Blume und dem Hund gibt, der das Treten des Hundes zu einer moralisch ernsteren Handlung als das Niedertreten einer Blume macht.
Der Unterschied zwischen dem Tier und der Pflanze betrifft die Empfindungsfähigkeit. Das heißt, Tiere – diejenigen zumindest, die wir routinemäßig ausbeuten – haben eindeutig bewusste Sinneswahrnehmungen. Empfindungsfähige Wesen haben einen Geist, sie haben Vorlieben, Wünsche, Bedürfnisse. Das bedeutet nicht, dass der Geist von Tieren dem von Menschen gleich ist. Zum Beispiel mag der Geist von Menschen, die sich symbolischer Sprache bedienen, um ihre Welt zu steuern, sehr verschieden von dem Geist von Fledermäusen sein, die Echo-Ortung verwenden, um ihre Welt zu navigieren. Das zu wissen ist schwierig. Aber es ist irrelevant; Mensch und Fledermaus sind beide empfindungsfähig. Beide sind die Art von Wesen, die Interessen haben; beide haben Vorlieben, Wünsche und Bedürfnisse. Der Mensch und die Fledermaus mögen unterschiedliche Gedanken zu diesen Interessen haben, aber es kann keinen ernstlichen Zweifel daran geben, dass beide Interessen haben, einschließlich eines Interesses, Schmerz und Leiden zu vermeiden, und eines Interesses an fortgesetzter Existenz.
Pflanzen unterscheiden sich qualitativ von Menschen und empfindungsfähigen Tieren darin, dass sie, obwohl sicherlich belebt, nicht empfindungsfähig sind. Pflanzen haben keine Interessen. Es gibt nichts, was eine Pflanze will, wünscht oder bevorzugt, weil es keinen Geist gibt, der sich in solcher gestiegen Aktivität betätigen könnte. Wenn wir davon sprechen, dass eine Pflanze Wasser ''braucht'' oder ''will'', dann treffen wir damit ebenso wenig eine Aussage über den geistigen Zustand der Pflanze, wie wenn wir sagen, dass ein Automotor Öl ''braucht'' oder 'will''. Es mag in meinem Interesse sein, Öl in mein Auto zu füllen, aber es ist nicht im Interesse meines Autos; mein Auto hat keine Interessen.
Eine Pflanze mag auf Sonnenlicht und andere Umweltreize reagieren, aber das bedeutet nicht, dass die Pflanze empfindungsfähig ist. Wenn ich elektrischen Strom durch einen an einer Klingel befestigten Draht leite, läutet die Klingel. Aber das heißt nicht, dass die Klingel empfindungsfähig ist. Pflanzen haben kein Nervensystem, keine Benzodiazepinrezeptoren oder irgendeine andere der Eigenschaften, mit der wir Empfindungsfähigkeit bestimmen.
Und das macht wissenschaftlich Sinn. Warum würden Pflanzen die Fähigkeit zu empfinden entwickeln, wenn sie nichts in Reaktion auf einen sie schädigenden Vorgang tun können? Wenn Sie eine Flamme an eine Pflanze halten, kann diese nicht weglaufen; sie bleibt genau da, wo sie ist, und verbrennt. Wenn Sie eine Flamme an einen Hund halten, tut der Hund genau das, was Sie tun würden – er schreit vor Schmerz und versucht, von der Flamme wegzukommen. Empfindungsfähigkeit ist eine Eigenschaft, die sich in bestimmten Wesen evolutionär entwickelt hat, um sie zu befähigen zu überleben, indem sie schädlichen Reizen entkommen. Für Pflanzen wäre Empfindungsfähigkeit zwecklos; Pflanzen können nicht ''fliehen''.
Ich behaupte nicht, dass wir keine moralischen Verpflichtungen haben können, die Pflanzen betreffen, aber ich sage, dass wir keine moralischen Verpflichtungen Pflanzen gegenüber haben können. Das heißt, wir mögen eine moralische Verpflichtung haben, einen Baum nicht zu fällen, aber wir haben sie nicht dem Baum gegenüber. Der Baum ist nicht die Art von Wesen, denen moralische Verpflichtungen gelten können. Solche Verpflichtungen können den empfindungsfähigen Wesen gelten, die in dem Baum leben oder von ihm für ihr Überleben abhängig sind. Wir können gegenüber anderen menschlichen und nichtmenschlichen Tieren, die den Planeten bewohnen, die moralische Verpflichtung haben, Bäume nicht mutwillig zu zerstören. Aber dem Baum gegenüber können wir keinerlei moralische Verpflichtungen haben; diese können nur empfindungsfähigen Wesen gelten [also solchen, die Interessen haben], und der Baum ist nicht empfindungsfähig und hat keine Interessen. Es gibt nichts, was der Baum will, wünscht oder begehrt. Der Baum ist nicht die Art von Wesen, die es kümmert, was wir mit ihnen machen. Der Baum ist ein ''Etwas''[kein ''Jemand'']. Das Eichhörnchen und die Vögel, die in dem Baum leben, haben sicherlich ein Interesse daran, dass wir den Baum nicht fällen, aber der Baum selbst hat kein solches Interesse. Es mag moralisch falsch sein, einen Baum mutwillig zu fällen, aber es ist ein Handlung, die qualitativ verschieden ist von der, ein Reh zu erschießen.
Von den ''Rechten'' von Bäumen zu sprechen, wie einige es tun, bedeutet, die Gleichsetzung von Bäumen und Tieren herauszufordern, und dies kann nur zum Schaden der Tiere ausschlagen. Tatsächlich hört man gewöhnlich Umweltschützer von verantwortungsbewusstem Management unserer natürlich Ressourcen reden, Tiere als eine zu managende ''Ressource'' einschließend. Das ist ein Problem für jene von uns, die Nichtmenschen nicht als eine von uns zu nutzende ''Ressource'' betrachten. Bäume und andere Pflanzen sind Ressourcen, die wir nutzen können. Wir haben die Verpflichtung, sie weise zu nutzen, aber diese haben wir nur anderen Personen gegenüber, mögen es menschliche oder nichtmenschliche Personen sein.
Zum Abschluss: Eine Variante der Pflanzen-Frage ist die Frage: ''Was ist mit Insekten – sind die empfindungsfähig''?
Soweit mir bekannt ist, weiß das niemand mit Sicherheit. Ich entscheide sicherlich im Zweifelsfall zugunsten von Insekten. Ich töte keine Insekten in meinem Haus, versuche, beim Gehen nicht auf sie zu treten. Im Fall von Insekten mag es schwierig sein, eine Grenze zu ziehen, aber das heißt nicht, dass eine Grenze nicht – und zwar eine sehr deutliche – in der Mehrzahl von Fälle gezogen werden kann. Wir töten mindestens zehn Milliarden landlebende Tiere jedes Jahr allein in den Vereinigten Staaten. Diese Zahl schließt nicht die Meerestiere ein, die wir töten und essen. Vielleicht ist die Frage offen, ob Muscheln empfindungsfähig sind, aber es steht außer Frage, dass Kühe, Schweine, Hühner, Truthähne, Fische empfindungsfähig sind. Die Tiere, die wir für Fleisch, Milch und Eier nutzen, sind es zweifellos.
Die Tatsache, dass wir nicht wissen mögen, ob Insekten empfindungsfähig sind, bedeutet nicht, dass wir irgendeinen Zweifel bezüglich jener anderen Tiere hätten; wir haben keinen. Und zu sagen, dass wir nicht wissen können, ob Insekten empfindungsfähig sind, und deshalb nicht die Moralität des Essens von Fleisch und des Nutzens der von Tieren stammenden Produkte bewerten können, von denen wir zweifelsfrei wissen, dass sie empfindungsfähig sind, oder die Moralität dessen, dass wir domestizierte Tiere für den Zweck in die Welt zu setzen, sie als unsere ''Ressourcen'' zu nutzen, ist natürlich absurd.
Gary L. Francione
© 2006 Gary L. Francione