Thursday, 13 August 2009

Einige Bemerkungen zu Vegetarismus als ''Einstieg'' in den Veganismus

von Gary L. Francione Blog

Liebe KollegInnen,

Die Folge meiner Kommentare (hier, auf Facebook und im Podcast-Kommentar) war, dass ich mit privaten Mitteilungen überschwemmt wurde, die alle dieselben Themen hatten: (1) ''aber viele Veganer haben als Vegetarier angefangen'' und (2) ''für Veganismus zu werben ist elitär''.

Was die Frage, ob viele Veganer als Vegetarier angefangen haben, betrifft, lassen Sie es mich klar sagen: Darum geht es nicht.

Die relevante Frage ist erstens, ob Vegetarismus ein sinnvoller moralischer Standpunkt ist. Das heißt, können wir eine belangvolle moralische Unterscheidung zwischen Tierfleisch und anderen Tierprodukten machen? Wenn wir das nicht können, wie ich behaupte, dann sollten wir Vegetarismus nicht mehr fördern als wir es als moralisch erheblich fördern sollten, eher rotes als weißes Kalbfleisch, käfig-freie Eier [Eier aus Bodenhaltung] eher als Batterieeier etc. zu essen. Wenn alle diese Produkte unmoralisch sind, dann sollen wir deutlich und ehrlich sein und dies auch sagen.

Andere Tierprodukte als Fleisch sind oft mit mehr Leiden und Tod verbunden als Fleisch. Zum Beispiel werden Tiere, die für Milchprodukte verwendet werden, länger am Leben gehalten, aber schlimmer behandelt (einschließlich dessen, dass ihnen ihre Babys weggenommen und für Kalbfleisch getötet werden) und alle Milchkühe landen im selben Schlachthaus wie die ihres Fleisches wegen genutzten Tiere. Der Vegetarier, der fortfährt, Milchprodukte zu konsumieren, ist noch immer am Leiden und Sterben von Tieren mitschuldig. Was ist die moralische Rechtfertigung für das Fördern fortgesetzter Mitschuld an Leiden und Sterben? In der Tat mag die Vegetarierin, die ihren Konsum von Milchprodukten erhöht, wie es viele tun, für mehr Leiden und Tod verantwortlich sein, als bevor sie Vegetarierin wurde.

Zweitens lässt die Beobachtung, dass viele Veganer vorher Vegetarier waren, selbst wenn dies zutrifft, die Frage offen, warum das der Fall ist. Viele geben an, dass sie nicht Veganer wurden gerade wegen des von großen Tierschutzorganisationen gelegten Nachdrucks auf Vegetarismus als moralisch wünschenswert. Das Fördern von Vegetarismus behindert die Menschen tatsächlich darin, Veganer zu werden.

Klar ist, wenn Sie erklären, dass es keinen Unterschied zwischen Fleisch und anderen Tierprodukten gibt und warum wir vegan leben sollten, und die Person, mit der Sie sprechen, sich über das Problem Gedanken macht, sie entweder (1) sofort Veganer wird oder (2) dies in Stadien tut oder (3) nicht Veganer wird und irgendeine Version von Vegetarismus annimmt (oder zum Konsum von ''Bio-Fleisch/Milch/Eiern'' übergeht). Aber sie wird wenigstens verstehen, dass Veganismus dasjenige ist, worauf es hinzuarbeiten gilt. Sie wird verstehen, dass die Grenzziehung zwischen Fleisch und Milch gänzlich willkürlich ist. Wenn Sie behaupten, dass vegetarisch zu leben moralisch bedeutsam ist und dass es einen Unterschied zwischen Fleisch und anderen Tierprodukten gibt, dann erhöhen Sie damit die Chancen, dass das Fortschreiten anderer in Richtung Veganismus erschwert wird.

Mit anderen Worten, Sie brauchen nicht für Vegetarismus zu werben. Es ist völlig unnötig, moralisch sinnlos und es hemmt in praktischer Hinsicht den Übergang zum Veganismus.

Was den vermeintlichen ''Elitarismus'' angeht, so fahre ich fort, diesen Kommentar verwirrend zu finden.

Gibt es etwas Elitäreres als zu glauben, dass die Menschen zu dumm sind, um die Argumente gegen Tierausbeutung und das Nichtvorhandensein jeglichen bedeutsamen Unterschiedes zwischen Fleisch und Milch zu verstehen?

Gibt es etwas Elitäreres, als die Vorstellung zu fördern, dass es moralisch vertretbar ist, Milch, Eier oder andere Tierprodukte zu konsumieren und die Ausbeutung der Wehrlosesten fortzusetzen?

Wir würden niemals das Eintreten für ein vollständiges Verbot von Vergewaltigung als ''elitär*'etikettieren (obwohl Vergewaltigung in einer patriarchalen Welt ein häufiges Vorkommnis ist, gewesen ist und weiterhin sein wird). Aber wenn es um Tiere geht, wird das Eintreten für ein vollständiges Verbot ihres Konsums und ihrer Nutzung als elitär angesehen.

Was unterscheidet diese beiden Situationen?

Das ist eine rhetorische Frage. Die Antwort ist klar: die Artzugehörigkeit.

Es tut mir Leid, dass ich nicht auf alle privaten Emails und Facebook-Mitteilungen antworten kann. Aber ich habe dies so klar gesagt, wie es mir möglich ist. Ich habe keine künstlerischen Fähigkeiten und kann keine Bilder zeichnen.

Leben Sie vegan. Es ist leicht. Es ist besser für Ihre Gesundheit; es ist besser für den Planeten und, was die Hauptsache ist, es ist das moralisch Richtige.

Und denken Sie bitte daran: Gewalt ist das Problem; sie ist nicht irgendein Teil der Lösung. Abschaffung der Tierausbeutung, Veganismus und Gewaltlosigkeit sind verschiedene Aspekte ein und desselben Konzepts.

Gary L. Francione
© 2009 Gary L. Francione