Wednesday 28 March 2007

Welche Schlacht gewinnen wir?

von Gary L. Francione Blog

In einem kürzlichen Blogessay (und in meinem Werk über die vergangenen 15 Jahre) habe ich argumentiert, dass Tierschutz nicht nur darin versagt, den Interessen von Tieren bedeutsamen Schutz zu bieten, sondern dass er [überdies ] kontraproduktiv ist, weil er die Menschen sich wohler bei der Ausbeutung von Tieren fühlen lässt. Dies hält die Ausbeutung aufrecht und kann unterm Strich sogar zu einer Vergrößerung von Tierleid durch erhöhten Konsum führen.

Hier ist ein schlagendes Beispiel aus jüngster Zeit für das, wovon ich rede:

Farmed Animal Net, gesponsert von People for the Ethical Treatment of Animals [PETA], The Humane Society of the United States [HSUS], Farm Sanctuary und anderen, berichtet in seiner Ausgabe vom 16 März:
[Das Unternehmen] Strauss Veal & Lamb, welches angibt, zwischen 18% und 25% der in den USA für Kalbfleisch genutzten Kälber zu verarbeiten, hat sich das Ziel gesetzt, in den nächsten zwei bis drei Jahren komplett von der Kälberbox auf Gruppen-Staallhaltung umzusteigen.

Randy Strauss, der CEO [chief executive officer: Hauptgeschäftsführer] des Unternehmens, schrieb, dass Kastenstände für Kälber ''inhuman und archaisch'' seien und ''nicht mehr tun, als ein Kalb Stress, Angst, körperlichem Schmerz und Schaden auszusetzen.'' Mit der Feststellung: ''Tierrechte sind wichtig'' führte Strauss aus: ''Wir wollen dasjenige Unternehmen sein, das die Kalbfleischindustrie revolutioniert. Es gibt eine wachsende Zahl von Menschen, die, wenn sie sich bei dem, was sie essen, gut fühlen, Kalb essen . Wenn wir den Markt erobern können, werden wir den Konsum von 0,6 Pfund pro Kopf erhöhen, was zu einer gesünderen Kalbfleischindustrie führen wird. '' Strauss stellt fest, dass der Kalbfleischkonsum in Europa, wo die Kälber-Einzelboxen jetzt illegal sind, während eines 5- bis 10jährigen Umstellungsprozesses angestiegen ist. Das Unternehmen hat ebenfalls Interesse an Freiland- und Bioproduktion bekundet.
*Strauss gibt ausdrücklich zu, dass es sein Ziel ist, die Menschen sich beim Essen von Kalbfleisch ''gut fühlen'' zu lassen.
*Strauss erkennt ausdrücklich an, dass Tierschutzreformen zu einem erhöhten Konsum von Kalbfleisch führen werden.
*Strauss berichtet, dass es in Europa zu erhöhtem Kalbfleischkonsum als Antwort auf Tierschutzreformen gekommen ist.

Sie können den Artikel über Strauss, ''Die Kalbfleischindustrie revolutionieren'', die Titelgeschichte in der Dezemberausgabe von Meat Processing lesen.

Tierschutzreformen führen nicht, wie einige behaupten, zur Abschaffung der Tierausbeutung; sie führen zu mehr Tierkonsum. Tierschutzreformen führen nicht dazu, den Eigentumsstatus von Tieren zu beseitigen; sie bekräftigen ihn lediglich.

Tierschutzreformen vermindern nicht einmal den Saldo des Leidens von Tieren. Rechnen Sie nach. Nehmen wir an, wir konsumieren 5 Kälber, von denen jedes über seine Lebensspanne hinweg 10 Einheiten Leiden erfährt, angefangen damit, kurz nach der Geburt seiner Mutter weggenommen zu werden, bis zur Schlachtung. Das macht insgesamt 50 Einheiten Leiden. Nehmen wir ferner an, dass eine Tierschutzreform zu einer Verminderung des Leidens um eine Einheit pro Kalb führt, so dass jedes Kalb nun 9 Einheiten Leiden erfährt. Aber weil wir uns nun beim Essen von Kalbfleisch ''gut fühlen'', steigt der Konsum auf 6 Kälber an, und nun haben wir 54 Einheiten Leiden.

Wenn wir dagegen den Konsum von 5 auf 4 Kälber reduzieren, vermindern wir den Saldo des Leidens auf 40 Einheiten.

Mit einem Wort, Tierschutzreformen genügen ihren eigenen Bedingungen ebenso wenig wie sie uns näher zur Abschaffung der Tierausbeutung führen und den Eigentumsstatus von Tieren beseitigen.

Und die Tierschützer spenden dem Beifall. Paul Shapiro, Direktor der HSUS [Humane Society of the United States]-Kampagne zur Massentierhaltung, nennt die Entscheidung von Strauss ''historisch''.

Strauss und Marcho Farms, einen anderen Produzenten, der sich verpflichtet hat, Kälberboxen in den nächsten Jahren auslaufen zu lassen, lobpreisend, zitiert HSUS darüber hinaus die Statements eines Nutztier-Wissenschaftlers:
Unsere Ergebnisse zeigen, dass Kälber einen sehr starken Bewegungsdrang haben, der durch andauernde enge Einsperrung blockiert ist. Unsere Studien haben auch ergeben, dass das Beibehalten der engen Einsperrung von Kälbern nachteilige physiologische Auswirkungen hat, die den Stoffwechsel verändern und die Fähigkeit des Immunsystems, auf Krankheiten zu reagieren, reduzieren. All dies sind körperliche Veränderungen, die chronischen Stress anzeigen.

Die in Boxen gehaltenen Kälber benötigen etwa fünf mal mehr medizinische Behandlung als die in weniger beschränkter Umgebung gehaltenen.
Mit anderen Worten, die Kälberbox abzuschaffen resultiert in weiteren Vorteilen für den Produzenten, welche die Kalbfleischproduktion für die Ausbeuter noch effizienter und profitabler machen

Entgegen dem, was manche Tierschützer behaupten, sind Abolitionisten nicht gegen Maßnahmen, die das Leiden von Tieren vermindern. Wenn wir uns entschieden haben, jemandem Schaden zuzufügen, ist es es immer besser, weniger Schaden zuzufügen, als mehr. Aber Abolitionisten lehnen es ab, zu erklären, dass weniger Schaden zuzufügen moralisch akzeptabel sei. Abolitionisten sind dagegen, Ressourcen in Kampagnen zu investieren, die dazu bestimmt sind, die Öffentlichkeit sich bei der Ausbeutung von Tieren ''gut fühlen'' zu lassen, weil dies der sozialen Erkenntnis, dass die Nutzung von Tieren an sich unmoralisch ist, entgegensteht, die fortgesetzte Tierausbeutung fördert und zu einem steigenden Konsum [von Tierprodukten] führt. Gewiss, es ist ''besser'', dass ein Mörder das Opfer nicht foltert, bevor er es umbringt. Aber das macht Mord ohne Folter nicht moralisch akzeptabel. Es ist nicht etwas, wobei man sich ''wohl fühlen'' sollte.

Im Fall Strauss werden die Tiere weiterhin gequält werden; vielleicht ein bisschen weniger. Das bleibt abzuwarten. Aber die Produzenten werden einen wirtschaftlichen Nutzen haben, insofern sie sich nicht mehr die durch die gegenwärtige Situation verursachten Kosten aufladen müssen, der Konsum steigt, weil die Konsumenten sich beim Essen von Kalbfleisch wieder ''gut fühlen'', und die Produzenten einen Spitzenpreis verlangen können, damit die Konsumenten sich als ''Allesesser mit gutem Gewissen'' fühlen können.

Und gerade heute hat HSUS Neuigkeiten angekündigt, die ''mit Sicherheit Schockwellen durch die Tier-Agrarindustrie senden werden.'' HSUS und PETA haben mit Burger King verhandelt mit dem Ergebnis, dass das Unternehmen zugestimmt hat, bis zum Ende des Jahres 5% ''käfig-freie'' Eier [Eier aus Bodenhaltung] zu verwenden, und 20% seiner Schweineleichen kommen von Tieren, die in Intensiv-Haltungssystemen alternativ zu dem des Kastenstandes für schwangere Sauen eingesperrt werden. Und Burger King hat eine geschäftspolitische Richtlinie angekündigt,''Produzenten zu bevorzugen'', die ''käfig-freie'' Eier verkaufen, die ihre Schweine in anderen Intensivhaltungen als als dem Kastenstand einsperren und die ihre Hühner vergasen [anstelle sie nach elektrischer Betäubung zu schlachten].

Die Bekanntmachung von HSUS stellt fest:
''Mit dieser neuen Änderung seiner Geschäftspolitik signalisiert Burger King dem Agrobusiness, dass es die inhumansten Praktiken der Massentierhaltung nicht mehr lange geben wird'', sagte Wayne Pacelle, Präsident und CEO der Humane Society of the United States. ''Infolge dieser Entscheidung wird einer großen Zahl von Nutztieren überall im Land viel unnötiges Leiden erspart bleiben.''
Anstatt seine $100+ Millionen Barreserven dazu zu verwenden, eine machtvolle Veganismuskampagne in Gang zu setzen, tut sich HSUS mit Burger King zusammen, um die Botschaft an die Öffentlichkeit zu senden, dass man ''pflichtbewusster Allesesser'' sein und ''mit gutem Gewissen konsumieren'' kann, wenn man bei Burger King isst. HSUS und PETA lassen die Öffentlichkeit sich beim Essen von Tieren ''gut fühlen''. Was für ein Deal für Burger King, die jetzt auf das Lob von PETA, HSUS und der Stammbesetzung der Tierschützer-''Ich-auchs'' verweisen können.

Interessanterweise beendete PETA am 28. Juni 2001 seine ''Murder King''-Kampagne, als Burger King zugestimmt hatte, verschiedene bedeutungslose Tierschutzreformen einzurichten, einschließlich der, ''anzufangen, Schweinefleisch von Höfen einzukaufen, die ihre Schweine nicht in Boxen einsperren.'' Und jetzt, fast 6 Jahre später, wird uns von PETA erklärt, dass ''Burger King .. einen bahnbrechenden neuen Plan angekündigt (hat), der es hinsichtlich Tierschutz an die Spitze der Fast-Food-Industrie stellt'', weil das Unternehmen im Jahr 2007 zu tun beginnt, was es im Jahr 2001 zu tun versprochen hatte.

Das einzige, was an all dem ''historisch'' ist, ist der Umstand, dass die Tierschutzbewegung neue Höhen beim Eingehen von Partnerschaften mit institutionellen Ausbeutern erreicht und darin, diesen aktiv dabei zu helfen, Tierleichen zu verhökern.

Gary L. Francione
© 2007 Gary L. Francione