Wednesday, 21 February 2007

Ein paar Gedanken zu nationalen Organisationen

von Gary L. Francione Blog

Ich war kürzlich Gast in einem zweiteiligen Podcast von Vegan Freak Radio. In der nachfolgenden Diskussion im Kommentarsektor des zweiten Teils und in einem der Foren wurde die Frage aufgeworfen, ob Anwaltschaft für Tiere sich auf Graswurzel-Aktivitäten (grass roots activities) konzentrieren oder ob die Bewegung [für Tiere] von ''Geschäftsführern'', welche die Agenda bestimmen und Aktivisten diktieren, kontrolliert werden sollte.

Ich hatte dazu einige Gedanken, die ich im Forum geäußert habe und Ihnen mitteilen möchte.

Wie ich es sehe, gibt es zwei miteinander verbundene Probleme:

Erstens: Obwohl einige nationale Organisationen [nachfolgend NO] besser als andere sind, betreiben diese Gruppen zumeist Kampagnen, die sich mehr auf die Behandlung von Tieren als auf deren Nutzung konzentrieren. Das heißt, sie beschreiben das Problem vorrangig als wie Tiere genutzt werden, nicht, dass Tiere genutzt werden. Solange die Behandlung der Hauptschwerpunkt ist, wird die Bewegung dem trügerischen Ziel nachjagen, Leiden zu mindern, um Ausbeutung ''humaner'' zu machen, anstatt die Nutzung von Tieren durch die schrittweise Beseitigung des Eigentumsstatus abzuschaffen.

Wie ich nun schon seit vielen Jahren argumentiere, kann jede Maßnahme als ''Leiden vermindernd'' beschrieben werden. Im Allgemeinen suchen diese Maßnahmen, die Interessen von Tieren in dem Maß zu schützen, in dem dies zu tun uns zum Nutzen gereicht, und erkennen deshalb in keiner bedeutsamen Weise den Eigenwert von Tieren an. Im Gegenteil verstärken diese Tierschutzkampagnen oft den äußeren oder bedingten Wert von Tieren.

Zweitens: Da NO einen anhaltenden Strom an ''Siegen'' zum Zweck der Mittelbeschaffung [Spenden] brauchen, oft einschließlich des Zwecks, beachtliche Gehälter an Direktoren, Funktionäre und ausgewählte Mitarbeiter zu zahlen, charakterisieren sie ihre Kampagnen ausnahmslos in einer beschränkten und oft trivialen Weise, um die größte Anzahl von Spendern ansprechen zu können und die Chancen auf ''Erfolg'' zu maximieren. Zum Beispiel haben sie Kampagnen, die auf eine Form des Tötens und nicht auf das Faktum des Tötens [als solchem] gerichtet sind.; Kampagnen,die sich auf eine Form der aus Tieren gemachten Bekleidung [Pelz], nicht auf die generelle Nutzung von Tieren für Bekleidungszwecke konzentrieren. Und weil Diskussionen über Strategien und Taktiken nur eine Zeit und Geld kostende Unannehmlichkeit sind, bezeichnen Tierschutzgruppen oft jede Kritik als ''Verunglimpfung'', ''spaltend'' und ''den Tieren schadend''. Andere Meinungen werden nicht toleriert.

Diese beiden Probleme wirken synergetisch zusammen, was eine Bewegung [für Tiere] produziert, die sich nirgendwohin bewegt, außer rückwärts. Die ''Siege'' bieten Tieren kurzfristig keinen bedeutsamen Schutz und führen langfristig nicht zur Abschaffung der Tierausbeutung. Tatsächlich ist die Wirkung der Kampagnen von NO, dass die Öffentlichkeit sich bei der Ausbeutung von Tieren wohler fühlt. Das Paradigma wandelt sich nicht.

Wenn Sie denken, dass die Dinge in die richtige Richtung gehen und wir wirklichen Fortschritt machen, dann sollten Sie fortfahren, NO zu unterstützen.

Wenn Sie es für angemessen halten, dass die ''Geschäftsführer''/''Manager'' von Tierschutzorganisationen hohe Gehälter bekommen,von denen sich viele im sechsstelligen Bereich bewegen, dann sollten Sie fortfahren, NO zu unterstützen.

Wenn Sie glauben, dass es eine gute Idee ist, dass Tierschutzorganisationen auf Haufen von Geld sitzen, der sich oft auf viele Millionen Dollar beläuft, dann unterstützen Sie weiterhin die wohlhabenden Wohlfahrtseinrichtungen für Tiere.

Wenn Sie mit Menschen in ''Führungsrollen'' zufrieden sind, die zum Beispiel behaupten, dass ein gewissenhafter Veganer zu sein ''fanatisch'' ist oder dass [der Begriff ] Tierrechte tote Tiere bedeutet oder dass unwesentliche Tierschutzreformen bedeuten, dass ''eine Revolution auf dem Weg ist'', oder [mit jenen,] die das ernste Problem der Tierausbeutung durch sexistische und kindische Kampagnen trivialisieren oder Schlachthaus-Designern Preise verleihen oder kriecherische Lobhudeleien auf ''Bio-Fleisch''-Vermarkter häufen und die bei alledem jede Äußerung von Widerspruch durchweg als Ketzerei und Verrat gleich bezeichnen, dann machen Sie [mit Ihrer Unterstützung] unbedingt weiter wie gewohnt .

Aber wenn Sie denken, dass die Dinge in eine sehr falsche Richtung gehen und dass die vielen Millionen Dollar, die diesen Gruppen gespendet werden, einen Ertrag bringen, der erbärmlich dürftig ist, dann sollten Sie eine alternative Vorgehensweise erwägen. Sie sollten die Idee verwerfen, dass Aktivismus bedeutet, einer NO einen Scheck auszustellen, um regulative/legislative Kampagnen, die nirgendwohin führen, zu unterstützen.

Ich habe mich seit langem dafür ausgesprochen, dass wir den größten Teil unserer Ressourcen auf die Aufklärung über Veganismus und veganes Eintreten für Tiere verwenden sollten. Wir sollten vegan leben und alles tun, was wir können, jeden über Veganismus aufzuklären, den wir aufklären können. Es wird niemals einen bedeutsamen Fortschritt in Richtung auf die Beseitigung der Tierausbeutung geben, solange wir keine starke abolitionistische Graswurzel-Bewegung haben. Und wir können keine abolitionistische Bewegung ohne Veganismus als klare, nicht verhandelbare moralische Grundlinie haben. Soweit es überhaupt NO geben soll, sollten sie hauptsächlich als Anbieter von Training und Literatur dienen, um Graswurzel-Aktivisten in ihren Anstrengungen zu helfen, wirksame und kreative abolitionistische Aufklärungsarbeit zu leisten

Eine auf ''Bio-Fleisch'' und andere Tierschutzreformen gegründete Bewegung ist unnütz und in der Tat kontraproduktiv. Die Tierschutzposition ist ununterscheidbar von der Position der Tiernutzer. Tierausbeuter sind bereit, mit Vertretern des Tierschutzes zusammenzuarbeiten, weil diese Reformen anstreben, welche Tierausbeutung zumeist effizienter machen. Die Tierschützer klären die Ausbeuter faktisch darüber auf, wie sie geringfügige Änderungen vornehmen können, welche Produktivität und Profite steigern.

Wir sollten auch Ressourcen auf praktische Fürsorge für jene Tiere verwenden, deren Existenz wir verursacht haben und denen gegenüber wir moralische Verpflichtungen haben. Das schließt Gnadenhöfe ein, die eine abolitionistische Botschaft vertreten, gute Tierheime, die Tiere nicht einschläfern, Pflegestellen-Netzwerke, Sterilisationsprogramme, TNR [trap, neuter, return: einfangen, kastrieren, freilassen] usw. Soweit NO Geld in diese Aktivitäten stecken, ist dieses Geld gut verwendet. Aber die meisten stecken relativ wenig oder kein Geld in praktische Hilfe für Tiere.

Warum operiert Peaceful Prairie Sanctuary von der Hand in den Mund und ist jetzt in verzweifelter finanzieller Notlage, wenn NO auf Millionen Dollar sitzen und einige von ihnen sechsstellige Gehälter zahlen? Diese Situation ist nur ein Beispiel dafür, dass die ''Bewegung'', vertreten durch die NO, grundlegende Werte aus den Augen verloren und jämmerlich versagt hat.

Über viele Jahre haben NO die Kommunikation unter Anwälten der Tiere kontrolliert. Diese erfuhren, was vor sich ging, durch die Publikationen und Konferenzen bestimmter Organisationen, und deren Perspektive befand sich offensichtlich in einer ihren Zwecken dienenden Schieflage. Anwälte der Tiere mit anderen und abweichenden Meinungen waren ausgeschlossen und wurden totgeschwiegen. Dies alles ändert sich aufgrund des Internets, das die Entwicklung einer internationalen, gewaltlosen, abolitionistischen, auf Veganismus gegründeten Graswurzel-Bewegung möglich macht. Die NO suchen diese sich herausbildende Bewegung zu unterdrücken, indem sie geltend machen, dass nur eine von vollbeschäftigten, hochbezahlten Funktionären betriebene Bewegung Tieren helfen kann. Dies war zu erwarten, sollte aber zurückgewiesen werden.

Unsere Zeit und unsere Ressourcen sind begrenzt. Es ist ein Nullsummenspiel. Jeder Dollar [Euro], den wir für regulative/legislative Kampagnen spenden, und jede Sekunde, die wir darauf verwenden, sind ein Dollar und eine Sekunde weniger für Aufklärung über Veganismus und praktische Arbeit.

Wir schaden Tieren nicht, wenn wir uns entscheiden, unsere Ressourcen auf vegan/abolitionistische Kampagnen zu verwenden. In der Tat, wenn irgendetwas Tieren schadet, dann ist es die Verewigung des tückischen Mythos, dass Tierschutzreformen das Leiden von Tieren kurzfristig in bedeutsamer Weise vermindern und langfristig zur Abschaffung der Tierausbeutung führen.

Wir brauchen keine großen Organisationen, deren Angestellte fette Gehälter und subventionierte Reisen bekommen. Jeder von uns kann eine ''Führungsrolle'' spielen. Wenn wir erfolgreich sein sollen, muss jeder von uns eine Führungsrolle spielen. Jeder von uns hat die Fähigkeit, auf das Leben anderer einzuwirken und es zu beeinflussen. Das ist harte Arbeit, sicherlich. Viele werden nicht interessiert sein, einige schon. Aber diese wenigen, die wir erreichen, werden andere erreichen, die wieder andere erreichen werden usw. Und mit jedem Menschen, der die vegane Lebensweise annimmt, verringert sich die Quelle der Zwangsherrschaft – die Nachfrage [nach Tierprodukten].

Wenn Sie nicht vegan leben: Fangen Sie damit an und hören Sie auf, ein Tierausbeuter zu sein. Wenn Sie vegan leben, dann tun Sie allein dadurch etwa etwas sehr Wichtiges. Lassen Sie sich von niemandem etwas anderes erzählen. Veganismus ist Aktivismus. Denken Sie daran, dass Veganismus nicht nur eine Sache der Ernährung oder des Lebensstils ist; er ist Ihr Ausdruck des abolitionistischen Prinzips. Es ist Ihr persönliches Bekenntnis zur Gewaltlosigkeit.

Wenn Sie mehr tun wollen, dann besorgen Sie sich klar und unzweideutig vegan/ abolitionistische Literatur wie die bei Peaceful Prairie Sanctuary kostenlos erhältliche. Verteilen Sie diese Literatur. Unterrichten Sie sich selbst über diese Fragen. Sprechen Sie mit jedem, der Ihnen zuhört, über die moralischen und ökologischen Aspekte des Veganismus. Seien Sie stets freundlich in Ihrem Eintreten für Ihre Sache. Aber schrecken Sie niemals davor zurück, Ihre Ansicht klar und unzweideutig zu vertreten, dass wir keine Rechtfertigung für das Ausbeuten von Tieren haben – wie ''human'' auch immer wir es tun mögen.

Es gibt so vieles, was Sie tun können, um die Abschaffung der Tierausbeutung zu fördern, das wenig oder kein Geld kostet und das nur Ihren Entschluss, an einem Wandel zu arbeiten, erfordert.

Ein Beispiel: Wenn Sie Student sind, arbeiten Sie daran, mehr vegane Auswahl an Ihrer Mensa zu bekommen, anstatt sie dazu zu bewegen, ''käfig-freie'' Eier [Einer aus Bodenhaltung] einzukaufen, die immer noch grässliches Leiden bedeuten und Menschen dazu verleiten, zu denken, sie könnten ''Konsumenten mit gutem Gewissen'' sein.

Schauen Sie sich an, was Bob und Jenna Torres, die Vegan Freaks, leisten. Mit einem bescheidenen Geldaufwand, aber einer Menge harter Arbeit und Ausdauer nutzen sie das Internet, um über Veganismus aufzuklären und ein Netzwerk von Veganern in aller Welt zu schaffen. Vegan Freaks ist ein hervorragendes Beispiel kreativer vegan/abolitionistischer Aufklärungsarbeit, und es ist bei weitem wirkungsvoller als alle die teuren Tierschutzkampagnen zusammengenommen.

Wenn Sie Geld spenden können, dann sponsern Sie einen regelmäßigen Infotisch mit veganen Kostproben in Ihrem Stadtteilzentrum. Oder helfen Sie jenen, die praktische Hilfe für Tiere leisten. Es gibt so viele wirksamere Wege, Geld einzusetzen, als einen Beitrag zum Barbestand von Tierschutzkörperschaften zu leisten oder die Gehälter und Reisen ihrer Manager zu finanzieren.

Wenn Ihnen zum ersten Mal jemand sagt, er oder sie habe aufgrund Ihrer Bemühungen angefangen, vegan zu leben, werden Sie erkennen, dass Sie keine ''Führungskräfte'' oder ''Funktionäre des Tierschutzes'' brauchen, welche die Dinge kontrollieren und abweichende Meinungen unterdrücken, weil diese nicht gut fürs ''Geschäft'' sind. Sie werden sehen, dass Sie, allein oder mit einem oder zwei Freunden und ohne viel Geld, einen wichtigen Beitrag zu der sich abzeichnenden Bewegung, der Tiersklaverei ein Ende zu machen, leisten können, anstatt sie dadurch zu verewigen, sie, als ''humaner'' betrachtet, sozial akzeptabler, zu machen.

Sicher, es ist einfacher, einen Scheck auszuschreiben, aber es tut nichts dazu, Tieren zu helfen. Sicher, es ist einfacher, mit dem mitzuziehen, was die großen Körperschaften wollen, das Sie tun, als Ihre eigene Graswurzel-Arbeit zu machen und von den Funktionären des Tierschutzes als ''spaltend'' und ''verunglimpfend'' angegriffen zu werden. Aber eine soziale Bewegung, die Widerspruch und Meinungsverschiedenheiten ablehnt, ist keine soziale Bewegung – sie ist ein Kult. Und eine soziale Bewegung, die behauptet, Aktivismus bestehe darin, einen Scheck auszuschreiben, hat sich selbst entmachtet und ist zu nichts anderem als einem geschäftlichen Unternehmen geworden.

Sie – wir – haben die Macht, dies zu ändern. Und wir haben auch die Verantwortung, es zu tun.

Gary L. Francione
© 2007 Gary L. Francione

Wednesday, 7 February 2007

"Bio-Fleisch''...: Ein Schritt in die richtige Richtung [...]

oder ''ein leichterer Einstig zurück“ zum Essen von Tieren?

von Gary L. Francione Blog

Ein Artikel des BBC News Magazine BBC News Magazine erregte neulich meine Aufmerksamkeit. Er zitiert die Lehrerin Rachael Deacon mit der Aussage: “Ich bezahle mehr, um gesündere Lebensmittel zu kaufen. Ich möchte nicht, dass Tiere für mich auf schreckliche Weise geschlachtet werden oder ein schreckliches Leben haben.“ Lassen wir einmal beiseite, dass Frau Deacon denkt, dass es so etwas wie nicht schreckliches Schlachten gibt; ist ihre allgemeine Besorgnis eine Erfolgsgeschichte für diejenigen Anwälte der Tiere, die “Bio-Fleisch“ [''happy meat''] als einen Schritt auf dem Weg zu einer Welt mit weniger Leiden und Tod fördern? Nein.

Frau Deacon war seit 10 Jahren Vegetarierin, ist aber nun zum Fleischessen zurückgekehrt. Sie ist ein “pflichtbewusster Allesesser“ (''conscientious omnivore''), der das Problem mit dem “Bio-Fleisch“-Ansatz illustriert, welcher die Bewegung für Tiere einholt. Große Tierschutzgesellschaften haben Etiketts wie das
Certified-Humane-Raised-&-Handled- Label [Zertifiziert human aufgezogen und behandelt] und das Freedom-Food-Label kreiert, um Konsumenten ein besseres Gefühl bezüglich des Essens von Tieren zu geben, die auf Arten und Weisen aufgezogen und getötet wurden, welche, auf Menschen angewendet, ohne Zweifel als Folter angesehen würden. Anwälte der Tiere verleihen Auszeichnungen an Schlachthaus-Designer und loben öffentlich Supermarktketten, die vermeintlich “human“ gezüchtete und geschlachtete Leichen und andere “glückliche“ Tierprodukte verkaufen.

Dieser Ansatz lenkt die Menschen nicht schrittweise in die richtige Richtung. Vielmehr gibt er ihnen einen Rechtfertigungsgrund dafür, rückwärts zu gehen. Er richtet sich eher auf die Behandlung von Tieren als auf ihre Nutzung und verleitet die Menschen dazu, zu denken, dass Tierschutzregulierungen wirklich einen merklichen Schutz für Tiere zur Folge haben. Der BBC-Artikel “Some sausages are more equal than others“ [„Einge Würstchen sind gleicher als andere“] veranschaulicht dieses Problem weitergehend. Die Reporterin, Megan Lane, berichtet uns, dass sie 14 Jahre lang Vegetarierin gewesen sei, dass sie aber “wieder angefangen habe, Fleisch zu essen, aber nur Fleisch von Tieren, die ein glückliches Leben hatten, bevor sie geschlachtet wurden.“ Sie sagt, dass, als sie Vegetarierin wurde, “Bio-“ und Fleisch aus “Freilandhaltung“ [aus sog. artgerechter Haltung] nicht leicht erhältlich gewesen sei, so wie heute. Lane beschreibt “Bio-/Freiland-Fleisch“ als eine “Marktnische, typischerweise genutzt von jenen, die sich entschieden haben, das Problem mit Geld zu lösen. Sie notiert, dass der Verkauf von “Bio-Fleisch“ in Großbritannien 14 % über dem des letzten Jahres liegt, aber noch immer nur 1,4 % des Verkaufs von rotem Fleisch ausmacht.

Lane zitiert Chris Lamb (wörtlich: Lamm] (kein Wortspiel) von der
Meat and Livestock Commission [Fleisch- und Vieh-Kommission], der sagt, “wenn jemand aus ethischen Gründen Vegetarier ist, öffnet ihm die Tatsache, dass es nun biologisch, artgerecht erzeugte landwirtschaftliche Produkte gibt, die die ganze Sache akzeptabler aussehen lassen, einen leichteren Einstieg zurück.'' Lane zitiert ebenfalls einen Sprecher der Vegetarian Society, der einräumt, dass Bio/ Freiland-Tiere noch immer getötet werden, aber feststellt, dass “viele der drei Millionen Vegetarier in Großbritannien wegen der Grausamkeit und mangelhaften Praktiken, die mit der Massentierhaltung verbunden sind, kein Fleisch essen.“ Die Vegetarian Society erklärt: “Wir kritisieren nicht die verantwortlicheren Methoden, die von Bio-Landwirten dabei eingesetzt werden, ihren Lebensunterhalt zu verdienen.“

Eine Reihe von Leserkommentaren folgt dem Artikel, viele davon die Vorzüge “ethisch gezüchteten“ Fleisches rühmend. Ist es nicht eben eine Ironie, dass der Vertreter der Fleisch-und-Vieh-Kommission völlig versteht, was hier vor sich geht? “Bio-Fleisch“ lässt “die ganze Sache akzeptabler aussehen''. “Bio-Fleisch“ bedeutet mehr Fleischesser und mehr geschlachtete Tiere. Warum sehen Anwälte der Tiere dies nicht? Es ist ziemlich einfach. Lanes Artikel spiegelt die Realität: “Bio-Fleisch“ zu fördern bewegt die Menschen nicht in eine positive Richtung. Tatsächlich ist alles, was es bewirkt, die wenigen Privilegierten, die es sich leisten können, “Bio-Fleisch" in exklusiven Läden zu kaufen, sich moralisch überlegen fühlen zu lassen, und viele Vorwände dafür zu bieten, zum Fleischessen und Konsum anderer Tierprodukte zurückzukehren. Und es ist nicht nur Lanes Artikel, der die Rückwärtsbewegung belegt, die durch die “Bio-Fleisch“-Bewegung verursacht wird.

Ein Artikel in Meatingplace, einem Magazin der Fleischindustrie, zitiert die prominente Ernährungswissenschaftlerin Marion Nestle: “Selbst langjährige, überzeugte Vegetarier essen Fleisch, weil die Industrie auf die Bedingungen reagiert hat, gegen die sie am meisten einzuwenden hatten. Dies stellt eine bedeutende Wachstumsmöglichkeit dar, weil die Konsumenten mehr für diese Produkte bezahlen.“ In einem weiteren jüngeren Artikel wird uns von Maria Humel berichtet, “die eine Schwäche für Tiere hat – und für Kinder, die Chicken parmesan und Chicken Fingers [aus Hühnerleichen hergestelltes Fast Food] verlangen.'' Humel kauft in einem Laden, der Fleischprodukte mit dem Stempel Certified-Humane-Raised-&-Handled verkauft, verliehen von Humane Farm Animal Care und den Partnern dieser Organisation, der Humane Society of the United States (HSUS), der American Society for the Prevention of Cruelty to Animals (ASPCA), Animal People und anderen.

Der Zertifiziert-Human-Stempel “hilft..Mitleid mit ..Konsum auszubalancieren.“ Humel erklärt: “Das ist sehr wichtig für mich, weil ich wirklich Vegetarierin sein sollte.“ Mit anderen Worten, sie wäre Vegetarierin, wenn die “Tierrechtsgruppe, die das Label kreiert hat“, nicht da wäre, um einen Stempel der Billigung auf ihren Konsum von Tierprodukten zu drücken. Im selben Artikel sagt der Hauptgeschäftsführer [CEO: chief executive officer] von D’Agostino’s, einer in New York ansässigen Supermarktkette, dass die “Verkäufe einiger seiner Produkte in die Höhe gegangen sind, seit die Gesellschaft vor zwei Jahren begonnen hat, das ‘Zertifiziert-Human-Logo‘ zu unterstützen. Der Laden verkauft mehr als 35 zertifiziert humane Lebensmittel, einschließlich Joghurt, Milch, Butter, Eier, Huhn, Schwein und Kalb – ein Fleisch, dessen Absatz um mehr als 25% in die Höhe gegengen ist, seitdem der Laden angefangen hat, es mit dem Label zu verkaufen.“

Es ist offensichtlich, dass die “Bio-Fleisch“-Bewegung nicht schrittweise zum Veganismus führt; sie ermutigt den Tierkonsum durch Menschen, die den Unfug glauben, dass wir Tiere “mit gutem Gewissen konsumieren“ können. Denken diese “pflichtbewussten Allesesser“ wirklich, dass Tierschutzregulierungen einen echten, greifbaren Unterschied für das Leben der Tiere, die sie konsumieren, machen? Falls ja, dann machen sie sich selbst etwas vor. Es gibt keinen wesentlichen Unterschied zwischen konventionell erzeugten und Freiland-, Bio- oder “human gezüchteten“ Tierprodukten – außer dass die letzteren mehr Profit in die Taschen der Handelsgesellschaften bringen. Zu einigen ausgezeichneten Informationen zu diesem Thema siehe The Free-Range Myth [Der Freiland-Mythos] auf der Webstie von The Peaceful Prairie , einem abolitionistischen [der Abschaffung aller Tierausbeutung verpflichteten] Gnadenhof, der zu “Happy“ Meat und ebensolchen Tierprodukten Stellung bezieht.

“Der Freiland-Mythos“ besteht aus zwei Darstellungen: einer, die erläutert, inwiefern Freiland-Eier nicht besser als Batterie-Eier sind, und einer, die erklärt, dass “humane“ landwirtschaftliche Tierhaltung ein Oxymoron [Verknüpfung zweier sich widersprechender Begriffe] ist. Sie können beide als Flugblätter bei Peaceful Prairie bestellen, oder Sie können sie als PDF-Datei (landwirtschaftliche Tierhaltung, Eier) direkt von der PP-Website herunterladen. Ich empfehle sehr, dass Anwälte der Tiere, die an guter vegane/abolitionistischer Literatur interessiert sind, diese beiden Flugblätter verwenden; sie sind hervorragend und machen deutlich, dass es nichts dergleichen wie moralisch akzeptablen Konsum von Tierkörpern oder -produkten gibt. “Der Freiland-Mythos“ und die andere Literatur, die Peaceful Prairie zum Herunterladen verfügbar macht, liefern erstklassige Beispiele für das, was ich meine, wenn ich von kreativer veganer/abolitionistischer Aufklärungsarbeit spreche.

Die Schuld für die Begeisterung für “Bio-Fleisch“ und andere “Bio-Tierprodukte“ ist geradewegs jenen Anwälten der Tiere zur Last zu legen, die diese Regulierungen unterstützen und Kampagnen für sie als für etwas machen, das einen wirklichen Unterschied bedeutet, und die ignorieren, dass es die Nutzung von Tieren und nicht ihre Behandlung ist, die das fundamentale moralische Problem darstellt. Wenn Peter Singer, der sogenannte “Vater der Tierrechtsbewegung“, sagt, es sei moralisch akzeptabel, ein “pflichtbewusster Allesesser“ zu sein, oder jene, die konsequente Veganer sind, als fanatisch lächerlich macht, dann werden Menschen – selbst jene, denen etwas an Tieren liegt – es akzeptabel finden, “Bio-Fleisch“ und andere Tierprodukte zu essen. Wenn Tom Regan, der Singers “Vaterschaftsanspruch“ anficht, aber zusammen mit Singer Whole Foods “Bio-Fleisch“-Magnaten John Mackey feiert , dann ist es kein Wunder, dass so viele “Tierschützer“ denken, Produkte von “glücklichen“ Hühnern oder Kühen zu essen sei akzeptabel und als eine gute Strategie zu verfolgen.

Am 25. Januar 2007 machte Smithfield Foods , ein großer Produzent von Tierfleisch, bekannt , dass er über die nächsten zehn Jahre die Haltung von schwangeren Sauen in Kastenständen zugunsten von Gruppen-Verschlägen, die mehr Platz bieten, stufenweise einstellen werde. Diese Bekanntmachung folgte einer Kampagne von HSUS, Farm Sanctuary und anderen Tierchutzgruppen gegen den Katenstand. Diese Kampagne kostete weit über $1,6 Mio. Wie ich in einem früheren Essay, Ein ''Triumph'' des Tierschutzes?, erörtert habe, argumentieren Anwälte der Tiere, dass Studien zeigten, dass Produzenten von Schweinefleisch höhere Profite durch den Wechsel zu einem alternativen Haltungssystem erzielen würden.

Als Antwort auf die Ankündigung von Smithfield verkündete der Präsident und Hauptgeschäftsführer von HSUS, Wayne Pacelle, dass “(eine) Revolution in der Schweineindustrie im Gange ist.“ Pacelle stellte fest: “Ich kann mir nichts Bedeutenderes hinsichtlich der humanen Behandlung von Tieren denken, das sich im landwirtschaftlichen Sektor ereignet hätte.“ Andere Unterstützer von Tierschutzregulierungen folgten mit gleichermaßen hyperbolischen [ins Komische übertreibenden] Würdigungen. Zum Beispiel bezeichnete Erik Marcus recht bemerkenswerterweise die Bewegung bei Smithfield als “spektakuläre Neuigkeit“ .

Welche Botschaft vermittelt dies? Es vermittelt die Botschaft, dass es eine wesentliche Verbesserung in der Behandlung von Schweinen im landwirtschaftlichen Betrieb von Smithfield gibt – oder in 10 Jahren geben wird. Pacelle gebraucht das Wort “Revolution“. Es sendet die Botschaft, dass Tiere bei Smithfield ein “glückliches Leben“ haben werden. Es verstärkt die Vorstellung, dass mitleidige Verbraucher ihre moralischen Verpflichtungen Tieren gegenüber erfüllen können, indem sie die Leichen von Smithfield-Tieren kaufen.

Kurz gefasst ist die Smithfield-Bekanntmachung wirklich eine “spektakuläre Neuigkeit“ für Smithfield Foods, das sich größerer Produktivität und daraus resultierender Profite erfreuen und einen Spitzenpreis berechnen können wird, so dass elitäre Verbrchauer fortfahren können, Tiere zu essen und sich gut dabei zu fühlen. Es ist ebenfalls eine “spektakuläre Neuigkeit“ für HSUS, Farm Sanctuary und andere Tierschützer, die nicht versäumen werden, diesen großen “Sieg“ – diese “Revolution“ – in einen endlosen Strom von Spenden aufbringenden Werbeveranstaltungen zu verkünden, wo sie übereinander krabbeln in dem Bemühen, sich das Verdienst für diese “spektakuläre Neuigkeit“, diese “Revolution“ anzurechnen.

Aber es ist eine traurige Niederlage für Tiere. Die Tatsache, dass Anwälte der Tiere einen enormen Geldbetrag auf eine Kampagne verwendeten, die einzig die Megan Lanes, Rachael Deacons und Maria Humels dieser Welt denken lässt, es sei in Ordnung, Tierleichen und Tierprodukte zu essen, weil die Tiere ein “glückliches Leben“ haben, ist, nach meinem Urteil, erschreckend. Es kann keinen ernsthaften Zweifel geben, dass eine Investition in Aufklärung über Veganismus ein besserer Gebrauch von Ressourcen gewesen wäre. Eine Handvoll neuer Veganer wäre aus einer Reihe von Gründen sowohl lang- als auch kurzfristig wichtiger als ein 10 Jahre währendes stufenweises Abschaffen von Kastenständen zugunsten eines alternativen Systems, dessen Details noch nicht einmal bekannt sind.

Erinnern wir uns daran, dass das “Verbot“ von Kastenständen für schwangere Sauen in Florida auf Einsperrungen Anwendung findet, in denen ein Schwein für den “größten Teil jedes Tages“ gehalten wird.“ Es gestattet noch immer den Gebrauch von Kastenständen unter bestimmten Umständen, wie für weniger als den “größten Teil jedes Tages“, die Zeit unmittelbar vor der Geburt und für eine Zeit “nicht länger als vernünftigerweise notwendig“ für “tierärztliche Zwecke“.

Das “Verbot“ in Florida erfordert lediglich, dass ein Schwein in der Lage sein muss, sich umzudrehen, ohne eine Wand seines Verschlages zu berühren. Meine Vermutung ist, dass die gleiche Situation bei Smithfield Foods eintreten wird. Das heißt, ein wirkliches Verbot von Kastenständen würde keinen bedeutsamen Unterschied machen in dem immer noch schrecklichen Leben und Sterben von Schweinen. Aber das “Verbot“ ist nicht einmal wirklich ein Verbot. Gleich den meisten Tierschutzregulierungen ist es in erster Linie ein Public-Relations-Instrument und wird nur in dem Maß berücksichtigt werden, in dem es wirtschaftlich vorteilhaft ist, dies zu tun.

Abolitionisten sollten niemals den Konsum von Tieren, wie “human“ auch immer, fördern, insbesondere in Anbetracht dessen, dass das Fördern von “Bio-Fleisch“ und ebensolchen Tierprodukten jene ermutigt, denen es ethisch darum zu tun ist, an dem Irrglauben teilzuhaben, wir könnten wirklich den Tieren, die wir essen, ein “glückliches Leben“ geben. Sehen wir einmal davon ab, dass die Versklavung von Tieren nicht gerechtfertigt werden kann, ohne Rücksicht darauf, wie “human“ sie ist; die Realität ist, dass Freilandproduktion und “humane“ Landwirtschaft ein enormes Ausmaß von Leiden einschließen. Diese romantischen Phantasien über das wundervolle Leben von Tieren auf dem “Bauernhof“ sind eben dies – Phantasien. Der beste “Bauernhof“ ist ein scheußlicher Ort für Tiere.

Stellen Sie sich zwei Sklavenhalter vor. Der erste schlägt seine Sklaven 20 Mal in der Woche. Der zweite schlägt seine Sklaven 19 Mal in der Woche. Gibt es einen bedeutsamen Unterschied zwischen den beiden, der es rechtfertigen würde, zu denken, dass der zweite Sklavenhalter sich eines moralisch lobenswerten Verhaltens befleißigt? Sollten wir das Schlagen von Sklaven 19 Mal die Woche als ein Anzeichen dafür betrachten, dass “(eine) Revolution im Gange ist“? Sollten wir ein Mal weniger Schlagen als “spektakuläre Neuigkeit“ betrachten? Wenn Ihre Antwort auf die obigen Fragen “nein“ ist, dann können Sie nicht folgerichtig die Position von Singer, HSUS, Farm Sanctuary, Vegan Outreach, PETA und dem Rest der “Bio-Fleisch“-Bewegung des Tierschutzes unterstützen. Es ist natürlich “besser“, die Sklaven 19 Mal die Woche zu schlagen als 20. Aber das macht das Schlagen von Sklaven 19 Mal die Woche nicht moralisch akzeptabel, darauf hindeutend, dass “(eine) Revolution im Gange ist“, oder zu einer "spektakuläre(n) Neuigkeit“. Es macht Sklaverei – wie immer “human“ sie sein mag – nicht moralisch vertretbar.

Wir haben begrenzte Zeit und begrenzte Ressourcen. Jeder Cent und jede Sekunde, dafür verwendet, die Tierausbeutung “humaner“ zu machen, ist ein Cent und eine Sekunde weniger verwendet für die Aufklärung über das Einzige, was für Abolitionismus wichtig ist: die vegane Lebensweise. Und jeder Cent und jede Sekunde, verwendet für “humane“ Ausbeutung, bewirkt nicht nur herzlich wenig für das Leiden der Tiere jetzt; durch das Fördern der glatten Lüge, dass ein in einem Bio- oder Freilandbetrieb aufgezogenes Tier ein “glückliches Leben“ hat, ermutigt der Tierschutzansatz die Öffentlichkeit fortzufahren, Tiere zu konsumieren, und verewigt das speziesistische Paradigma, das die Tiere – menschliche und nichtmenschliche – erst hierher gebracht hat.

Wessen wir sicher sein können, ist dies: Haben wir einmal die Absurdität akzeptiert, dass die Bekanntmachung von Smithfield Foods anzeigt, dass eine “Revolution im Gange“, oder dass sie eine “spektakuläre Neuigkeit“ ist, wird die wirkliche Revolution – die gewaltlose Verwerfung der Tierausbeutung zugunsten ihrer Abschaffung und die Anerkennung der veganen Lebensweise als Verwirklichung dieser Abschaffung im persönlichen Leben – niemals kommen.

Gary L. Francione
© 2007 Gary L. Francione