Friday 29 January 2010

Ein ''Sieg''? Für wen?

von Gary L. Francione Blog

Liebe KollegInnen,

Gestern wurde berichtet, dass der amerikanische Eiskunstläufer Johnny Weir entschieden hat, der linken Schulter seines Kostüms keinen Weißfuchs hinzuzufügen, nachdem er ''Hass-Mails und Morddrohungen''' von Tierrechtsaktivisten erhalten hatte.

Einige Anwälte der Tiere nennen Weirs Entscheidung einen ''Sieg''.

Ich finde das verwirrend.

Erstens suggeriert dieses Ereignis, wie alle von Neuen Tierschützern betriebenen Einzelthema-Kampagnen (single- issue campaigns), dass es irgendwie einen moralisch relevanten Unterschied zwischen Pelz und anderen Tierprodukten gibt. Wie Weir selbst hervorhob:
Jeder Eiskunstläufer trägt Schlittschuhe, die aus Kuh gemacht sind'', sagte Weir.
''Vielleicht trage ich einen süßen kleinen Fuchs, während alle anderen Kuh tragen, aber wir alle ziehen immer noch Tierhaut an.''
Weirs Beobachtung ist natürlich richtig. Und ich vermute, dass auch eine Menge Wolle getragen wird. Das ist der Grund, warum Einzelthema-Kampagnen wie diese den Effekt haben, die Öffentlichkeit zu verwirren und nicht, sie aufzuklären.

In jedem Fall ist Weirs Ankündigung, keine Pelzbordüre zu tragen, wie die eines Gastes in einem Steakhouse, nicht die zum Dessert servierte Eierkrem zu essen. Na und?

Zweitens, und wichtiger: Weirs Entscheidung hat nichts mit einer Ablehnung von Pelz aus moralischen Gründen zu tun.

Weir behauptet, ''Hass-Mails und Morddrohungen'' von Tierrechtsaktivisten erhalten zu haben.
'Ich hoffe, diese Aktivisten können verstehen, dass meine Entscheidung, mein Kostüm zu ändern, in keiner Weise ein von ihnen errungener Sieg, sondern ein Remis ist'', sagte Weir in seiner Erklärung. ''Ich nehme die Änderung nicht vor, um sie zu besänftigen, sondern um meine Unversehrtheit zu schützen und die Unversehrtheit der Olympischen Spiele, ebenso wie meine Konkurrenten.''

''Es sind nur noch Wochen bis zu meiner Startposition auf dem Eis in Vancouver, da muss ich mich auf Technik und Training konzentrieren, und das ist wichtiger als jedes Kostüm und jede Drohung, die ich vielleicht bekomme.''
Dies ist kein irgendwie gearteter Sieg für Tiere. Tatsächlich ist es eine Niederlage. Wir werden niemals Erfolg haben, wenn irgendein ''Sieg'' auf Gewalt oder der Androhung von Gewalt beruht. Gewalt ist an sich falsch und strategisch töricht, insofern sie die Charakterisierung von ''Tierschutzleuten'' als Verrückte, die andere in die Unterwerfung hineindrohen, bekräftigt. Dies befeuert verständlicherweise Ressentiments und entmutigt ernsthafte Diskussion über Tierausbeutung.

Vielleicht war Weir besorgt, er könnte während seines Eislaufs mit einer Pastete beworfen werden. Seine Besorgnis wäre nicht unbegründet. Mit einer Pastete bewarf PETA die kanadische Ministerin für Fischerei und Ozeane, Gail Shea. In jedem Fall traf Weir eine simple, kalkuliert-praktische Entscheidung, keine ethische, und er ließ es die Welt wissen.

Wenn das Paradigma sich jemals verändern soll, müssen wir eine Revolution des Herzens herbeiführen. Meiner Ansicht nach sollte der zentrale Schwerpunkt dabei auf kreativer, gewaltloser Aufklärung über Veganismus gelegt werden. Einzelthema-Kampagnen verstärken nur die öffentliche Wahrnehmung, dass die Tierrechtsposition unstimmig ist: Was ist der Unterschied zwischen einem Pelzkragen und Lederschuhen oder Wollkleidung? Und mit Gewalt oder Gewaltdrohungen werden wir niemals irgendwohin gelangen. Gewalt ist das Problem, sie ist kein Teil der Lösung.

DIE WELT IST VEGAN ! Wenn Du es willst.


Gary L. Francione
©2010 Gary L. Francione

P. S. Ich spreche eine offene, herzliche Einladung an Priscilla Feral aus, die Vorsitzende des Vereins Friends of Animals, der Gruppe, die den Offenen Brief an Weir herausbrachte, die Sache mit Weir und die Weisheit von Einzelthema-Kampagnen im Allgemeinen mit mir in meinem Podcast zu diskutieren. Und natürlich bleibe ich dafür offen, Fragen des Neuen Tierschutzes mit Wayne Pacelle, Ingrid Newkirk oder den Spitzen anderer großer Gruppen freundlich zu diskutieren, ebenso wie mit Peter Singer und Bernard Rollin.

Ich möchte betonen, dass ich in keiner Weise die Lauterkeit eines dieser Menschen in Frage stelle. Tatsächlich bin ich sicher, dass sie in dem, was sie glauben, aufrichtig sind. Nur glaube ich aufrichtig, dass der Ansatz des Neuen Tierschutzes/ der Einzelthema-Kampagnen verfehlt ist, und ich denke, dass eine Diskussion helfen kann, die Streitfragen schärfer herauszuarbeiten.