Sunday 1 February 2009

Bio-Fleisch und Sexismus

von Gary L. Francione Blog

Liebe KollegInnen,

zwei Dinge erregten meine Aufmerksamkeit heute morgen, die wirklich Bände über den Zustand dessen sprechen, was als ''Tierschutzbewegung'' bezeichnet wird.

Das Erste ist ein Artikel in der Londoner Times. Die Autorin, Teresa Williams, verkündet, dass sie nach 25 Jahren als Vegetarierin jetzt wieder Fleisch isst. Sie betont, sie sei ''nicht der einzige standhafte Veggie, der ein lebenslange Hingabe an Hülsenfrüchte und Tofu im letzten Jahr aufgab. Die Food Standards Agency [Agentur für Lebensmittelstandards] in Großbritannien gibt an, dass die Zahl der sich teilweise oder vollständig vegetarisch ernährenden Menschen von 9 Prozent im Jahr 2007 auf 7 Prozent im Jahr 2008 gesunken ist.''

Die Gründe für Williams Rückkehr zum Fleisch:
Ich sehe meine Entscheidung, zum Fleisch zurückzukehren, als Teil einer größeren Veränderung in Großbritanniens Esskultur. Wir haben uns vom Ansatz alten Schlages, ''Fleisch ist Mord'', wegbewegt, und nun wird Fleisch aus guter Quelle als gesund und natürlich angesehen.

Wir wurden von Jamie, Hugh und Gordon überzeugt. Sie scheinen Tiere zu lieben und haben doch kein Problem damit, gut aufgezogene Exemplare zu töten und zu einer Pastete zu verarbeiten.

Kürzliche Fortschritte in der Etikettierung von Lebensmitteln haben es außerdem erleichtert, festzustellen, woher unser Fleisch stammt und wie es aufgezogen wurde. Das Soil-Association-Siegel bedeutet, dass Tiere unter den strikten Bio-Richtlinien des Tierschutzes aufgezogen wurden. Ehemalige schuldbewusste Vegetarier werden ebenso durch Freedom-Food-Labels beruhigt, dass die Tiere unter von der RSPCA [Royal Society for the Prevention of Cruelty to Animals] anerkannten Bedingungen gehalten wurden.

Auch aufs Land gezogen zu sein hat meine Einstellung verändert. Ich lebe jetzt in der Nähe eines Dorfmetzgers, der viel von dem Fleisch züchtet, das er verkauft. Von meinem offenen Fenster kann ich seine glücklichen Schweine in den Feldern schnüffeln sehen. Und ich gehe jeden Tag an seinen Kühen und Schafen vorbei. Ihre Reise zu seinem Schaufenster über den Schlachthof ist kürzer als mein Gang zur Schule.
Der Artikel endet mit einer Schritt-für-Schritt Anleitung dazu, ''wie man ein wiedergeborener Carnivore [Fleischfresser] wird.''

Das ist es, wohin die ''Bio-Fleisch/Mmilch/Eier''-Bewegung führt. Und es ist sicherlich nicht auf Großbritannien begrenzt. In den USA fördern Tierschutzorganisationen Initiativen wie Kaliforniens Proposition 2, die nichts leisten, um Tieren zu helfen, aber Menschen fälschlicherweise versichern, dass Tieren bedeutend verbesserter ''humaner'' Schutz zuteil wird.

Die zugrunde liegende Voraussetzung der modernen Bewegung zum ''Schutz der Tiere'' ist, dass es akzeptabel ist, dass Menschen Tiere nutzen, solange diese ''menschlich'' behandelt werden. Jene, die diese Position unterstützen, mögen eine bessere Behandlung von Tieren wollen, als die Tierschützer der 1940er und 1950er Jahre sie anstrebten, aber das Prinzip ist das gleiche: die Nutzung spielt keine Rolle, nur die Behandlung. Das ist ein grundlegender Unterschied zwischen dem abolitionistischen Ansatz und dem von den großen Organisationen des Neuen Tierschutzes übernommenen Ansatz. Die abolitionistische Position lehnt jegliche Tiernutzung ab und betrachtet kreative, gewaltfreie Aufklärung über Veganismus als die vorrangig anzuwendende Strategie.

Der andere Gegenstand meiner Aufmerksamkeit betrifft NBCs [Natiohal Broadcasting Corporation] Weigerung, PETAs Veggie-Love-Werbung während des diesjährigen Super Bowl auszustrahlen, weil die Werbung, die Fotomodelle in verschiedenen Stadien spärlichen Bekleidetseins zeigt, die sich streicheln, Gemüse in zweideutiger Weise gebrauchen und erklären, dass ''Vegetarier..besseren Sex (haben)'', zu deutlich sexuell ist.

Mir ist unklar, warum PETA und jene, die denken, dass derlei akzeptabel ist, nicht erkennen, dass Sexismus und Speziesismus sehr nahe verwandt sind. Solange wir fortfahren, Frauen zu verdinglichen, werden wir fortfahren, Tiere zu verdinglichen. Sexismus ist nicht nur an sich verwerflich; es ist eine höchst ineffektive Art und Weise, das Bewusstsein über Tiere zu erhöhen. PETA betreibt seine sexistische Anit-Pelz-Kampagne seit etwa 20 Jahren. Hat sie irgendeine Wirkung gehabt? Die Pelzindustrie ist stärker als jemals zuvor.

Überdies kostet Super Bowl eine Menge Geld. Die anderen, von jener Werbung aufgeworfenen Streitfragen einmal beiseite lassend, wie kann irgendjemand denken, sie sei eine gute Verwendung von Geld? Wie kann PETA 85% der von ihnen geretteten Tiere töten, wenn die Organisation offensichtlich Geld zu verschwenden hat, um Werbung zu produzieren und zu vermarkten, in der nackte Frauen Kürbisse lecken und mit Gemüse zu masturbieren scheinen?

Bitte verstehen Sie mich nicht falsch. Ich sage nicht, dass PETA, HSUS und andere körperschaftliche Tierschutzgruppen nicht denken, dass sie das Richtige tun. In der Tat bin ich ziemlich sicher, dass sie das denken. Meiner Meinung nach befinden sie sich im Irrtum.

Gary L. Francione
© 2009 Gary L. Francione